Thilo Koch - Tischgespräche - Begegnungen mit Prominenten unserer Zeit

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Tischgespräche - Begegnungen mit Prominenten unserer Zeit: краткое содержание, описание и аннотация

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Eine gute Möglichkeit, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, sind Tischgespräche. Schon die Griechen hatten einen angenehm klingenden Namen für diese Art von Gespräch: Symposion. Auch Luther schätzte sie als höchst ergiebige Form für den Gedankenaustausch. Der Autor dieses Werkes, Thilo Koch, hat in berühmten Restaurants seit dem Jahr 1985 mit mehr als 50 prominenten Partnern solche Tischgespräche geführt. Diese beschreibt er nun auf unterhaltsame und anregende Weise.-

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Thilo Koch

Tischgespräche - Begegnungen mit Prominenten unserer Zeit

Saga

Tischgespräche - Begegnungen mit Prominenten unserer Zeit Coverbild / Illustration: Shutterstock Copyright © 1989, 2019 Thilo Koch und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788711836163

1. Ebook-Auflage, 2019

Format: EPUB 2.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk

– a part of Egmont www.egmont.com

VORWORT

Das Tischgespräch war schon für Martin Luther eine höchst ergiebige Form des Gedankenaustauschs, zumal es sich auch gut dazu eignet, literarisch dokumentiert zu werden. Die Griechen hatten einen wohlklingenden Namen dafür: Symposion. Eine ganze Symposion-Literatur entstand daraus. Meine Tischgespräche konnten und wollten allerdings keine Symposien sein, denn beim Symposion waren Frauen nicht zugelassen, und sie vollzogen sich in liegender Körperhaltung. Meine Tischgespräche hingegen wurden von Anfang bis Ende aufrecht sitzend absolviert, und Damen waren manchmal selbst Tischgesprächspartner und immer gern gesehene Gesprächsteilnehmer. Es traten bei mir, anders als beim klassischen Symposion, auch keine Hetären, Gaukler und Tänzerinnen auf.

Wie entstanden die hier als Buch vorgelegten Tischgespräche? 1985 hatte die Redaktion des Gourmetjournals VIF die Idee dazu – ich konnte mir nach meiner Pensionierung beim Fernsehen die Zeit dafür nehmen, und da ich als Journalist viele interessante Leute kennengelernt hatte, machte ich mich an die Arbeit. Arbeit? Das Vergnügen überwog bei weitem. Für mich war das nach der Pflicht nun eine Kür, nach der politischen Publizistik wieder Feuilleton. Ein Zeitalter des neuen Hedonismus sei angebrochen, heißt es, Glück und Genuß das oberste Lebensziel. Sind wir die neuen Epikuräer?

Wie dem auch sei, ein gutes Gespräch an festlich gedeckter und bestellter Tafel, das gehört nun einmal zu den durchaus angenehmen Dingen des Daseins. Oft allerdings sah ich mich wie Buridans Esel vor eine unmögliche Wahl gestellt. Entweder zollte ich, über die köstlichsten Kreationen gebeugt, der Kochkunst der besten »Chefs« der Bundesrepublik Deutschland den gebührenden Respekt – oder ich vernachlässigte den Dialog mit meinem illustren Gast. Dennoch aber weiß ich nach mehr als fünfzig dieser kleinen Symposien, wie recht Paul Bocuse hatte, als er einmal sagte: »Was ist das Wichtigste beim Essen? Es kommt immer darauf an, wem man gegenübersitzt . . .«

Ich danke hier allen, die meine Gäste waren und ebenso gern wie ich an unser Tischgespräch zurückdenken. Ich danke VIF-Verleger Hajo Artopé, VIF-Chefredakteur Ulrich Metzner und wünsche mir für dieses Buch ebenso geneigte Leser, wie ich sie bei VIF hatte und habe. Die Texte erscheinen hierin derselben Reihenfolge, in der sie Monat für Monat bei VIF herauskamen. Da die Gespräche über einige Jahre hin geführt wurden, mag sich im persönlichen Leben meiner Gesprächspartner inzwischen mancherlei verändert haben. Selbstverständlich aber wurden sie deswegen für dieses Buch nicht »aktualisiert«, denn ihr Reiz, denke ich, sind Impressionen und Assoziationen des Augenblicks.

Thilo Koch

AUGUST EVERDING

ER ZÄHMTE SEINEN SPIELTRIEB NICHT

Wenn er eintritt, füllt er sofort das kleine Séparée:

leiblich, geistig, stimmlich. Er schaut sich um

und sagt: »Hier pflegte Franz Josef Strauß zu

dinieren, wenn er zum Käfer kam. In diesem kleinen

Stüberl sind schon manch’ große Entscheidungen

gefallen. Aber, zunächst die Dramaturgie

unseres Menüs.«

Hat er Zeit mitgebracht für unser Tischgespräch? Um 14.30 Uhr muß er zur Vorlesung, und es ist jetzt gegen 13 Uhr. »Austern?« fragt er und taxiert mich aus den Augenwinkeln. Ich erzähle, bei welcher Gelegenheit ich Kaviar kennenlernte – als ich mit Adenauer 1955 in Moskau war.

