»Wie bitte? Verzeih mir, ich bin zwar inzwischen schon eine ganze Weile in Stuttgart, aber so viel Schwäbisch habe ich dann doch noch nicht gelernt!«
»Eine Nixe – wie die Dame mit dem Fischschwanz in der Rusalka 1«, erklärte Valerie. »Und die Nixe kommt in einer Büchse und als Beilage dazu gibt es ein goldiges Warte-eine-Weile.«
»Ich glaub', ich nehme lieber was nahrhafteres zum Abendessen!« lachte Titus. »Was meinst du – besteht die Chance, dass wir das Abendessen in der Zivilisation einnehmen?« Er schielte in den Himmel, als wenn er erwarten würde, dass dort im nächsten Moment das Rettungsflugzeugt auftauchte.
Valerie seufzte. »Ich bin da nicht so sehr optimistisch«, gestand sie ein. »Ich bin gestern auf der Suche nach einem Landeplatz ziemlich im Kreis rumgeflogen und wahrscheinlich ziemlich weit von dem Kurs, den die Seastar eigentlich nehmen sollte, abgekommen. Bei dem Wetter wird man uns aber über Satellitenbilder eher nicht finden, also müssen Suchflugzeuge in die Luft – und die haben auch wieder das Problem mit dem Wetter. Die Sicht ist schlecht, ergo können sie im Lauf des Tages nicht so ein sehr großes Gebiet abdecken.«
»Hmm.« Titus rührte in seinem Porridge, aß noch einen Löffel voll und sagte: »Das habe ich befürchtet. Können wir irgendwas tun, um uns bemerkbar zu machen?«
»Ja«, antwortete Valerie. »Wir sollten Feuer machen. Das hat zum einen den Vorteil, dass wir nicht so frieren und zum anderen wird uns ein Suchflugzeug eher finden. Nebenbei kommt noch dazu: Wenn hier jemand im Umkreis von 10 oder 11 Meilen unterwegs ist, riecht er den Rauch. Und wenn's ein Trapper oder Ranger ist, weiß er, dass die Ecke eigentlich nicht bewohnt ist – und kommt entweder nachgucken, wer da ein Feuer angezündet hat oder informiert zumindest die Behörden, dass da irgendwo in der Wildnis jemand zündelt.«
»Das klingt logisch.« Titus kratzte den letzten Rest Porridge aus seinem Schüsselchen und schob den Löffel in den Mund. Er kaute, schluckte und fragte: »Aber kriegt man bei diesem Wetter überhaupt an?« Er deutete mit dem Daumen in den Himmel. »Bei so viel Wasser von oben? Außerdem bräuchten wir doch einigermaßen trockenes Holz ...«
»Nasses Holz raucht schön!« grinste Valerie. »Aber zum Feuermachen brauchen wir in der Tat erst mal trockenes Material. Ich denke aber, wenn wir etwas tiefer in den Wald gehen, finden wir was. Da hat's genug große Nadelbäume. Wenn unter denen Totholz liegt, dürfte es einigermaßen trocken sein. Außerdem haben die unten ja oft abgestorbene Äste, die wir verwenden können. Schließlich und endlich wäre es vielleicht ganz gescheit, wenn wir uns noch eine Plane holen, die aufspannen und Holz darunter lagern. Wenn wir dann da in der Nähe das Feuer machen, trocknet es ein bisschen ab und wir können das Feuer damit speisen.«
»Ja, wenn das so ist ...« Titus schaute in seinen leeren Kaffeebecher und den Kochtopf mit dem Kaffee-Satz. »Machst du mir noch einen Kaffee, wenn ich brav Holz sammeln gehe?« fragte er.
»Ich komm' mit zum Holzsammeln! Vorher darfst du aber Geschirr spülen!« grinste Valerie, räumte Töpfe, Schüsseln und Becher zusammen und deutete auf den Bach. »Ersetze Spülmittel durch sauberen Sand, die Spülbürste durch Moos und es klappt. Ich geh' unterdessen schon mal Zunder für unser Feuer holen.«
»Falls ich mal alleine in der Wildnis landen sollte – verrätst du mir, wie du hier zu Zunder kommst?« fragte Titus.
»Gerne. Ich sammle ihn – ich guck' jetzt erstmal, ob hier an den alten Bäumen der Feuerschwamm wächst. Das ist ein Pilz, der ganz trocken wird. Den rupft man ab, macht ihn klein und verwendet ihn als Zunder. Außerdem werde ich die älteren Birken hier angehen. Unter der Rinde steckt da nämlich eine Art 'Haut', die immer ganz trocken ist. Die kann man abschälen und zerreiben – das gibt hervorragenden Zunder. Und wenn ich genug Zunder habe, werde ich einen Feuerstab schnitzen ...« Sie brach ab, seufzte und korrigierte sich: »Oder besser gesagt: Ich werde dich darum bitten. Verflixt – nur eine Hand zu haben, ist echt doof!«
Titus schaute sie besorgt an. »Ich glaube, du solltest dich ein wenig schonen. Du bist sehr bleich ums Näschen. Was hältst du davon, dass ich dir deinen Schlafsack hole und du dich hier unter's Schrägdach setzt und mir anweist, was zu tun ist?«
»Nicht so viel!« widersprach Valerie. »Abgesehen davon, dass mir da langweilig würde, kommen wir zu zweit weiter. Und dann wäre da noch was ...« Sie zögerte einen Augenblick, atmete tief durch und griff nach der Waffe, die sie neben sich gelegt hatte. »Ich muss wohl mit dir in den Wald zum Holzsammeln. Ich habe nämlich vorher am Bach die Spuren eines Bären gefunden.«
»Brrrrr!« Titus schüttelte sich, dann lächelte er schief. »Sag, Superfrau, könntest du einhändig schießen?«
»Oh ...« Valerie nagte an ihrer Unterlippe.
»Gib her das Ding! Ich bin zwar nicht sonderlich geländegängig, aber mit einem Gewehr kann ich umgehen!« Er nahm ihr die Waffe ab, ließ das leere Magazin herausschnappen, schaute es an, drehte sie dann in den Händen, legte sie an die Wange und schaute durch das aufgeschraubte Zielfernrohr.
»Du offenbarst ungeahnte Talente!« grinste Valerie. »Wo hast du schießen gelernt, Maestro?«
»In der Kaserne, Vally!« gab er zurück. »Mein Vater war der Meinung, ein Mann müsse sich verteidigen können.«
»Ich mag's nicht, wenn man mich 'Vally' nennt!« meckerte sie.
»Und ich mag's nicht, wenn man mich mit 'Maestro' anspricht!« Titus schob zwei Patronen in das Gewehr und den Rest der Munition in die Hosentasche, dann sicherte er die Waffe, schnappte das Geschirr, stand auf und sagte: »Ciao, Signorina Dottoressa. Ich gehe Geschirr spülen und danach begebe ich mich in den Wald. Sollte mir dort ein besonders netter Bär begegnen, bringe ich ihn dir mit. Dann darfst du auf dem Bärenfell schlafen.«
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