1 ...8 9 10 12 13 14 ...21 Er ging wieder zu dem Bullauge, vorbei an dem Aquarium mit den kleinen gelben Fischen, und sah hinaus. Es war dunkel, nur die kleinen Lichter, die ab und zu kurz aufblitzten. Er ging dichter an die Scheibe, sah nach links und nach rechts, ob er etwas von dem Raumschiff selber sehen konnte, aber er konnte nichts sehen. Er dachte an seinen verrückten Traum mit den Tragflächen mit den Balkenkreuzen, total verrückt. Was wollte der Traum ihm sagen? Es fiel ihm nichts dazu ein. Er wurde nachdenklich. Man hatte immer gedacht, man wäre alleine im Raum, das schien nicht zu stimmen, es war wohl ein Werden und Vergehen, und die Erde war wirklich nur einer von vielen Planeten, die entstehen und irgendwann vergehen werden. Irgendwann hatte er mal gelesen, dass es wahrscheinlich Milliarden von Planeten gibt, die der Erde ähnlich sein könnten.
Er kam sich vor, als wenn er schon jahrelang in diesem Raumschiff wäre, es war einfach zeitlos. Am Ende war er schon gestorben und das hier war, ja … was? Himmel? – Hölle? Es war alles gleichmäßig, bis auf die Überraschungen in den Büchern, und er war allein, so schrecklich alleine, es war niemand da. Seine Entführer zählten nicht, es war ja noch nicht einmal klar, ob sie nicht doch Roboter waren. Er dachte an den Turing-Test, sie würden leicht als menschliche Wesen durchgehen, ja … vielleicht waren sie das ja. Er sah seinen Herrn an, dachte sich, wann gibt es wohl den ersten richtigen Kontakt? Sie hatten ja gar nicht reagiert. Vielleicht waren es ja wirklich Roboter, die irgendwelchen „Herren“ dienten, die dann vielleicht wirklich irgendwelche Mollusken waren und keinen Körper mehr hatten, mit denen man irgendwie arbeiten konnte.
Ihm fielen Geschichten von den Robotern ein, die irgendwann einmal einen „freien Willen“ entwickelten. Das ging letztlich nicht, denn dann müsste es ein Programmstück, in irgendeiner Programmiersprache geschrieben, geben, das den „freien Willen“ darstellte. Dann müsste man ganz präzise verstanden haben, was der freie Wille ist. Da gab es eine ganze Menge Philosophen, die das auch nicht geschafft hatten. Der freie Wille ist nicht mit einem „Pseudozufallszahlengenerator“ zu verwechseln. Er ist eine Eigenschaft des menschlichen Systems, genau, wie Intelligenz auch. Letztlich kann keiner sagen, was das ist. Psychologen sagen lapidar, „Intelligenz ist das, was ein Intelligenztest misst“ (Sie wissen es auch nicht.)
Das ist auch gar nicht überraschend, denn hier schlägt wohl auch das „Turingsche Halteproblem“ zu, will sagen, der Satz: „Mit einem System einer Komplexitätsklasse kann man keine Aussage über ein System der selben Komplexitätsklasse machen.“ Dieser Satz ist auch der Grund dafür, dass man kein allgemeines Virenprüfprogramm schreiben kann. Und er ist auch der Grund dafür, dass „Künstliche Intelligenz“ prinzipiell nicht möglich ist. Man hatte ja schon Probleme mit der Sprache, das sah man ja an den Übersetzungsprogrammen, die ja ein ständiger Quell von Heiterkeit sind. Man hatte auch versucht, psychische Störungen zu simulieren und war ebenfalls an der Sprache gescheitert. Die natürliche Sprache ist im Gegensatz zu Programmiersprachen sehr stark kontextabhängig. Wenn solche Dinge funktionieren sollten, war es nötig, fundamentale Aussagen über Eigenschaften des menschlichen Systems zu machen.
Trotzdem haben sich Menschen von dem Programm „Eliza“ von J. Weizenbaum täuschen lassen. Mit diesem Programm konnte man in „natürlicher Sprache“ verkehren. Es reagierte aber nur auf bestimmte „Schlüsselwörter“ mit Floskeln aus dem Therapeuten/Psychiater-Jargon. Es gab welche, die sich damit einschlossen, sehr seltsam und kritiklos.
Aber vielleicht waren die Erbauer dieser Roboter, mit denen er jetzt zusammen war, in einer höheren Komplexitätsklasse als er, dann könnten sie vielleicht Roboter bauen, die in derselben Komplexitätsklasse waren, wie er. Aber wären sie dann nicht Götter?
