Karl Reiche - Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit

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Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit: краткое содержание, описание и аннотация

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Das Buch schildert anhand einer kleinen Gruppe von modernen Menschen, die sich während der letzten Eiszeit auf die Suche nach einem neuen Lebens- und Jagdraum macht, eine Möglichkeit, wie der Prozess der Domestizierung des Wolfes stattgefunden haben könnte, und liefert zugleich interessante Einblicke in die Lebensweise der Menschen in der jüngeren Altsteinzeit.
Erzählt wird in weiten Teilen in zwei Ebenen, der der Menschen und der der Wölfe, ohne aber die Wölfe zu vermenschlichen und diese Erzählebene unglaubwürdig zu machen.
Der Roman beginnt mit dem Aufbruch von jungen Leuten im Alter von 14 bis 19 Jahren aus ihrem bisherigen Lebensraum am Mittelmeer und ihrer Wanderung nach Norden in das Gebiet der heutigen Schwäbischen Alb.
Auf dieser Wanderung erleben sie spannende Abenteuer und treffen mit einer Gruppe Neandertaler zusammen, die sie vor dem Angriff eines Höhlenlöwen retten und in ihre Gemeinschaft aufnehmen. Mit ihnen beziehen sie eine Höhle in der Schwäbischen Alb, die heutige Vogelherdhöhle.
Der rote Faden der Geschichte ist das behutsame Bestreben ihres Anführers, sich mit den hiesigen Wölfen anzufreunden. So rettet er die Wolfswelpen vor einem Höhlenbären und bringt sie zu den anderen Menschen. Der anfängliche Widerstand der Sippenmitglieder wandelt sich zunächst in eine Duldung der Wölfe, als sie merken, dass die Jagdbeute in Zusammenarbeit mit den Wölfen deutlich größer ausfällt, als bisher. Aus der Duldung wird Zuneigung, als die inzwischen erwachsenen jungen Wölfe die menschlichen Babys gegen ein Rudel Hyänen bis zum bitteren Ende verteidigen.
Die Geschichte erreicht ihren Höhepunkt, als besondere Umstände dazu führen, dass die Menschen ihren Nachwuchs mit Wolfswelpen als Milchgeschwister großziehen.
Zahlreiche Illustrationen, Anmerkungen und Karten unterstützen den Leser, ermöglichen ein schnelles Hineinfinden in die Thematik und verknüpfen wissenschaftliche Beschreibung und Fiktion zu einer nachvollziehbaren Erzählung.

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Karl Reiche

Fünfunddreißigtausend Jahre vor unserer Zeit

oder

Wie der Mensch den Wolf zähmte.

