Texte: © Stefanie Kothe
Umschlaggestaltung: © Stefanie Kothe
1. Auflage 2020
Schutzengelstreik 2 – Spurensuche im Herzen
Verlag:
Stefanie Kothe
Postfach 110229
06016 Halle/S.
stefaniekothe@email.de
Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin
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Für Laska und Marie, die immer für ihre kreativen Dosenöffner da waren. Eines Tages sehen wir euch wieder.
Familienglück mit Hindernissen
„Mami, können wir bitte noch etwas lesen üben?“, fragte die sechsjährige Juno ihre Mama. Maria lächelte ihre älteste Tochter stolz an.
„Schatz, du hast heute schon zwei Stunden fleißig geübt und machst das toll.“
„Ja, aber ich kann noch nicht alle Wörter lesen. Manche sind zu schwer. Schau, dieses hier zum Beispiel.“ Juno deutete auf ein langes Wort. Maria nahm sie auf den Schoss und warf einen Blick darauf. „Knusperhexenhaus“ Sie legte einen Finger auf den zweiten und dritten Teil des Wortes und Juno schaffte es sofort, „Knusper“ zu entziffern. Sie schob sanft die Hand ihrer Mutter weg und versuchte es noch einmal.
„Knusperhexenhaus“, rief sie begeistert. Maria küsste sie auf die Stirn.
„Das hast du klasse gemacht, mein Schatz. Ich bin stolz auf dich. Und bald kommst du in die Schule und lernst noch viel mehr.“
„Ich freue mich schon so darauf. Nur noch vier Wochen und dann geht es endlich los. Ich habe sogar meinen Ranzen schon gepackt.“
„Juno, liest du mir was vor“, hörte sie in dem Moment ihre Schwester rufen. Sie liebte die Kleine, aber manchmal war sie echt anstrengend.
„Kasi, ich möchte lieber mit Wirbelwind ausreiten. Darf ich Mami? Bitte!“
„Nimm mich mit, Juno“, bettelte Kasi. Juno warf ihrer Mutter einen hilfesuchenden Blick zu. Sie wollte etwas Ruhe haben. Ihre Mama verstand sie zum Glück und hatte eine Idee.
„Kasi, wie fändest du es, wenn du selbst ein bisschen lesen lernst? Dann kannst du bald Laura und Lucas etwas vorlesen. Juno, du nimmst bitte mein Handy mit, damit du uns im Notfall erreichst. Und bleib auf den Wegen, die du kennst.“
„Ist gut, mache ich.“ Juno gab ihrer Mama einen Kuss und rannte zum Stall, um ihr Pony für den Ausflug zu satteln. Kasi lief unterdessen ins Haus, um zu sehen, ob ihre beiden kleinen Geschwister aus dem Mittagsschlaf erwacht waren.
„Laura, Lucas, Mami will mir das Lesen beibringen, wollt ihr mit Schule spielen?“
„Schule spielen“, wiederholte ihre kleine Schwester. Kasi half den beiden, aus den Betten zu klettern, und holte Zettel und Stifte. Als Maria das Kinderzimmer ihrer Zwillinge betrat, saßen ihre drei Schüler brav am Basteltisch. Sie lächelte und ging zu der kleinen Tafel.
„Also gut, fangen wir mit dem Alphabet an. Wer von euch kann das schon aufsagen?“ Kasi meldete sich und ihre Augen strahlten.
„Primat“, lobte Maria sie. „Und kannst du auch deinen Namen schreiben?“ Sie schüttelte den Kopf. „In Ordnung, dann üben wir das als Erstes. Welche Buchstaben kommen denn in deinem Namen vor?“
Die Zeit verging wie im Flug. Am Ende der Stunde konnte Kasi nicht nur ihren Namen schreiben, sondern auch die ihrer Geschwister, Eltern und Großeltern.
„Mami, kannst du mir bitte helfen, einen Brief an Juno zu schreiben? Ich möchte ihr zeigen, was ich alles kann und ihr sagen, dass ich sie lieb habe.“
„Gerne mein Schatz, aber Papa kommt bald von der Arbeit und ich möchte vorher das Abendessen vorbereiten. Hast du Lust, mir zu helfen?“ Ohne zu antworten, sprang Kasi auf und folgte ihrer Mutter in die Küche.
