Nun atmete Lyze lange ein. Es schien den Anwesenden wie eine Erfrischung, als er weitersprach: „Irgendwann erreichte ich die Tore eines netten Fürstenreiches. Sie... sie boten mir eine Bleibe und es fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit nach Heimat an...“, dann seufzte er, „Doch auch dieses Glück sollte nicht länger als drei Jahre halten...“
Weiter erzählte der Halbengel nicht. Stattdessen schien er einige Zeit zu überspringen: „Nach einer Weile kehrte in mir der Wunsch nach richtiger Heimat zurück. Ich beschloss daher, trotz des Alptraums von damals, wieder die Ruine aufzusuchen.“
Ab diesem Punkt wirkte Lyzes Herz etwas freier. Wahrscheinlich, weil seine Reise endlich ein Ende gefunden hatte.
„Es dauerte viele Monate, bis ich genug Nima verdient hatte, um das Grundgerüst des Hauses allmählich wieder aufbauen zu können. Und... kurz darauf erfuhr ich von hinterlegtem Geld meiner Eltern, im nahen Dorf Anarcan... Die Bank hatte es all die Jahre aufgehoben und schon geglaubt, es gäbe keinen Erben mehr. Das gab mir zum Glück die Gelegenheit, das Haus in einem modernen Zustand wieder aufzubauen.“
Die Frauen waren erleichtert, Lyze etwas beruhigter zu sehen.
Er sah zu Boden und lächelte dabei schmal: „Es kam der Tag, an dem ein Mädchen vor meiner Tür stand: Aira. ...Ihre Worte, sie sei meine vollwertige Schwester, gab mir ein wenig Glück zurück. Ich hatte wieder ein Ziel vor Augen und baute das Haus nicht mehr nur für mich auf.“, er seufzte, „Aber nur neun Tage später musste ich in die Armee des Lichts einziehen. Ich dachte, Aira sei bei ihrer Ziehfamilie sicher, weshalb ich sie zwischenzeitlich zurückgeschickt hatte... nun, und den Rest... den kennt ihr bereits.“
Lyze schaute auf, zu seinen traurigen Zuhörerinnen: „Aira gab mir das zurück, was ich verloren glaubte... Natürlich müsste ich sie suchen. Sie ist ein Teil- nein, der letzte Teil meiner Familie und ich denke, als großer Bruder sollte ich sie beschützen... aber... wie wir wissen, ist das verdammt schwer.“
„Ach... Lyze...“, Sari wollte ihn am liebsten in den Arm nehmen. Worüber sie nachdachte, hatte Tracy bereits getan: sie legte beide Arme um den Hals des Halbengels und schniefte durch ihre katzenartige Nase. Lyze selbst sah dabei auf die Puppe in seinen Händen hinab. Vielleicht, so dachte er, konnte er sie Aira eines Tages zurückgeben.
„Endlich verstehe ich es.“, so Sari, „Und ich schwöre, wir werden deine Schwester finden-“, bevor Lyze ins Wort fallen konnte, hob sie ihren Finger: „Wehe du sagst jetzt 'das ist hoffnungslos'. Sonst lassen wir dich gefesselt als Geschenk für die Dämonen zurück!“
„Ich denke, es ist realistisch.“, Tracy ließ endlich vom Halbengel ab: „Jemanden müssen Dämonen mit Menschenkindern aufgefallen sein. Wir könnten in Dörfern fragen, irgendwer wird sicher etwas gesehen haben.“
„Gute Idee! Wir klappern alle Dörfer und Städte nach Informationen ab und finden sie somit ganz schnell, du wirst schon sehen!“
Lyze musste über ihren Optimismus lächeln: „Danke, euch beiden. Vielleicht habt ihr Recht.“
Nun schmunzelte Tracy, ehe sie überlegend den Finger auf die Unterlippe legte: „Wir brauchen ein erstes Ziel... dann wissen wir auch, wohin unsere Reise morgen gehen soll.“
„Richtig...“
„Hm tja...“, begann Sari, „Aber wohin können wir denn? Wir sind schließlich Flüchtlinge und... Tarrence lässt uns bestimmt bis ans Ende der Welt jagen.“
„Am Besten gehen wir in eine Stadt, in der die Dämonen noch keine Macht besitzen.“, Lyze, endlich zu neuem Mut gekommen, setzte sich auf: „Zum Beispiel... die größte Handelsstadt Desterals. Ich weiß noch von damals, dass, wenn wir die Höhle bis zur anderen Seite durchgehen, sie nur einen halben Tagesmarsch von hier liegt.“
Da schwang Sari die Arme hoch: „Handelsstadt Comerence [Komerenz], jawohl!“
Ihre zwei Kameraden sahen überrascht zu ihr.
Sie duckte sich dabei und fasste sich verlegen auf ihren Nacken: „Tut mir leid... mir ist plötzlich der Name in den Kopf geschossen – und das ganz ohne Kopfschmerzen! Darüber habe ich mich gefreut.“
Die Katzenfrau schmunzelte über Saris Verhalten, ehe sie nickte: „Also ist es entschieden: gleich morgen brechen wir auf, nach Comerence!“
„Sehr gut... Ich danke euch beiden. Dann lasst uns nun versuchen, ein wenig zu schlafen. Wir werden im frühen Sonnenaufgang losziehen.“
Die beiden jungen Frauen nickten einstimmig, ehe sie, wie Lyze, sich eine gute Stelle auf dem Boden der Höhle suchten.
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