Für Emma und Greta

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 4

Wie der Mensch auf den Hund kam oder die Zähmung des Wolfs. 4

Vorspann 8

Die Steinzeit 8

Die Menschen in der jüngeren Altsteinzeit. 10

Der Wolfsbau 12

Der Aufbruch 19

Der Luchs 42

Am großen Fluss 48

Die erste Beute 54

Die Höhle 57

Das Tal 70

Kaars erste Begegnungen mit den Wölfen 74

Kaar findet zwei Gefährtinnen. 85

Der Jungwolf 106

Das Zusammenleben mit den Alten 109

Die neuen Jagdmethoden auf Schneeschuhen und Gleitbrettern 126

Die Mammutjagd 138

Der erste Winter 148

Sommerjagd 156

Die Jungen der Wölfe 178

Der Höhlenbär 190

Die Wölfe bei den Menschen 199

Die erste Jagd mit den Wölfen 213

Die Wölfe ziehen in die Höhle der Menschen. 219

Das Zusammenleben mit den Wölfen 225

Der Schneesturm 236

Der Winter mit den Wölfen. 246

Der Sommer mit den Wölfen 261

Besucher 272

Die Wanderung nach Norden 285

In der Höhle 300

Begegnung in der Tundra 302

Die große Eismauer 320

Die Welpen 339

Die nächsten Jahre 354

Kaar und Zwei 361

Epilog 1 370

Epilog 2 373

Nachwort: die Wölfe 375

Nachwort: Die Menschen 376

Personen und Wölfe 380

Die Menschen 380

Die Wölfe 381

Danksagung 382

Anhang 383

Die Eiszeiten 383

Moderner Mensch und Neandertaler im Vergleich 385

Die Abstammung der Hunde und Wölfe 389

Einige der wichtigsten Tiere während der letzten Eiszeit 391

Die Kunst der jüngeren Altsteinzeit 396

Werkzeuge der jüngeren Altsteinzeit 397

Vorwort

Wie der Mensch auf den Hund kam oder die Zähmung des Wolfs.

In der Wissenschaft ist nicht genau geklärt, wann der Mensch den Wolf domestiziert hat und wie das genau vonstatten gegangen ist. Fest stehen nur zwei Dinge:

1. Bereits Jahrtausende, bevor er irgendein anderes Tier an sich gewöhnte, hat der Mensch den Wolf gezähmt. Wissenschaftler schätzen, dass das vor etwa 30.000 bis 100.000 Jahren geschah, zu unterschiedlichen Zeiten also und wahrscheinlich auch an mehreren unterschiedlichen Orten.

2. Als die letzte Eiszeit zu Ende ging, lebte der Hund bereits mit dem Menschen zusammen. Dass der Hund beim damaligen Menschen sehr hoch angesehen war, dafür spricht der Umstand, dass manchmal Mensch und Hund gemeinsam begraben wurden. Es muss also intensive Freundschaften zwischen Mensch und Hund gegeben haben. Das älteste dieser gefundenen Gräber ist mehr als 14.000 Jahre alt.

Wie das geschehen ist, wie aus dem Wolf ein Hund wurde, darüber gibt es unterschiedliche Theorien. Die Beliebteste ist, dass eines Tages ein Steinzeitjäger einen Welpen aus einem Wolfsbau nahm und ihn zu seiner Frau brachte, die diesen dann wie ein eigenes Kind an ihrer Brust säugte. Aber warum sollte er das eigentlich getan haben, ohne ersichtlichen Grund oder eine Vorgeschichte und ohne irgendeine erkennbare Absicht? Nur aus einer Laune heraus hat er das wohl nicht getan.

Eine andere Theorie geht davon aus, dass die Menschen in der damaligen Zeit über sehr effiziente Jagdmethoden und Jagdwaffen verfügten und deshalb oft mehr Beute machten, als sie selbst verbrauchen konnten. Diese Theorie nimmt an, dass einige schwächere Wölfe die Nähe der Menschen, beziehungsweise ihrer Abfallhaufen, suchten und von den Resten der menschlichen Beute lebten. Sie gewöhnten sich auf diese Weise an die Nähe der Menschen und domestizierten sich sozusagen selbst.

Ich gehe auch davon aus, dass die Jagdmethoden und Jagderfolge der Menschen eine große Rolle bei der Domestizierung des Wolfs gespielt haben. Die ersten Kontakte könnten so zustande gekommen sein. Ich tue mich aber schwer mit der Vorstellung, dass einige Wölfe zu ersten Kulturfolgern und reinen Aasfressern geworden waren. Ich glaube vielmehr, dass die Domestizierung des Wolfes durch ein gegenseitiges Geben und Nehmen stattgefunden hat, dass also auch der Wolf seine Fähigkeiten in diese Gemeinschaft zu beiderseitigem Nutzen einbrachte.

Die Menschen in dem fraglichen Zeitraum, besonders in der jüngeren Altsteinzeit, hatten, wie schon gesagt, sehr effiziente Jagdwaffen entwickelt, mit denen sie jagdbares Wild schnell und sicher erlegen konnten. Sie verfügten aber nicht über die gleichen Sinne und körperlichen Fähigkeiten wie die Wölfe, die Wild leicht aufspüren und verfolgen konnten. Sie konnten weder so gut riechen noch so gut hören wie die Wölfe und so schnell rennen konnten sie natürlich auch nicht.