Aber Roboter waren irgendwie Elektronik, also Bits, Bytes, Register, Und/Oder-Verknüpfungen und so weiter, mit so etwa kam man, bezüglich Komplexität, über eine Turing Maschine nicht hinaus. Also musste ein anderes Substrat her.
Am Ende gehörte er selber auch zu den „Robotern“, die von einer „höheren Intelligenz“ „gebaut“ waren. Wenn man diese Überlegung fortführte, landete man doch bei dem „Schöpfergott“. Stimmte das wirklich? Wenn ja, war das der n+1. Gottesbeweis. Und die anderen n hatten ja auch nicht funktioniert.
Es war wirklich nicht klar, ob es hier Himmel oder Hölle war. Oder vielleicht doch nur ein Raumschiff, unterwegs „nach Hause“ mit einem interessanten Demonstrations-Objekt an Bord.
Oder war das hier schon der Zoo, er sah vielleicht nur die Kameras nicht, weil sie sehr gut getarnt waren. Und draußen an den Monitoren drückte sich „das Volk“ die Nasen platt. Er sah sich um, versuchte zu erkennen, ob irgendwo Kameras waren, aber er sah nur das Aquarium mit den gelben Fischen.
Vielleicht hatten sie diese Umgebung extra für ihn aufgebaut. Und sie selber lebten vielleicht ganz anders.
Er hatte einige Bücher angesehen, eigentlich nichts Besonderes, Landschaften mit seltsamen Pflanzen und Tieren. Dann wieder Bücher nur mit Text. Er nahm sich Zeit, die Bilder in den Büchern zu studieren. Es waren wohl schon einige Tage vergangen. Es war alles gleichförmig, morgens Frühstück, mittags Mittagessen, und dann Abendessen. Und sein „Herr“ war in der Nacht nicht da. Man konnte ja so ganz unauffällig die „Wärter“ austauschen, er konnte ja nicht erkennen, ob morgens derselbe kam, der abends weg gegangen war. Wobei der Begriff Morgen und Abend auch nicht klar war. Es hatte eigentlich nur mit den Mahlzeiten zu tun.
Selbst die Bücher boten nichts mehr wesentlich neues, er kannte das Prinzip schon, unterschiedliche Planeten, mit Leben, ohne Leben, mit „intelligentem“ Leben, und mit Trümmern einer Zivilisation, es gab erstaunlich viele davon.
Er hatte sogar ein paar Darstellungen gefunden, in denen „Zivilisationen“ dargestellt waren, die auf einem frühen Entwicklungsstadium waren, vergleichbar mit dem Mittelalter auf der Erde, es war alles ein bisschen fremdartig, aber man konnte sehen, dass es keine Technik gab.
Es gab Scharen von menschenähnlichen Wesen mit Gegenständen, die offenbar Waffen waren, es schien sich alles zu gleichen. Mehr oder weniger exotische Reittiere. Das war wohl eine Entwicklungsstufe, die es wohl überall gab.
Aber wie lange sollte das so weiter gehen? Wann konnte er endlich Kontakt aufnehmen? Es war schon sehr seltsam, einseitig, beobachtet zu werden, und selbst nichts tun zu können, als in den Büchern zu blättern. Wie eine Laborratte. Wie fühlten die sich bloß? Jetzt bekam er einen kleinen Einblick. Die konnten auch nichts tun, als einfach so weiter machen. Er musste sich wohl in Geduld fassen. Also gut, die Bücher waren wenigstens ein bisschen unterhaltsam. Irgendwann würden sie vielleicht doch mit ihm Kontakt aufnehmen. Vielleicht waren es wirklich die Inkubationszeiten, also erst mal Geduld.
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Er schlug ein weiteres Buch auf. Es gab zwei Bilder, es sah aus wie die Darstellung des ganzen Planeten, es gab sehr viele blaue Punkte auf diesem Planeten, und auch viele rote. Was bedeutete das? Der Planet selber war sehr unterschiedlich, es gab einige Gebiete, die aussahen, wie mit „normalen“ Tieren und Pflanzen, aber das meiste war wohl von irgendwelchen Wüsten bedeckt.
Der Planet sah aus, wie ein „Industrie-Planet“ mit Gebäuden, Straßen etc. Die meisten Gebäude, waren unversehrt, aber verfallen. Die meisten waren in den Wüstengebieten. Da war auch zu sehen, dass es dort auch einmal Wälder gegeben haben musste.
In den Gebieten, die keine Wüsten waren, schien es noch irgendwelche Siedlungen zu geben, es schienen aber sehr primitive zu sein, ganz anders als die Trümmer in den Wüstengebieten. Es waren primitive Hütten. Es gab einige Aufnahmen davon.
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