„Wie kann ich dir helfen, Mami? Soll ich die Tomaten für den Salat schneiden?“
„Gerne, aber bitte nur das Gemüse, nicht die Finger.“
„Ach Maria, sie schafft das schon. Zum Glück hat sie nicht dein Tollpatschgen geerbt.“
„Tante Kassandra“, schrie Kasi und sprang ihr in die Arme. „Wie schön, dass du da bist.“
„Hallo Kassandra.“ Maria ging zu ihr und umarmte sie. „Wie geht es dir?“
„Mir geht es gut, ich bin froh, dass ich für heute Feierabend habe.“ In dem Moment zischte es auf dem Herd. Das Wasser, das ihr Schützling aufgesetzt hatte, kochte über.
„Mist, wenn man ein paar Sekunden nicht hinschaut“, schimpfte Maria. Als sie den Topf vom Herd nahm, bekam sie heißes Wasser auf ihre Hand. Sie zuckte zusammen, sagte aber nichts. Kassandra verdrehte die Augen. Das war typisch.
„Siehst du Kasi, das meinte ich. Deine Mama schafft es immer wieder sich zu verletzen.“
„Mama, tut es sehr weh?“ Maria hörte an der Stimme ihrer Tochter, dass dieser die Tränen in den Augen standen.
„Nein, mein Schatz, es ist alles in Ordnung. Tante Kassandra will mich nur ein bisschen necken. Mach dir bitte keine Sorgen. Hast du nicht Lust, mit ihr den Tisch zu decken?“
„Ist gut, mache ich. Wo bleibt Juno denn eigentlich? Sie wäre heute dran.“
„Deine Schwester kommt sicher gleich. Sie war noch nie zu spät zum Abendessen. Sie hat sicher die Zeit vergessen.“
„Wo wollte Juno hin?“, fragte Kassandra. Als Junos Patentante lag ihr die Kleine besonders am Herzen.
„Sie ist mit Wirbelwind unterwegs. Wenn etwas nicht stimmen würde, hätte sie mich angerufen.“
„Maria, ich würde gerne nachsehen, ob alles ok ist. Hast du was dagegen?“
„Nein, mach das. Aber bitte unauffällig. Ich möchte nicht, dass sie vor Schreck vom Pony fällt.“ Der Schutzengel lachte und verschwand. Als Kasi wieder rein kam, war sie verwirrt.
„Mami, wo ist denn Tante Kassandra plötzlich hin? Sie wollte mir helfen.“ Maria überlegte kurz. Wie sollte sie das erklären? Sie hatte ihren Kindern nichts von den Fähigkeiten ihrer Tante erzählt und sie hatte beschlossen, dass das so bleibt.
„Sie ist kurz nach oben ins Bad gegangen. Sie kommt gleich wieder. Fang bitte schon alleine an.“ Kasi hatte keine Lust, das sah Maria sofort, aber ihrer Mama zuliebe machte sie sich trotzdem an die Arbeit.
„Maria, du musst sofort den Notarzt rufen. Schnapp dir Kasi und dann schnell ins Auto.“ Maria zuckte zusammen. Kassandra war aus dem Nichts hinter ihr aufgetaucht.
„Was um Gottes willen ist denn passiert? So aufgewühlt habe ich dich ja noch nie erlebt.“
„Juno ist vom Pferd gefallen. Sie ist bewusstlos. Wir müssen sofort zu ihr.“ Maria wurde blass.
„Juno? Vom Pferd gefallen? Bist du sicher? Sie ist eine gute Reiterin. Wie konnte das passieren?“
„Maria, ich weiß es nicht. Das können wir später klären. Du schnappst dir die Zwerge und ich rufe den Krankenwagen. Los!“ Maria rannte zur Tür, da hörte sie, dass jemand die Haustür aufschloss.
„Johannes“, schrie sie. Sie merkte, wie schrill ihre Stimme klang. „Bitte pass auf die Kinder auf, Juno hatte einen Unfall. Kassandra und ich müssen sofort zu ihr.“
„Natürlich, mein Schatz, ich kümmere mich hier um alles. Nehmt den schnellsten Weg zu ihr und sagt Bescheid, wenn du was weißt.“ Sie nickte geistesabwesend. Als Kassandra angelaufen kam, zog Maria sie am Arm nach draußen.
„Bitte, den schnellsten Weg zu Juno. Du weißt, was ich meine.“ Der Schutzengel nahm wortlos ihre Hand und schon waren die beiden Frauen verschwunden, um Sekunden später bei dem verletzten Kind aufzutauchen.
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