1 ...6 7 8 10 11 12 ...15 „Ihr werdet ohne mich diesen Kusswettkampf gewinnen müssen“, knurrte Laura und nahm ihre Handtasche. Endlich wagte sie, den Kopf zu heben.
Vanessa, die bisher entgegen ihrer sonstigen Art überhaupt nichts gesagt hatte, sah nur zwischen Cedric und ihr hin und her. Laura erkannte, wie es in ihr arbeitete und war sich sicher, dass Vanessa genau wusste, was mit ihr los war. Aber sie enthielt sich jeglichen Kommentars. Was in diesem Moment sicherlich auch besser war.
„Ciao, viel Spaß noch“, rief Laura und rannte nach draußen. Erst als sie die Tür erreichte, hörte sie Vanessa hinter sich.
„Laura, so warte doch einen Augenblick!“
Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
„Warum rennst du denn so?“, keuchte Vanessa.
„Ich? Rennen? Aber ich renne doch nicht. Ich will nur nach Hause.“
Tränen traten in ihre Augen. Laura versuchte krampfhaft, sie zu unterdrücken. Vanessa stellte sich direkt vor sie.
„Was ist los? Da stimmt doch etwas nicht. Was hat Cedric gemacht?“, fragte sie und blickte Laura direkt in die Augen.
„Nichts hat er gemacht.“
„Mensch, Süße, jeder am Tisch hat gemerkt, dass es zwischen euch geknistert hat. Es war kaum zu übersehen. Und erst die Blicke, die er dir zugeworfen hat!“
„Du weißt doch überhaupt nichts!“, stieß Laura hervor und wollte sich umdrehen, doch Vanessa hielt sie am Arm fest.
„Willst du mir erzählen, was dich bedrückt?“, fragte sie. „Oder muss ich es dir mühsam aus der Nase ziehen?“
Laura schüttelte den Kopf. „Ich möchte nicht darüber reden.“
„Wirklich nicht? Heißt das, dass du mit deinen Problemen allein fertig werden willst?“
„Nein, das nun auch wieder nicht.“
Laura kämpfte mit den Tränen. Die Probleme schienen übermächtig zu werden. Ihre unerfüllte Liebe zu Cedric! Die unheimlichen Alpträume! Der Messerangriff auf Fabian!
„Na, komm schon“, drängte Vanessa neugierig. Sie hatte Laura noch nie so seltsam erlebt. „Du benimmst dich ziemlich komisch, weißt du das?“
„Ich habe wieder geträumt“, flüsterte sie.
„War wieder Cedric dabei?“
„Ja, er lief in dem Flur an mir vorbei.“
„Wie ging es weiter?“
„Er warnte mich und hatte Angst um mich. Dieses unheimliche Wesen würde mich töten wollen, rief er mir zu. Wir rannten in den Keller zum Heizungsraum. Er sagte, hier würde er das Problem lösen. Dann hat er mich angeschrien, dass ich aufwachen soll.“
„Aber das ist doch nett von ihm“, versuchte Vanessa ihre Freundin zu trösten. „Wenn er Angst um dich hat, bedeutet das doch, dass er dich gern hat.“
„Aber er hat mich mit dem Vornamen »Emily« angesprochen!“
„Wer ist Emily?“
„Ich weiß es nicht. Wohl eine seiner Freundinnen“, stammelte Laura und konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. „Er hatte Angst um eine Emily und nicht um mich!“
Was verursacht mir mehr Angst, dachte sie erschrocken, ein Wesen, das mich töten möchte, oder, dass Cedric noch eine weitere Freundin hat?
„Ich dachte, er geht mit Michelle?“, fragte Vanessa verwirrt.
„Ja, das dachte ich auch.“
„Du solltest mit Cedric reden. Ich halte das für wichtig“, flüsterte Vanessa, während sie Laura in den Arm nahm und ihr beruhigend über den Rücken streichelte. „Frag ihn dann doch, wer diese Emily ist.“
„Ja, klar“, antwortete Laura bissig. „Ich frage ihn nach Eileen, Emily und Michelle und was weiß ich noch, was er für Mädchen hat!“
„Ich habe mit Tobias über deinen Traum gesprochen“, sagte Vanessa mit einer schuldbewussten Stimme.
„Was hast du?“
„Wir waren auch bei dieser blöden Geisterbeschwörung mit dem Ouija-Brett dabei, oder hast du das schon vergessen?“
„Nein, natürlich nicht“, antwortete Laura.
„Es hätte ja sein können, dass Tobias ähnliche Träume hat, oder?“
„Hatte er denn solche Alpträume?“ fragte Laura neugierig.
