Gerd Schuster - Geisterschiff

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Jim Cunningham könnte im Londoner Oberhaus sitzen und Sherry schlürfen, aber er pfeift nach Familienkrach – er hat sich geweigert, Volkswirtschaft zu studieren und die Güter des Clans zu verwalten – auf seinen Erb-Titel «Earl of Troon» und geht lieber dem Beruf eines maritimen Versicherungsermittlers für Lloyds nach. Weil er – unterstützt von ein paar parapsychologischen Eingebungen und der rajasthanischen Prinzessin Laxmi Singh, sich auf «unlösbare» Fälle spezialisiert hat, wird er mit der Suche nach der «Palermo Express» betraut. Das siebt- oder achttgrößte Containerschiff der Welt, ein turmhoher, über 300 m langer und fünfzig Meter breiter Riese mit 100.000 BRT und einem Gebirge von 9.000 der Blechkisten, ist bei seiner zweiten Reise in der Nähe des Kaps der Guten Hoffnung verschwunden – spurlos.
Nachdem Jim in dem fraglichen Seegebiet den Fischschwanz einer offenbar sehr alten, aber mit hypermodernem Kunststoff imprägnierten Galionsnixe aus dem Meer gezogen hat, erfährt er, dass die Frau des Kapitäns während des Untergangs des Superschiffes mit ihrem Mann videotelefoniert hat. Die Dame vertraut dem Fahnder auf der Kanalinsel Alderney an, dass ihr Mann kurz vor dem Sinken den «Fliegenden Holländer» gesehen hat. Um den Ruf ihres toten Gatten nicht zu gefährden, hat sie das für sich behalten.
Cunningham, dessen skrupelloser, aber meist unterlegener Gegenspieler Haemish Hogg ihm immer dicht auf den Fersen ist, findet diese Indizien wenig hilfreich. Aus purer Ratlosigkeit studiert er in der Bibliothek des British Museum die Belege für die Existenz von Geisterschiffen. Er erfährt von der Kapitänsgattin, dass der Leitende Ingenieur der «Palermo Express», ein Inder, offenbar überlebt und in ihrer Londoner Wohnung auf den Anrufbeantworter gesprochen hat.
Also fährt Jim mit Laxmi Singh, die Kriminalistik und Biochemie studiert hat, nach Trivandrum im südindischen Bundesstaat Kerala, wo der Mann wohnt.

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Gerd Schuster

Geisterschiff

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Inhaltsverzeichnis Titel Gerd Schuster Geisterschiff Dieses ebook wurde - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Gerd Schuster Geisterschiff Dieses ebook wurde erstellt bei

Der Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Autorenbeichte

Das Buch

Impressum neobooks

Der Inhalt

Kapitel 1

Heiße Füße im Helikopter

oder

Ein triefend nasses Traumbild

Kapitel 2

Fischfrikadellen mit Fadenwürmer–Würze

oder

Eine einsame Nixenfluke geht ins Netz

Kapitel 3

Geheimnisse der Galionsfiguren

oder

Ein mehr als mysteriöses Polymer

Kapitel 4

Die Schiffsunglücke von ›Lloyd’s List‹ als Schlummerlektüre

oder

Ein plüschiges Hotel im Ärmelkanal

Kapitel 5

Ein Strandbummel auf Alderney

oder

Die ungeheuerliche Geschichte der Kapitänsfrau

Kapitel 6

Eine garstige Geisterschiff–Gastritis

oder

›Lustige‹ Recherchen im Lesesaal des British Museum

Kapitel 7

Ein Kriegsschiff mit sehr unkriegerischem Namen

oder

Prinz Georges Wagner–Wissen

Kapitel 8

Eine Tropennacht wie im Dampfkochtopf

oder

Massenhaft Moskitos und immer mehr Mysteriöses

Kapitel 9

Die Farbe Gelb – ein Gefahrensignal

oder

Ein Termin im Thanumalayan–Tempel

Kapitel 10

Perfidie beim Parfümkauf

oder

Die Polizei, kein Freund und Helfer

Kapitel 11

Ein Prälat in Badelatschen

oder

Zähneklappern beim Fischzug im Kettuvallam

Kapitel 12

Eine schwarze Göttin zeigt die Zunge

oder

Der Guru im Silberfuchspelz

Kapitel 13

Absturz des gelben Schmetterlings

oder

Die allerdickste Magnum der Welt

Kapitel 14

Ein Nichtschwimmer als Rettungstaucher

oder

Der doppelte Desmond

Kapitel 15

Echte Cock–a–Leekie–Suppe fern von Schottland

oder

Eine maritime Mumie verliert ihren Schleier

Kapitel 16

Sanskrit–Studien im Sri Padmanabhaswamy–Tempel

oder

Ein Abendessen mit tödlichem Nachtisch

Kapitel 17

Ein Admiral gerät in schwere See

oder

Wo die Zöpfe des Gurus wirklich wuchsen

Kapitel 18

Eine längst überfällige Haarwäsche

oder

Das Vierte Ei der Ur–Göttin Vinata

Kapitel 19

Ein weltentrückter Insel–Ring vor Burmas Küste

oder

350 Jahre alte Warnungen können noch gültig sein

Kapitel 20

Himmelfahrt einer Negrito–Gottheit

oder

Hamish Hoggs Höllentrip

Kapitel 21

Abspecken im Rückwärtsgang

oder

Brabhus letzter Gruß

Kapitel 1

Heiße Füße im Großhubschrauber

oder

Ein triefend nasses Traumbild

Das Meer rief mich. Ein wohlbekanntes Drängen in meinem Kopf verriet mir, dass mir jemand eine Botschaft übermitteln wollte. Das Druckgefühl war so stark, dass dieser Jemand nur der ungeheure Wasserkörper sein konnte, über den ich gerade dahinschwirrte. Die beiden Helikopterpiloten vorne im Cockpit schieden aus, und sonst gab es im Umkreis von vierhundert Kilometern kein lebendes Wesen, soviel ich wusste – von Fischen einmal abgesehen. Es gab nur das Meer.

