Bastian Walther, Iris Nentwig-Gesemann, Florian Fried
Ganztag aus der Perspektive von Kindern im Grundschulalter
Eine Rekonstruktion von Qualitätsbereichen und -dimensionen
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.dnb.deabrufbar.
© 2021 Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
Verantwortlich: Vera Steinmann, Dirk Zorn
Lektorat: Heike Herrberg
Herstellung: Sabine Reimann
Umschlaggestaltung: Elisabeth Menke
Umschlagabbildung: © Tom Wang – stock.adobe.com; DESI (Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration), Berlin
Fotos und Abbildungen im Inhalt: Aufnahmen der Autoren, die Rechte für die
Veröffentlichung sind nur für diese Buchpublikation freigegeben
Layout und Satz: Büro für Grafische Gestaltung, Kerstin Schröder, Bielefeld
ISBN 978-3-86793-930-0 (Print)
ISBN 978-3-86793-931-7 (E-Book PDF)
ISBN 978-3-86793-932-4 (E-Book EPUB)
www.bertelsmann-stiftung.de/verlag
Auf die Kinder hören!
Einleitung
Theoretische Verortungen
Ganztag als Ort der Gestaltung (inter- und intra-) generationaler und organisationaler Ordnungen
Institutionalisierung und Pädagogisierung von Kindheit
Qualitätsentwicklung und Professionalisierung im Feld des Ganztags
Forschungsstand
Forschungsdesign
Sample
Erhebungsmethoden
Dokumentarische Methode
Ergebnisse: Qualitätsbereiche und -dimensionen aus der Perspektive von Kindern im Grundschulalter auf ihren Ganztag
1. Qualitätsbereich: Die Gestaltung positiver pädagogischer Beziehungen
1.1In Lern- und Arbeitssettings von Pädagog:innen unterstützt werden, die aufmerksam und respektvoll an die Interessen und Bedarfe von Kindern anknüpfen
1.2In Alltagssituationen mit Pädagog:innen in Beziehungen interagieren, die von Emotionalität, Vertrauen und Ebenbürtigkeit gekennzeichnet sind
1.3Sich in ernsten Konfliktsituationen auf Pädagog:innen verlassen können, die verständnisvoll und fair intervenieren und den Kindern helfen, Strategien für ein friedliches und demokratisches Miteinander zu entwickeln
1.4An der Gestaltung eines »schönen« Ganztags beteiligt sein, mitreden und mitbestimmen
2. Qualitätsbereich: Die Gestaltung einer positiven Peer-Kultur
2.1»Wild« spielen: sich gegenüber anderen behaupten, sich mit anderen messen und in der Gruppe selbst tragfähige Regeln entwickeln
2.2Sich zurückziehen, sich unterhalten und soziale Beziehungen verhandeln
2.3Sich einen Ort aneignen und Fantasiespiele spielen
2.4Freund:innen haben, Freundschaft erleben und sich auf Freund:innen verlassen können
3. Qualitätsbereich: Die produktive Bearbeitung von Themen und Aufgaben der mittleren und späten Kindheit
3.1(Noch) Verbotenes tun und Grenzen austesten
3.2Zerstreuenden, unterhaltsamen und entspannenden Aktivitäten nachgehen
3.3Handlungspraktischen Tätigkeiten lang anhaltend nachgehen und sich in Situationen mit Ernstcharakter bewähren
3.4Sich in riskante, herausfordernde Bewegungsaktivitäten und in (kompetitive) Bewegungsspiele vertiefen
4. Qualitätsbereich: Die Erweiterung des Bildungsraums Ganztag in die Natur und die Außenwelt
4.1Naturerfahrungen machen
4.2Ausflüge machen und die Außenwelt erfahren
Zusammenfassung und Diskussion
Literatur
Anhang
Dank
Die Autor:innen
Abstract / Zusammenfassung
Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 die Einführung eines Rechtsanspruchs auf ganztägige Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter ab dem Jahr 2025 angekündigt. Dieser Rechtsanspruch soll im Sozialgesetzbuch VIII verankert werden. Das in der laufenden Legislaturperiode aufgelegte Investitionspaket des Bundes in Höhe von zwei Milliarden Euro zur Förderung des Ausbaus von Betreuungsplätzen für Grundschulkinder wurde durch das Ganztagsfinanzierungsgesetz bis 2028 gesichert. Im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets ist der Umfang der Investitionsmittel um weitere 1,5 Milliarden Euro erhöht worden.
