„Was ist nun?“, ergreift er schließlich das Wort. „Verraten Sie mir endlich, was Sie aus diesen Büchern zu erfahren hoffen?“
Ich informiere ihn darüber, dass ich, um als Tochter des Forschers authentisch zu sein, mehr über das Leben auf Sansibar erfahren muss. Dass ich Informationen aus erster Hand benötige und keine nüchternen Lexikonzahlen.
Er nickt und überlegt einen Moment. Dann kommt er zu meiner Überraschung um das Sofa herum und setzt sich neben mich, wobei er die Beine übereinanderschlägt und die Pfeife aus der Tasche zieht. „Ich habe fünf Jahre auf Sansibar gelebt“, stellt er nüchtern fest, während der er seine Pfeife in Gang bringt, „was also wollen Sie wissen?“
‚Oh nein‘, denke ich. ‚Wahrscheinlich blüht mir jetzt eine stinklangweilige Vorlesung.‘ Innerlich stelle ich bereits meine Ohren auf Durchzug.
Aber dann beginnt er ohne weitere Aufforderung mit seiner angenehmen Stimme zu erzählen. Vom Rauschen des Indischen Ozeans. Vom Gesang der bunten Vögel in den Bäumen. Vom Duft der Nelken, der wie ein samtiger Aromenteppich über der ganzen Insel liegt. Und vom Sternenhimmel, der über Sansibar so ganz anders leuchtet, als über Hamburg.
Binnen weniger Augenblicke hat er mich in seinen Bann gezogen, entführt mich sein Bariton in die schattigen Gassen des exotischen Sultanats. Und ich glaube fast körperlich dort zu sein, den Ruf des Muezzin zu hören, den Sand am Strand zwischen meinen Zehen zu spüren und die Düfte der Blumen in den hinter hohen Mauern verborgenen Gärten zu riechen.
Auch Henry Sieveking selbst scheint in Gedanken weit fort zu sein, ist mitgereist auf die ferne Insel und hat das Hier und Jetzt komplett ausgeblendet. Während er selbstvergessen von dem fremden Land erzählt, geht eine sichtliche Wandlung mit ihm vor. Seine sonst so strengen Züge glätten sich, seine Miene hat mit einem Mal etwas Träumerisches. Sein ganzer Körper entspannt sich. Es ist, als trete er für eine kurze Weile aus dem Schatten seiner selbst ans Licht und offenbare sein wahres inneres Ich, das er sonst so gekonnt zu verbergen weiß.
In diesem Augenblick, da er vollkommen er selbst ist, trifft mich die Erkenntnis wie ein Schock, dass er nicht bloß äußerlich attraktiv ist, sondern auch wahre innere Schönheit besitzt.
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