Maxi Hill
Vor dem Glück
Die wundervollste Geschichte von einem total verrückten Weg zum Glück
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Maxi Hill Vor dem Glück Die wundervollste Geschichte von einem total verrückten Weg zum Glück Dieses ebook wurde erstellt bei
Es ist soweit
Das junge Leben und Ben
Gewissheit
Die Tücken der Realität
Teil 2 - Hoffnung
Das Glück nimmt Formen an
Ninja
Zwei Jahre später
Das Fragen beginnt
Tom Liebermann
Schicksalsspiel
Verfluchte Schnüfflerin
Die Beichte
Die Verabredung
Mias Dilemma
Der Vorfall
Die Vorladung
Nach dem Gerichtstermin
Vater werden …
Die fremde Hand an meinem Kind
Erstens kommt es anders …
…und zweitens als man denkt
Das Glück
Noch eine Rechnung begleichen
Maxi Hill
Eine kleine Auswahl Maxi-Hill-Bücher
Impressum neobooks
»So, dann wollen wir mal…« Die sonore Stimme des Arztes ist ganz nah. Nelli Winters Herz klopft heftiger als jemals zuvor in ihrem Leben, heftiger als damals, als sie ihren Ex-Mann Ben kennengelernt hatte. Damals hatte sie geglaubt, nichts im Leben könne ihr bei dieser Liebe passieren. Eine Zeit lang sah es sogar danach aus. Wie trügerisch das Leben ist, ahnt man nicht. Was, wenn es jetzt noch einmal gnadenlos trügt? So nah am Ziel!
Wenn Dr. Klatt von ihrer Angst etwas spürt, dann kann er es gut verbergen. Das schmale Gesicht und das wellige, etwas wirre hellblonde Haar machen den Mann wahrscheinlich jünger als er ist.
»Sie haben das Aufklärungsgespräch und das Prozedere des Ovulationsmonitorings bei Ihrer Frauenärztin gut absolviert?«
Nelli nickt ungeduldig.
»Haben Sie zu unserer Arbeit - zur Spenderauswahl vielleicht - noch Fragen?«
»Nicht direkt.«
Blond, blaue Augen, groß, Vater von drei Kindern, aufgeschlossen und lebensbejahend. Solch ein Mann wird für mein Kind nicht gefährlich sein. Wenn es doch bald losgehen würde…
»Also indirekt?«
»Nein. Es ist nur so: Vom vielen Reden wird man nicht schwanger. Außerdem brummt mir von den fremden Begriffen noch heute der Kopf.«
Ein leiser Zug von Ironie umspielt den Mund des Arztes.
»Man hat Sie also über die diversen Methoden aufgeklärt, obwohl für Sie – bei Ihrem Lebensmodell - weder die In-vitro-Fertilisation noch die heterologe Insemination für die assistierte Reproduktion infrage käme. «
Nellis Gesicht scheint genau das zu spiegeln, was sie denkt. Wird das jetzt ΄ne Fragestunde für die Dissertation?
»Falls Sie die Theorie verunsichert, ich habe die Pflicht, Ihnen ganz genau zu erklären, was wir in jeder Phase tun. Also: Die für Sie infrage kommende Methode heißt donogene Insemination, weil Sie einen Fremdspender brauchen…«
Das alles habe ich schon hundert Mal gehört. Wie oft denn noch … Der soll endlich aufhören zu reden…
Dr. Klatt scheint Nellis Ungeduld nicht zu spüren, oder er hat sich voll im Griff. Während er weiterspricht, wirft er einen raschen Blick auf die Akte, etwas länger und mit stoischer Ruhe verweilt er bei einem Instrument, das bisher unter einem grünen Tuch lag und das er zwischen seinen Fingern beinahe liebkost. Erst dann spricht er weiter: »Sie leben in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft und haben beste Voraussetzung für den eigenen Eisprung. Nach dem Ultraschall sieht für den gegenwärtigen Zeitraum in der Tat alles sehr gut aus…«
Nelli liegt da, entblößt und mit gespreizten Beinen. Ungeduldiger war sie noch nie in ihrem Leben. Und noch nie in ihrem Leben war sie so forsch heraus:
»Auf welche Weise mein Ei befruchtet wird, ist mir völlig egal. Jetzt sollte es endlich losgehen.«
Wenn sich ihre Frauenärztin mit dem Ultraschall nicht geirrt hat und alle anderen Methoden, ihre fruchtbaren Tage zu ermitteln, nicht versagt haben, dann ist heute ein guter Tag. Wenn dieser blonde Mittfünfziger sich nicht ein bisschen beeilt, ist es aus mit der Fruchtbarkeit.
