Beat Portmann, geboren 1976 in Luzern. Vorkurs an der Jazzabteilung der Musikhochschule Luzern. Er wurde mit einem Werkpreis des Kantons und der Stadt Luzern ausgezeichnet. Sein Kartenspiel «jarmony» wurde von der Musikhochschule Luzern herausgegeben. 2013 wurde sein Theaterstück «Wetterleuchten» von Volker Hesse uraufgeführt. Im Limmat Verlag sind die beiden ersten Romane der Trilogie mit dem namenlosen Ermittler-Erzähler, «Durst» und «Alles still», lieferbar. Beat Portmann lebt als freier Autor und Singer / Songwriter in Emmenbrücke.
BEAT PORTMANN
VOR DER ZEIT
Roman
Meinen Eltern
Ein jedes Ding hat seine feste Zeit,
im Todesschicksal enden alle Wünsche.
In ihrem unentwegten Wandel trägt
die Zeit die Farben des Chamäleons.
In ihrer Hand sind wir die Schachfiguren –
wie oft erliegt ein König einem Bauern.
Ibn al-Labbâna
Wie jede Geschichte vom Werden und Vergehen hat auch diese Geschichte weder Anfang noch Ende. Ihre Erzählung beginnt in der Erinnerung oder der Vorstellungskraft, sie beginnt damit, dass ich den alten Park heraufbeschwöre, das Kreisen der Mücken, den ekstatischen Gesang der Zikaden, den Windhauch in den Kronen der Kiefern; Zwergpalmen, Dattelpalmen, Orangenbäume und wilde Farne – mit leichter Hand um die kleine Normannenkirche angeordnet, die wie eine Erhebung der Erde selbst in der Brandung der Zeit steht.
Ich stelle mir vor, wie Ralph Thelmann dort über das verdorrte Gras ging, mit seiner ganzen Größe und den linkischen Bewegungen des Gelehrten, Schritt vor Schritt setzte und seinen Gedanken nachhing, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Er sah zu der Stelle und erblickte eine Rotte schwarzer, bulliger Körper. «Wildschweine!», schoss es ihm durch den Kopf. Sie mussten ihn schon etwas früher entdeckt haben und näherten sich entschlossen. Er sah sich um, wich zögernd zurück. Ein großes Tier trieb ihn vor sich her – Meter um Meter, mit dem ihm eigenen Ernst –, bis er sich schließlich umwandte, zu laufen begann und durch den Seiteneingang in die Kirche floh.
Ein Mitarbeiter, der das poröse Fundament der Westmauer präparierte, sah auf. Thelmann ging geradewegs auf eine Tasche zu, die an einem Fuß des marmornen Sarkophages lehnte, und zog eine Feldflasche hervor. Ein Schuss fiel, und kurz darauf ein zweiter. Die Männer in dem hohen, von einer zentralen Kuppel überdachten Raum erstarrten – der Zeichner, der sich bei der Apsis befand, der Grabungstechniker im Sondierfenster, Thelmann. Nach einigen Sekunden erschien im gleißenden Rechteck der Tür eine Silhouette, eine zweite folgte. Die Eindringlinge hatten ihre Gewehre über die Schultern gehängt und sahen sich grußlos um. Der Erste zeigte auf Thelmann und bedeutete ihm, mit ihnen mitzukommen. Ihre Entschlossenheit und der Umstand, dass sie bewaffnet waren, ließen keinen Gedanken an Widerspruch aufkommen. Nur der Grabungstechniker erkundigte sich mit fester Stimme, was sie hier zu suchen hätten. Niemand beachtete ihn.
Einer der Männer trat auf Thelmann zu, legte ihm die Hand auf den Rücken und führte ihn zur Tür. Draußen wartete ein weiterer Bewaffneter. Gemeinsam verließen sie den Park und gelangten zu einem schwarzen Geländewagen, der vor einer Zeile Zypressen stand. Etwas später bog der Wagen in die unbefestigte Straße ein und verschwand in einer Staubwolke, die noch lange in der Luft stehen blieb.
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