Claudia Schäffler
Die Königin von Erial
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Claudia Schäffler Die Königin von Erial Dieses ebook wurde erstellt bei
Karte Karte
1. Ein rauschendes Fest
2. Freundschaft
3. Der lange Weg nach Vaal
4. Ein gefährlicher Pfad
5. Der Wald von Kyphros
6. Nerephne
7. Eine unerwartete Begegnung
8. Durch die Nebelsümpfe
9. Licht und Schatten
10. Weiter nach Norden
11. Herz aus Eis
12. Die Reise geht weiter
13. Edle Ritter und dunkle Magie
14. Der Kreis schließt sich
Epilog
Übersicht über die Personen
Impressum neobooks
„ Einst war das Königreich Erial ein Ort der Magie. Zauberer, Elfen und andere magische Geschöpfe waren hochgeachtet am Königshof. Doch eines Tages brach König Randrich I. mit der alten Tradition. Niemand kann heute noch sagen, was den König zu seinen Taten veranlasste. Es wird gemunkelt, er habe sich mit dem König unseres Nachbarreiches Siral überworfen, das für seine Magierkaste berühmt ist. Andere Legenden sprechen von einem Streit mit einem Elfenkönig, der das Leben der Königin bedroht haben soll. Wir werden wohl nie erfahren, was damals, vor mittlerweile über 150 Jahren, wirklich geschah, denn jene, die dabei waren, sind lange tot. Wir wissen nur, dass König Randrich I. ein Gesetz erließ, welches alle Magie bei Strafe aus Erial verbannte. In Folge dessen, zerbrachen die Bündnisse mit den Elfen und seither hat niemand mehr Elfen im Königreich gesehen. König Narok III. von Siral kehrte unserem Reich den Rücken und ließ die magische Pforte schließen, welche unter den großen Bergen hindurchführte und die beiden Königreiche so miteinander verband. Lange herrschte Feindschaft zwischen Erial und Siral, den einstigen Schwesterreichen und kein Herrscher gedachte dies zu ändern. Bis zu jenem Tage vor nunmehr 15 Jahren, als unser geliebter König Randrich II. ein neuerliches Bündnis mit Siral anstrebte. An einem sonnigen Frühlingstag brach er zu Verhandlungen auf und mit ihm seine beiden tapfersten Ritter und 20 Soldaten. Keiner von Ihnen sollte je zurückkehren. Viele Tage war die Gesellschaft unterwegs, ohne dass Nachricht den Hof erreichte. Dann, sieben Tage nach der Abreise des Königs, kam ein junger Hirte völlig aufgelöst in den Burghof gerannt und verlangte, zur Königin gebracht zu werden. Den Grund hierfür wollte er nicht nennen, obgleich die Wachen ihm den Zutritt zum Palast verwehrten. Schließlich war es die Königin selbst, die ihm Einlass gewährte. Sie empfing ihn in der kleinen Halle, wo er auf die Knie fiel und unter Tränen von dem grausigen Fund berichtete, den er und sein Bruder gemacht hatten. Sie hatten ihre Schafe zum Fluss geführt und dort, im Wasser treibend, den König gefunden. Seine Kleider waren zerschlissen und sein Körper von Wunden gezeichnet. In seinem Herzen steckte ein Pfeil. Trauer kam über das Volk und viele fürchteten um die Königin, die gerade ihr drittes Kind erwartete. Für ihr Volk bewahrte sie Haltung und zeigte sich beim Begräbnis als ein Bild der Würde. Um aber das Land zu regieren fühlte sie sich nicht stark genug. So ernannte sie Graf Varash, des Königs jüngeren Bruder, zum Truchsess und Regenten. Sie selbst zog sich in den Palast zurück, wo wenig später ihr drittes Kind tot zur Welt kam. Die Königin verstarb nur einen Tag später und ließ ihre beiden Kinder Prinzessin Xiarana und Prinz Rolkor als Waisen zurück. Graf Varash übernahm die Erziehung der Beiden und regierte das Land, bis zu jenem Tag, an dem Kronprinzessin Xiarana das 20. Lebensjahr vollendet. Und dieser Tag, meine Freunde, ist nun gekommen. Heute feiern wir den Geburtstag unserer Kronprinzessin und morgen schon, wird sie als neue Königin den Thron Erials besteigen. Lasst uns alle an diesem freudigen Tag die Götter bitten, ihr eine lange und friedvolle Regentschaft zu ermöglichen.“
