Arkadi Strugazki - Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang

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Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang: краткое содержание, описание и аннотация

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„Ohne Umschweife erklärte der rothaarige Gnom dem Biologen Waingarten, daß eine gewisse außerirdische Zivilisation schon seit langem besorgt seine Experimente verfolge und daß er bevollmächtigt sei, ihm und noch einigen Wissenschaftlern den sofortigen Abbruch der Arbeiten und die Vernichtung sämtlichen Materials anzuempfehlen.
„Warum wir das fordern, hat Sie nicht zu interessieren, erklärte der Kupferrote. Sobald Sie unserer Forderung nach kommen, werden wir alle Ihre Wünsche erfüllen. Sie erhalten drei Tage Bedenkzeit. Danach wird sich besagte Zivilisation befugt sehen, mit Maßnahmen der Stufe drei durchzugreifen.““ Wie soll man sich entscheiden, wenn man so massiv unter Druck gesetzt wird?
Die Strugazkis trachten stets danach, ihre phantastischen Welten dinglich-konkret zu schildern. Das phantastische Element dient ihnen als künstlerisches Mittel, heranreifende Widersprüche, Konflikte des realen Lebens in verfremdeter, allegorischer Form sichtbar zu machen. In ihrer jüngsten Erzählung
„Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang“ ist, die Handlungszeit die Gegenwart, sind die Helden unsere Zeitgenossen. Darum ist die Entscheidung, die sie zu treffen haben, in gewisser Weise auch unsere Entscheidung.

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Arkadi und Boris Strugazki

Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang

Phantastische Erzälung

Arkadi und Boris Strugazki

Milliarden Jahre vor dem Weltuntergang

Eine unter seltsamen Umständen aufgefundene Handschrift

Aus dem Russischen von Welta Ehlert

Verlag Volk und Welt Berlin

›Volk und Welt Spektrum‹

1. Auflage

© Verlag Volk und Welt, Berlin 1980

Erstes Kapitel

1.…weiße Juliglut, wie es sie seit zweihundert Jahren nicht mehr gegeben hatte, peinigte die Stadt. Über den erhitzten Dächern flimmerte es, alle Fenster standen sperrangelweit offen, und die Muttchen auf den Bänken vor den Haustoren schwitzten sich im kümmerlichen Schatten der abgekämpften Bäume die Seele aus dem Leib. Die Sonne überschritt den Meridian und durch glühte die vielgeplagten Buchrücken, knallte auf die verglasten Regale und polierten Schranktüren, und heiße, bösartige Reflexe gleißten auf den Tapeten. Immer näher rückte die quälende Nachmittagshitze, und nicht mehr fern war die Stunde, wo die rasende Sonne über dem gegenüberliegenden zwölfgeschossigen Punkthaus Stellung beziehen und ungehindert die ganze Wohnung befeuern würde. Maljanow schloss beide Fensterflügel und zog die schwere gelbe Gardine zu. Lüpfte die Turnhose und tapste barfuss in die Küche, wo er die Balkontür öffnete.

Es war kurz nach zwei.

Auf dem Küchentisch prangte, von Bröseln umrahmt, ein Stilleben: Pfanne mit angebackenem Spiegeleirand, Teeglas mit Rest und angeknabberter Brotranft mit Spuren zerlaufener Butter. Im Spülbecken türmte sich schmutziges Geschirr. Abgewaschen war ewig nicht.

Ein Dielenbrett knarrte, und völlig durchgedreht vor Hitze tauchte Kaljam auf, fixierte Maljanow mit grünäugigem Blick, öffnete und schloss lautlos den Mund. Ging schwanzzuckend weiter, zu seinem Futternapf unter dem Herd. Der Napf war leer — wenn man von ein paar trockenen Fischgräten absah.

„Fressen, was“, sagte Maljanow, wenig erbaut. Kaljams Antwort kam prompt und lautete sinngemäß: Ja-a, wird langsam Zeit.

„Hast doch heute früh was gekriegt“, knurrte Maljanow, sich vor den Kühlschrank hockend.

„Das heißt, nein… Gestern früh.“ Er zog Kaljams Topf vor, spähte rein: ein paar Fasern, Gallert und eine angeklebte Fischflosse. Was der Kühlschrank sonst noch bot, war auch nicht üppiger. Eine leere Schachtel vom Schmelzkäse, Marke

„Bernstein“, eine gräuliche Flasche mit halbvergammeltem Kefir und eine Weinflasche mit kaltem Tee. Im Gemüsefach siechte, in Zwiebelschalen gebettet, ein faustgroßer, verschrumpelter halber Kohlkopf dahin und erlosch, einsam und verachtet, eine angekeimte Kartoffel. Maljanow sah im Tiefkühlfach nach: Auf einer Untertasse, völlig in Raureif vergraben, hielt ein winziges Stück Speck seinen Winterschlaf. Das war alles.

Kaljam schnurrte und rieb seinen Bart an Maljanows nacktem Knie.

Maljanow klappte den Kühlschrank zu und stand auf.

„Tröste dich“, sagte er zu Kaljam.