Dafür hatten sie aber eine weitere Eigenschaft, die sie in eine Kooperation mit den Wölfen einbringen konnten:

Sie konnten vorausschauend planen.

Das heißt, sie hatten gelernt, für die kalte Jahreszeit Vorräte anzulegen, um von diesen zu leben, wenn Eis und Schnee eine erfolgreiche Jagd erschwerten oder gar ganz unmöglich machten.

Eine Eigenschaft, die den Wölfen völlig abging.

Die Menschen hatten also sehr gute Jagdwaffen entwickelt und gelernt, durch das Anlegen von Vorräten für den Winter vorzusorgen. Die Wölfe dagegen verfügten über genau die Sinne (Geruch und Gehör) und körperlichen Eigenschaften (schnelles Rennen), die bei dem Menschen nicht so gut ausgeprägt waren. Dafür aber bestanden ihre Jagdwaffen nur aus ihren Zähnen, mit denen sie immer auf Körperkontakt zu ihrer Beute gehen mussten, wenn sie diese töten wollten. Bei wehrhaften Beutetieren, die mit Hauern, Hörnern oder Klauen ihr Leben verteidigen konnten, war das für die Wölfe eine gefährliche Angelegenheit und dürfte, damals wie heute, häufig zu schweren Verletzungen geführt haben.

Die Sozialordnungen beider, sowohl der Menschen als auch der Wölfe, waren einander in gewisser Weise ähnlich. Auch die Wölfe lebten und jagten in Rudeln. Ein Wolfsrudel bestand und besteht auch heute noch, in freier Wildbahn, meistens aus dem Alphapaar, also dem Leitwolf und seiner Wölfin und den rangniederen Wölfen. Diese sind zum Einen erwachsene Jungtiere, die häufig aus den Würfen der letzten Jahre stammen, und zum Anderen die neuen Welpen des Jahres. Erst im Alter von zwei bis drei Jahren, wenn sie geschlechtsreif werden, verlassen viele junge Wölfe ihr Rudel, um sich einen Partner zu suchen, und mit dem ein neues Rudel zu gründen.

Was lag also näher, als dass sich eine Gruppe Menschen und ein Rudel Wölfe zusammentaten, um gemeinsam erfolgreicher jagen zu können. Für eine menschliche Gesellschaft, die fast ausschließlich von der Jagd lebte, muss die Zusammenarbeit mit einem Rudel Wölfe enorme Vorteile gebracht haben.

Dass dieser Vorgang nicht von heute auf morgen geschah, das liegt ebenfalls auf der Hand. Die Zusammenarbeit wurde sicherlich nicht durch einen augenblicklichen Beschluss herbeigeführt, sondern kann nur ein langsamer und langwieriger Prozess der allmählichen Annäherung gewesen sein. Mensch und Wolf haben sich sicherlich zunächst aus vorsichtiger Distanz beobachtet, dann zufällig gemeinsame Jagderfolge gehabt und diese dann irgendwann einmal bewusst wiederholt. Wahrscheinlich ging dafür die Initiative sogar vom Menschen aus. Bis beide Seiten soviel Vertrauen zueinander gewonnen hatten, dass sie die jeweilige Nähe des Anderen duldeten, müssen Jahre der Vertrauensbildung vorangegangen sein.

Auf der anderen Seite war die durchschnittliche Lebenserwartung eines Wolfes relativ kurz (sie lag und liegt auch heute bei 10 bis 12 Jahren). Sie ist also wesentlich kürzer als die des Menschen, sodass dieser Vorgang sich in nur wenigen Jahren abgespielt haben muss. (Sieht man von der hohen Kleinkinder- und Säuglingssterblichkeit einmal ab, dann lag die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen in der Steinzeit bei etwa 25 bis 30 Jahren, plus/minus 5 Jahre. Nur sehr selten dürfte damals ein Mensch viel älter als 35 Jahre alt geworden sein).

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