„Nein, genauso wenig wie ich. Diese Träume scheinen nur dich und Cedric zu betreffen. Ich werde Tobias noch einmal ansprechen. Er muss es Cedric sagen, wenn du es schon nicht schaffst! Wir müssen das Problem lösen, bevor dir noch etwas passiert!“
„Ja“, erwiderte Laura niedergeschlagen. „Da hast du sicher Recht.“
Sie verabschiedeten sich vor der Bowlingbahn.
Cedric war innerlich wie zerrissen.
Laura wollte nicht mehr mit ihm sprechen. Aber wie sollte das denn funktionieren? Er sah sie doch fast täglich in der Schule. Jedes Mal verspürte er einen stechenden Schmerz, wenn er sie mit einem anderen Jungen zusammen sah.
Frauen haben ja keine Ahnung, wie wir Jungs leiden!, dachte er verbittert. Haben denn Mädchen keine Gefühle?
Na gut, Cedric Vogt, dachte er sachlich, ein Problem nach dem anderen lösen. Etwas lag ihm schwer im Magen und hatte lange blonde Haare.
Michelle!
Wie sollte er ihr bloß klarmachen, dass er nichts von ihr wollte?
Er hatte sie angerufen, um die Beziehung zu beenden, kam jedoch nicht dazu, da sie ihn gebeten hatte, gemeinsam mit ihr zur Halloween Party zu gehen, die jedes Jahr in der Turnhalle der Schule stattfand.
Dann nahm er seinen gesamten Mut zusammen.
„Gut, Michelle, wenn du unbedingt willst, gehe ich mit dir zu Halloween. Aber eines sage ich dir: Das ist das letzte Mal, dass ich mich mit dir treffe.“
Er war stolz auf sich, das war ja wohl eindeutig ausgedrückt.
Mit klaren Worten hatte er die Beziehung beendet!
„Toll, Cedy Bärli“, flötete Michelle. „Ich wusste doch, dass du mitkommen würdest. Mein Kostüm ist schon fertig und ich schaffe deines auch noch rechtzeitig.“
Frau Venus! Mann Mars!
Cedric verstand mal wieder gar nichts.
Er hatte doch eben die Beziehung beendet. Sie war strahlend über dieses Thema hinweggegangen und wollte ihm sogar ein Kostüm besorgen.
„Du brauchst mir kein Kostüm zu besorgen“, protestierte Cedric.
„Ich gehe als Julia“, plapperte Michelle, ohne auf seinen Einwand zu achten. „Du erinnerst dich sicher an meine Rolle bei der Schulaufführung. Ich habe einen beigen Rock an, dazu eine rosa Bluse mit Rüschenkragen. Außerdem setze ich diese süße, kleine Kappe auf, die mit Perlen bestickt ist. Meine Tante Monika will mir noch passende braune Satinschuhe kaufen. Ein irres Kostüm! Ich freue mich schon wahnsinnig darauf, es endlich zu tragen. Du wirst begeistert sein!“
Sie hatte ohne Punkt und Komma gesprochen, ohne Atem zu holen und erwartete nun ein Zeichen der Begeisterung von Cedric.
Als er schwieg, sprach sie schnell weiter.
„Jonas, der Bruder von Bernd hat vor einigen Jahren im Residenztheater den Romeo gespielt. Ich habe ihn schon danach gefragt. Er wird mir das Kostüm vorbeibringen. Du wirst klasse aussehen, Cedric.“
Cedric spürte ein leichtes Schwindelgefühl.
Kann es sein, dass er dieses Telefonat nur träumte, er in Wahrheit in seinem Bett lag und tief schlief?
„Ich habe nicht die Absicht als Romeo zu gehen!“, erklärte er entsetzt. „Da gehe ich ja noch lieber als Gollum von Herr der Ringe!“
„Du musst als Romeo gehen! Wie sollen die Leute sonst erkennen, dass ich Julia bin? Keine Angst, ich mach das schon.“
„Wie wäre es mit Frodo Beutlin?“, jammerte Cedric. „Ich verkleide mich als Dunländer oder Ostling, wenn es sein muss auch als Elbe. Aber bitte nicht Romeo. Das tust du mir nicht an!“
„Cedy Bärli, dein Kostüm ist am Samstag bei mir, dann kannst du es abholen.“
„Hallo? Michelle? Ich gehe nicht als Romeo“, wiederholte Cedric mit fester Stimme.
„Komm, stell dich nicht so an!“
„Ich mach mich doch nicht lächerlich!“, betonte Cedric.
„Du wirst es überleben. Also dann bis Samstag. Ich muss jetzt los. Bussi, Cedy Bärli“
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