Beifall erhob sich in der Menge und der Mann im rot-gelb gestreiften Gewand verbeugte sich, was die Glöckchen an seiner Narrenkappe zum klingeln brachte. Tempolo, oberster Narr des Hofes, verstand es immer, sein Publikum zu fesseln, sei es mit akrobatischen Kunststücken, fröhlichen Reimen oder, wie an diesem Morgen, mit ernsthaften Erzählungen. Nachdem der Beifall langsam abebbte, sprang er mit einem Salto von seinem Podest, winkte noch einmal in die Menge und machte sich dann auf den Weg zurück in den Palast. Seine Geschichte hatte ihn nachdenklich gestimmt, wie sie es immer tat, wenn er sie erzählte. Er konnte sich noch immer gut an jene Tage erinnern, als König Randrich verstorben war und das Volk trauerte. Er selbst war damals ein Jüngling gewesen, gerade einmal 16 Jahre alt. Tempolo`s Vater war der Leibdiener König Randrichs, weshalb die Familie im Palast wohnen durfte. Die Prinzessin kannte der Hofnarr seit ihrer Geburt. Er hatte gesehen, wie sie von einem schüchternen kleinen Mädchen zu einer strahlend schönen jungen Frau herangewachsen war. Wie sie im zarten Alter von nur 5 Jahren Vater und Mutter verlor und von ihrem strengen Onkel aufgezogen wurde. Sie war von Anfang an in den Pflichten einer künftigen Königin unterwiesen worden und hatte niemals wie ihr jüngerer Bruder Rolkor und die anderen Kinder des Palastes spielen können. Und trotz alledem war eine ebenso freundliche wie starke junge Frau aus ihr geworden, die stets ein Lächeln für Jeden hatte und der vor allem anderen das Wohl ihres Volkes am Herzen lag. Tempolo zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie eine große und wundervolle Königin werden würde.
Nach einer halben Ewigkeit, wie es ihm schien, hatte der Narr endlich das große Haupttor des Palastes erreicht. Obwohl es noch früh am Morgen war tummelte sich schon eine große Menschenmenge auf den Straßen. Und Jeder, dem der oberste Hofnarr begegnete, bat ihn um eine Geschichte, einen Reim oder gar ein kleines Kunststück. So musste er immer wieder stehenbleiben, um etwas zu erzählen oder vorzuführen und die Leute klatschten, lachten und verlangten nach mehr. Die beiden Torwächter lachten, als er endlich bei ihnen angekommen war und der Jüngere fragte scherzhaft, wie man für eine so kurze Strecke nur so viel Zeit brauchen konnte. Tempolo schnitt eine Grimasse und zeigte auf seine roten, mit Glöckchen verzierten Schnabelstiefel, was die umstehende Menge mit erneutem Lachen quittierte. Daraufhin hüpfte er fröhlich pfeifend in den Palast.
Auch dort herrschte bereits reges Treiben, denn natürlich musste an diesem besonderen Tag alles perfekt sein. Der Marktplatz war bereits seit Tagen überfüllt mit Buden, an denen Händler aus allen Teilen des Landes ihre Waren feilboten. Von überall her waren Gaukler, Akrobaten, Feuerschlucker, Barden und Spielleute angereist, um bei dem Fest ihr Können zu zeigen. Die nächsten beiden Tage sollten eine einzige, rauschende Feier werden, für das einfache Volk ebenso, wie für die künftige Königin und ihren Hofstaat.
Tempolo bog in Gedanken versunken um eine Ecke und kollidierte beinahe mit einem jungen Soldaten in dunkelblauer Tunika. Beide stoppten im letzten Augenblick und sahen den jeweils anderen schockiert an. Der Narr war der erste, der das Wort ergriff: „Kormenon, wohin so eilig?“ „Zu den Ställen. Ich muss nachsehen, ob die Pferde bereitstehen...“ Ehe er überhaupt zu Ende gesprochen hatte, hastete Kormenon schon weiter. Tempolo sah ihm kopfschüttelnd nach. Der junge Mann zählte seit kurzem zur Leibgarde der künftigen Königin, erkennbar an den dunkelblauen Uniformen mit einem silbernen, siebenzackigen Stern auf der Brust. Dem Emblem der Königin. Mit einer stattlichen Größe von 1,80 Metern, einem athletischen Körperbau, dunkelbraunem Haar und auffallend blauen Augen war Kormenon der Schwarm vieler Mädchen. Er jedoch hatte nur Augen für die Kronprinzessin, die für ihn ewig unerreichbar bleiben würde. Tempolo bemitleidete den armen Jungen, konnte ihn aber durchaus verstehen, denn Xiarana`s Schönheit war unvergleichlich.
Читать дальше