Nelli weiß, dass es trotz guter Voraussetzungen nicht beim ersten Versuch klappen muss. Zwei, drei. Dafür reicht ihr Budget gerade noch, falls Mias Prognose von der staatlichen Zuzahlung auch Wahrheit wird.
»Ihre Partnerin hätte dabei sein können. Das hatten wir doch geklärt.«
»Ja, das hatten wir geklärt«, erwidert Nelli inzwischen spürbar gereizt. Dr. Klatt hat genau den Punkt berührt, der noch schief gehen kann. Lieber Gott lass es nicht im letzten Moment noch platzen!
Solange der Arzt neben dem Stuhl stand, war ihr die eigene Lage schon unangenehm genug. Jetzt ist sein Gesicht direkt zwischen ihren Schenkeln und seine Hände…
Bisher im Leben hatte sie immer nur weibliche Frauenärzte und Hebammen.
Wie immer, wenn sie auf diesem Stuhl liegt und ein Arzt sich in ihr zu schaffen macht, lenkt sie sich ab mit allerlei Gedanken, Träumen und Erinnerungen.
Wie gut, dass in all den Jahren an Bens Seite, die sie unnahbar für jedermann gemacht hatten, ihre beste Freundin Mia nicht aufgegeben hat. Sogar jetzt sitzt sie draußen und bringt das wohl größte Opfer ihrer langjährigen Freundschaft. Sie tut alles, damit der Wunsch der Nelli Winter nach einem gesunden Kind nicht an der Bürokratie des Gesetzgebers zerfällt. Niemals im Leben konnte Nelli Winter die Weisheit von Mias Mutter Inga so gut verstehen wie in den letzten Jahren: Das Leben ist ein mieser Kamerad. Es weicht nicht von deiner Seite, aber es stellt dir immer wieder ein Bein. Manchem Menschen sogar ununterbrochen.
Wer, wenn nicht die Anwältin Inga Andersson, sollte das besser einschätzen können…
Für den Moment fühlt sich Nelli doppelt unwohl. So aufwändig hatte sie sich die Sache nicht vorgestellt. Bisweilen war ihr, als wolle man sie am offenen Herzen operieren, dabei passiert nichts wesentlich Anderes, als auf natürliche Weise auch passiert … nur ohne Liebe und Hingabe, ohne akrobatische Verrenkungen und falsche Schwüre.
Sie schließt die Augen, um die langersehnte, endlich entscheidende aber irgendwie peinliche Prozedur über sich ergehen zu lassen. Nur noch von Ferne hört sie, wie Dr. Klatt davon redet, das tiefgefrorene Sperma mit einem Kryoprotektivum versetzt zu haben, das in dieser Inseminationskappe in eine optimale Position am Muttermund gebracht wird. Damit werde der Schleim in seiner natürlichen – nämlich Spermien ansaugenden Wirkung - nicht beeinträchtigt, sondern »ziehe« die Samenzellen in die Gebärmutterhöhle. Wie nebenbei redet er von etwas, was sie jetzt um keinen Preis hören will: »Jemand wie Sie haben wir nur selten auf dem Stuhl, Frau Winter. Sie sind quasi schon Profi mit ihren zwei Schwangerschaften.«
Nelli Winter antwortet nicht. Wenn sie könnte, würde sie ihre Fäuste auf beide Ohren drücken. Oder sie würde herausschreien, wie sadistisch Ärzte sein können. Ein Gynäkologe müsste doch wissen, was der Verlust eines Kindes für eine Mutter bedeutet … Sind alle Männer seelische Trampel? Im Handumdrehen hört Nelli Winter in Gedanken die Worte ihres Ex-Mannes nach dem Tod ihres zweiten Söhnchens: »Warum sollte es das Leben ausgerechnet mit dem Rest noch gut mit dir meinen?«
»Welchen Rest …?«, hatte sie gefragt, obwohl sie von Ben nach all dem, was er ihr zugemutet hat, überhaupt nichts mehr hatte hören wollen.
»Du bist nicht gerade das Schönheitsideal dieser Zeit. Rote Haare. Sommersprossen. Anderthalbfache Modelmaße und viel zu verklemmt bist du obendrein.«
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