Ich konzentrierte mich nach Kräften, doch ich konnte die Botschaft nicht entschlüsseln. Aber sie hatte – dessen war ich mir sicher – etwas mit dem Fischschwanz zu tun, dessen Bild vor drei Tagen ganz unvermittelt einen Wimpernschlag lang wie ein Foto auf einem dieser neumodischen Digiframes in meinem Bewusstsein aufgeleuchtet war.

Leider begriff ich die Bedeutung der Schwanzflosse ebenso wenig wie die Nachricht des Meeres. Ich war wie vernagelt; dabei hatte ich ein paar Tipps von meiner launischen, aber oftmals hilfreichen Spezial–Informationsquelle dringend nötig. Ich tappte bei meinem neuen Fall nämlich noch völlig im Dunkeln.

Es schien dem Meer nicht recht zu sein, dass ich so begriffsstutzig war. Ich spürte, dass es mir grollte. Es war nur ein Vibrieren im Solarplexus, ein bodenloses Gefühl im Magen, plötzliche Trockenheit im Mund, aber es war unangenehm. Mit dem Meer sollte man sich möglichst nicht anlegen.

Ich stemmte mich einen Augenblick lang mit aller Kraft in den Sitz und warf mich anschließend in die Hosenträgergurte. Ich legte mich hinein wie ein Ackergaul ins Geschirr, drückte und zerrte wie wild, bockte wie ein Mustang am Lasso. Ich musste mich bewegen; vielleicht konnte ich das Hirngespinst auf diese Weise verscheuchen.

Bewegung fehlte mir sehr. Ich hatte so lange in Flugzeugen gehockt, eingesperrt wie eine Ölsardine in ihrer Blechdose, dass der Sauerstoffgehalt meines Blutes wahrscheinlich total in den Keller gefallen war und mich halluzinieren ließ. Warum sollte das Meer mir grollen? Ich erforschte mein Gewissen, aber es war rein. Das Meer hatte keinen Grund, mit mir zu hadern.

Trotzdem blieb ein flaues Gefühl. Was das Meer tat, nahm man gerade in meinem Job nicht auf die leichte Schulter. Dafür war es zu gewaltig.

Da unten war es. Ich schaute seit dem Start in Port Elizabeth aus meinem Hubschrauberfenster, und es war mir unmöglich gewesen, meine Augen von diesem grenzenlosen, in Dutzenden von Grau– und Blautönen schimmernden Wasserkörper abzuwenden, über dem der Helikopter nach einstündigem Anflug seit etwa 35 Minuten spritsparende Suchkreise in gemäßigtem Tempo zog.

Ich war wie hypnotisiert. Ich hatte keine Ohren für den Sprechfunk, der in meinen Kopfhörern brabbelte; ich starrte auf das unbegreifliche Wesen, das sich sechs– oder siebenhundert Meter unter mir in Myriaden von Wellenformen räkelte und wälzte, streckte und zusammenzog, weiß Gott wohin wanderte, vom Indischen Ozean in den Atlantik oder umgekehrt, trotz der rastlos ziehenden Schaumkronen aber immer stillzustehen schien. Das so viel zeigte, aber nichts über sich verriet.

Es hatte mit meinem Arbeitsfeld zu tun, dass das Meer in mir dermaßen gegensätzliche Gefühle weckte – Andacht und Abscheu, Entzücken und Entsetzen, Begeisterung und Beklemmung. Als Fahnder für Schiffsversicherungen wusste man besser als andere, wie schrecklich es bei aller Schönheit sein konnte, wie launisch, unberechenbar und gnadenlos. Und wie trügerisch: Es gab sich azurblau, spiegelglatt und harmlos, plätscherte einladend mit unschuldigen Badewannenwellen, wiegte die Menschen mit Postkarten–Idyllen in Sicherheit, lockte Fischer in offenen Booten hinaus, nur um sich kurze Zeit später in eine rasende Bestie zu verwandeln, die mit himmelhohen bleigrauen Brechern um sich schlug.

Seine Größe, seine Gewalt, ja sogar seine Physik waren einzigartig. Es war ohne jeden Zweifel das mächtigste und gleichzeitig geheimnisvollste Ding auf dem Planeten, den man fälschlicherweise »Erde« genannt hatte und nicht »Wasser« oder »See«, obwohl fast drei Viertel seiner Oberfläche mit Ozeanen bedeckt waren. Das große Wasser kannte weder Skrupel noch Erbarmen, denn es hatte die »Palermo Express« und ihre Crew geschluckt – und es vielleicht nicht einmal gemerkt.

Wie sollte es auch? Man musste sich nur die Zahlen ansehen. Gerade im Fall der »Palermo Express« waren sie besonders aufschlussreich. Sie machten die Relationen klar – wie winzig klein wir Menschen und unsere größten Werke waren, und wie übermächtig das Meer.

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