„Jetzt ist sowieso überall Mittagspause.“ Natürlich hätte er zum Moskowski gehen können, wo von eins bis zwei Mittagspause war, aber dort standen ewig Schlangen, und bei der Hitze so weit laufen… Und gerade jetzt, wo er auf dieses lausige Integral gestoßen war! Na gut, mag es eine Konstante sein — von Omega hängt es jedenfalls nicht ab. Ist doch klar. Kann gar nicht davon abhängen, wie sich aus allgemeinen Überlegungen ergibt. Maljanow stellte sich diese Kugel vor und die Integration über ihre Oberfläche. Plötzlich war die Shukowskische Formel da. Einfach so, aus heiterem Himmel.

Maljanow verscheuchte sie, aber sie kam wieder. Mit konformer Abbildung müsste man es versuchen, dachte er.

Wieder klingelte das Telefon. Da erst merkte Maljanow, daß er ins Zimmer zurückgekehrt war. Fluchend warf er sich seitlings auf die Liege und angelte den Hörer.

„Ja bitte!“

„Vitja?“ meldete sich eine energische Frauen stimme.

„Wen wollen Sie sprechen?“

„Ist dort der ›Intourist‹?“

„Nein, ein Privatanschluss!“ Maljanow knallte den Hörer auf die Gabel und blieb reglos liegen. Wo seine nackte Haut auf dem flauschigen Bezug lag, brach ihm der Schweiß aus. Widerlich. Die gelbe Gardine fluoreszierte, schweres gelbes Licht erfüllte den Raum. Eine Luft — wie Sirup. In Bobkas Zimmer müsste man umziehen, jawohl! Die reinste Sauna hier. Er blickte auf seinen Schreibtisch: haufenweise Papier und Bücher. Allein der Smirnow, Wladimir Iwanowitsch — sechs Bände! Und dann noch die Bogen, die auf dem Fußboden rumlagen. Schon der Gedanke an einen Umzug war schrecklich. Halt, ich hatte doch eben einen Geistesblitz… Scheiße… Die mit ihrem

„Intourist“, die blöde Kuh! Also, ich war in der Küche, kam hier her… Aha! Die konforme Abbildung! Verrückt, der Einfall! Aber man muss ihn prüfen… Ächzend erhob er sich von der Liege, doch sofort meldete sich wieder das Telefon.

„Idiot!“ sagte er zum Apparat und nahm den Hörer ab.

„Ja!“

„Ist dort der Stützpunkt? Hallo — ist dort der Stützpunkt?“

Maljanow legte auf und rief die Störungsstelle an.

„Spreche ich mit der Störungsstelle? Meine Nummer: dreiundneunzig, neun, acht, null, sieben… Hören Sie, ich hab Sie schon gestern angerufen. Dabei kann doch kein Mensch arbeiten, dauernd klingelt es und…“

„Ihre Nummer?“ unterbrach ihn eine barsche Frauenstimme.

„Dreiundneunzig, neun, acht, null, sieben. Dauernd wollen die Leute den ›Intourist‹ oder die Garage oder…“

„Legen Sie auf, wir prüfen den Anschluss.“

„Ja, ich bitte darum“, sagte Maljanow devot, doch bereits zum Amtszeichen. Dann ging er — patsch, patsch — an den Tisch, setzte sich und nahm den Kuli. Also… Das Integralchen — wo hab ich das schon mal gesehen? So schön gebaut, vollkommen symmetrisch. Wo hab ich das gesehen? Und nicht irgendeine Konstante, sondern einfach die Null! Na schön, lassen wir die erst mal beiseite. Obwohl ich das gar nicht mag — etwas beiseite lassen. Setzt einem ständig zu, wie ein kaputter Zahn.

Er sah die Bogen mit den gestrigen Berechnungen durch. Und erschauerte plötzlich vor Wonne. Heureka! Das ist doch was. Mensch, Maljanow! Bist ein As! Endlich hast du es hingekriegt, wie es scheint.

Und gleich richtig! Das ist nicht bloß eine Routine arbeit, das hat vor dir noch keiner gemacht, Freund chen! Unberufen, toi, toi, toi. Das Integral… Zum Teufel damit — weiter im Text, immer weiter! Es klingelte. Diesmal an der Tür. Kaljam sprang von der Liege, rannte mit aufgestelltem Schwanz in den Flur. Maljanow legte mit Bedacht den Kuli hin.

„Wie im Irrenhaus“, zischte er. Im Flur zog Kaljam ungeduldig Kreise, kam ihm zwischen die Beine, miaute laut.

„Ka-al-jam!“ sagte Maljanow, mühsam seine Wut zügelnd.

„Geh weg, Kaljam!“ Er ging und öffnete. Draußen stand ein unansehnlicher Kerl in fipsigem Jäckchen von unbestimmter Farbe, unrasiert und verschwitzt. Leicht hinten übergeneigt, hielt er einen großen Pappkarton vor dem Bauch. Er brubbelte etwas Unverständliches und steuerte direkt auf Maljanow zu.

„Sie… äh…“ stammelte Maljanow zurückweichend.

Schon war der Fremde im Flur, warf einen Blick nach rechts, zum Zimmer, und bog entschlossen nach links, in die Küche, weiße Staubtapfen auf dem Linoleum hinterlassend.

„Erlauben Sie mal… äh…“ lallte Maljanow, der ihm auf die Fersen trat.

Doch der Mann hatte den Karton bereits auf den Hocker gestellt und fingerte aus der Brusttasche einen Stapel Quittungen.

„Vom Reparaturstützpunkt, was?“ Womöglich der Klempner, der endlich den Wasserhahn im Bad reparieren kam?

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