Flankierend zu diesem Gesetzesvorhaben haben Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Bertelsmann Stiftung, Robert Bosch Stiftung und Stiftung Mercator eine Workshopreihe initiiert. Expert:innen aus Politik, Verwaltung und Verbänden arbeiten seit Herbst 2018 in einem vertraulichen Rahmen zusammen, um maßgebliche offene Fragen, die für eine qualitätsvolle Umsetzung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz beantwortet werden müssen, zu identifizieren und teilweise in zu diesem Zweck beauftragten Expertisen auch zu beantworten. Mit der Einrichtung dieses Expert:innenkreises wollen die vier Organisationen einen Beitrag dazu leisten, das guten Ganztagsangeboten innewohnende Potenzial für mehr Chancengerechtigkeit und bessere Entwicklungs- und Teilhabechancen von Kindern auszuschöpfen.
Die Runde der Expert:innen hat dazu in der Workshopreihe eine systematische Darstellung unterschiedlicher Perspektiven auf ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder verfolgt. Die Diskussionen machten deutlich, dass für die Erarbeitung von Leitlinien für einen guten Ganztag insbesondere auch die Sichtweisen der Kinder in den Blick genommen werden müssen. Angesichts der relativ schmalen empirischen Forschungslage entschlossen sich die vier Ausrichterorganisationen, auch zu diesem Thema eine Studie in Auftrag zu geben.
Als wissenschaftliche Partner:innen konnten Professorin Iris Nentwig-Gesemann und ihre Kollegen Bastian Walther und Florian Fried vom Institut für Demokratische Entwicklung und soziale Integration (DESI) in Berlin gewonnen werden. Sie verfügen u.a. über intensive methodische Kompetenz in der qualitativ-rekonstruktiven Erforschung der Perspektive von Kindern. Die in einem vielfältigen Metho-denmix im Rahmen der Studie erarbeiteten Qualitätsbereiche und -dimensionen demonstrieren deutlich, wie anders ganztätige Settings gestaltet werden müssen, wenn sie die Stimmen von Mädchen und Jungen in sie betreffenden Angelegenheiten einbeziehen und ernst nehmen.
Wir sind überzeugt: Nur, wenn Kinder gehört und an der Ganztagsgestaltung beteiligt werden, entstehen Lern- und Lebensorte, die Chancen auf gutes Aufwachsen und eine gute Entwicklung bieten. Als Organisationen, die den Teilhabechancen der kommenden Generationen verpflichtet sind, werden wir uns daher weiter dafür engagieren, dass die Perspektiven von Grundschulkindern auf guten Ganztag beim weiteren Ausbau eine zentrale Rolle spielen.
Berlin, Essen, Gütersloh und Stuttgart, im März 2021
Dieter Eckert, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband
Dirk Zorn, Bertelsmann Stiftung
Carolin Genkinger, Robert Bosch Stiftung
Viktoria Latz, Stiftung Mercator
Der Ausbau der Ganztagsschulen in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren schnell und dynamisch entwickelt: »Lag der Anteil an Ganztagsschulen an allen schulischen Verwaltungseinheiten im Jahr 2005 noch bei 28 Prozent, liegt er inzwischen laut aktueller Statistik der Kultusministerkonferenz (KMK 2018) im Schuljahr 2016/2017 bei knapp 68 Prozent« (DIPF et al.
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