Ein anerkennendes Nicken, für den Kaviar, für mich – in dieser Reihenfolge. Mit Blinis, möchte er. »Wir haben Kartoffeldatschi dazu bereit«, sagt der Oberkellner. Blinis sind ihm lieber: »Aber aus Buchweizen!« »Probieren’s doch beides, Herr Generalintendant.« Gut. Zum Kaviar gehören ein eiskalter Wodka und Champagner. »Kein Wodka für mich, muß heute abend noch Karajan in Berlin treffen.« Zwei Gläser Lanson Rosé Brut sind blitzschnell zur Stelle. Wie anmutig sich der gewichtige Herr verneigen kann, beim ersten »Zum Wohl«, wie zierlich die Hand das Glas balanciert.

Ist er für Karajan oder für das Orchester? »Für Karajan, natürlich, auch öffentlich.« Die Berliner Philharmoniker waren vor Karajan da und werden nach Karajan da sein, gebe ich zu bedenken und berichte von einer Begegnung mit Herrn von Stresemann, dem Überbrückungsintendanten – der sehe, wie seinerzeit sein Vater Gustav, der Außenminister, einen »Silberstreif am Horizont«.

Er wiegt den schweren Kopf, nein, es ist ein veritables Haupt. Er trinkt bedächtig und mit Behagen einen zweiten langen Schluck: »Ein herrliches Getränk, aber was geschieht hier auf unserer kleinen Bühne nach dem Vorspiel? Im Drama folgt dann der Hauptteil mit dem Höhepunkt, mit der Katharsis.« Nun, die Läuterung unserer Seelen werden wir beim Käfer nicht finden, darauf ist nicht einmal er, der lukullische Tausendsassa Münchens, vorbereitet.

Der Oberkellner macht einen gastronomisch-dramaturgischen Vorschlag, dem wir beide sofort zustimmen: junger Fasan mit Trauben, Nüssen, Weinkraut, Pilzen und Kartoffelpüree. Welchen Wein? Einen Sancerre, sagt der Intendant kurz und bestimmt. Darf es auch der schönste Wein der Loire sein, der Pouillyfumée »Baron L«, frage ich. Wieder das anerkennende Blinzeln und das liebenswürdige Neigen des Hauptes. Er hat das Volumen eines Barockfürsten, aber den Charme eines Rokokokavaliers.

War sein Vormittag anstrengend? Er hebt die Schultern unterm blauen Nadelstreifenjackett. So etwas wie Anstrengung paßt nicht zu ihm, seine rastlose Motorik scheint ohne Reibungsverlust zu laufen – ständig rotierend und doch souveräne Ruhe vermittelnd. »Es ging um unsere neue ›Ariadne‹, heute morgen, gestern abend war ja Premiere im Nationaltheater.« »Zufrieden?« Er neigt sich herüber und bemerkt leise und kühl: »Erfolgreich und unbedeutend.« Für eine Sekunde ist da nichts als kritische Härte.

Selbstverständlich ist auch einem August Everding der Erfolg nicht geschenkt worden. Warum ging er nicht nach New York an die Metropolitan? Kann ein Mann so überheblich sein, diesen Spitzenjob in seiner »Branche« auszuschlagen? Jetzt schüttelt er das Haupt energisch. »Ich habe mich nicht gegen New York, sondern für München entschieden; ich will hier das Residenztheater wieder aufbauen und sonst einiges für das kulturelle Klima der Stadt tun.«

Außerdem ist ihm eine Inszenierung pro Jahr an der »Met« sicher. Er versteht offenbar die seltene Kunst, einen Kuchen zu essen und zu behalten. August Everding kann mühelos lachen, schmunzeln, lächeln, zu passender Zeit und immer in der richtigen Art. »Der Fasan läßt auf sich warten.« Zum ersten Mal schaut er auf die Uhr, aber ganz gelassen. Gerd Käfer steckt den Kopf herein, auf seine eigene Weise motorisch. Zwei Profis sind sofort im Gespräch und auf dem Punkt. »Machen’s doch ein Fest im Resi, Herr Professor, die Garderobentische fürs Buffet, eine Band, was glauben’s, wie das lauft.«

Schon ist der Wirbelwind wieder draußen und weiter. Everding schaut ihm nach, väterlich wohlwollend – in der Tat hat er vier Söhne. »Er macht meine Theaterbuffets hervorragend.« »Darf man sagen, der Käfer ist der Everding der Gastronomie?« Der Vergleich behagt ihm. Der Fasan kommt, wird zerlegt und serviert und gekostet und gelobt. Wie hat »der General« angefangen? Ganz theoretisch, auf der Universität, mit Philosophie, Theologie, Theaterwissenschaft und einer Doktorarbeit über den »Tod auf der Bühne«.

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