Haben wir die Ermächtigung einmal erhalten, so haben wir die Verpflichtung, über die zwei Stufen zu meditieren. Gelingt uns das nicht, werden wir die Segnung der Ermächtigung verlieren. Darüber hinaus wird es unseren Fortschritt erschweren, wenn wir uns nicht um die anderen vier Eigenschaften bemühen. Das Wichtigste ist, dass wir ein tiefes und unveränderliches Vertrauen in Heruka und unseren spirituellen Meister entwickeln. Wir sollten versuchen die gewöhnliche Erscheinung unseres spirituellen Meisters zu überwinden und Vertrauen in ihn oder sie zu entwickeln. In dieser Weise werden wir Großartiges vollbringen. Selbst unserem spirituellen Meister ein kostbares Geschenk zu überreichen hat keine Bedeutung, sofern es uns an Vertrauen in ihn oder sie fehlt. Wenn wir jedoch reines Vertrauen in unseren spirituellen Meister entwickeln, werden wir ihm eine großartige Gabe darbringen, selbst wenn wir ihm nie etwas schenken. Ohne Vertrauen sind wir wie ein verbrannter Samen. Ebenso wie ein verbrannter Samen keinerlei Frucht hervorbringen kann, so kann ein tantrischer Praktizierender ohne Vertrauen keine Ergebnisse erzielen.
Tantrische Verwirklichungen hängen von Vertrauen und Vorstellungkraft ab. Ganz gleich, wie sehr wir es auch untersuchen, es ist schwierig zu beweisen, dass unser spiritueller Meister ein Buddha ist. Deshalb sollten wir, statt zu zweifeln, lieber unsere Vorstellungskraft nutzen, unseren spirituellen Meister als Buddha betrachten und einen reinen Geist des Vertrauens in ihn oder sie aufbauen. Allmählich wird unser Geist immer reiner, bis wir unseren spirituellen Meister schließlich direkt als einen Buddha sehen.
Schulung in den grundlegenden Übungen
Diese Anleitungen werden unter zwei Überschriften erklärt:
1. Erzeugungsstufe
2. Vollendungsstufe
Die Wirksamkeit der Heruka Körpermandala Praxis hängt davon ab, dass wir die Ermächtigung erhalten. Es gibt zwei Arten, wie wir die Ermächtigung des Heruka Körpermandalas erhalten. Die erste ist eine allgemeine Anleitung und die zweite ist eine mündliche Anleitung. Laut der ersten Anleitung erhalten Praktizierende zuerst die Ermächtigung der fünf Gottheiten des äußeren Mandalas und danach die Ermächtigung des Heruka Körpermandalas. Laut der zweiten Anleitung erhalten Praktizierende die Ermächtigung des Heruka Körpermandalas, ohne die Ermächtigung der fünf Gottheiten des äußeren Mandalas erhalten zu haben. Diese mündliche Anleitung ist die Hauptabsicht Mahasiddha Ghantapas.
Buddha erklärte im Allgemeinen vier Mandalas, in denen Praktizierende die Ermächtigungen erhalten: das Sandmandala, das gezeichnete Mandala, das Körpermandala und das Konzentrationsmandala. Mahasiddha Ghantapa sagte jedoch, dass die ersten beiden, das Sandmandala und das gezeichnete Mandala, keine wirklichen Mandalas sind, sondern einfach Kreationen. Der Grund, weshalb Buddha sie erklärte, war, dass er denjenigen vorübergehend helfen wollte, die glauben, diese zwei Mandalas seien so wichtig.
Die Erklärung der Erzeugungsstufe des Heruka Körpermandalas beruht auf der Sadhana Essenz des Vajrayana, die in Anhang IIzu finden ist. Diese Erklärung hat zwei Teile:
1. Wie wir während der Meditationssitzung üben
2. Wie wir während der Meditationspause üben
WIE WIR WÄHREND DER MEDITATIONSSITZUNG ÜBEN
Dies hat drei Teile:
1. Die vorbereitenden Übungen
2. Die eigentliche Praxis der Erzeugungsstufe
3. Die abschließenden Übungen
DIE VORBEREITENDEN ÜBUNGEN
Bevor wir mit der Meditationssitzung beginnen, stellen wir Darbringungen vor unserem Altar auf. Auf dem Altar sollten Statuen oder Bilder von Buddha Shakyamuni stehen, von Je Tsongkhapa, Heruka, unserem Wurzelguru und Dharmapala Dorje Shugden. Buddha Shakyamuni ist der Gründer des Mahayana Buddhismus. Je Tsongkhapa und Dorje Shugden sind Manifestationen der Weisheit aller Buddhas und Heruka ist die Manifestation des Mitgefühls aller Buddhas. Indem wir unser Vertrauen in diese heiligen Wesen bewahren, vermehren wir unsere Weisheit und unser Mitgefühl, die die beiden wichtigsten Übungen des Mahayana Buddhismus sind. Vertrauen in unseren spirituellen Meister ist die Wurzel aller spirituellen Verwirklichungen.
Wir stellen drei Tormas auf, die entweder in traditioneller Weise entsprechend der Abbildung (siehe hier) gemacht werden können oder einfach aus beliebigen reinen, frischen Speisen wie Honig oder Kuchen bestehen. Die Formen der traditionellen Tormas symbolisieren die Entwicklung spiritueller Verwirklichungen. Der mittlere Torma ist für die Hauptgottheiten Heruka Vater und Mutter und die vier Yoginis bestimmt, die gemeinsam als die «Gottheiten des großen Glückseligkeitsrades» bekannt sind. Der Torma zur Linken ist für das überweltliche Gefolge Herukas und der zur Rechten ist für das weltliche Gefolge Herukas.
Vor den Tormas ordnen wir drei Reihen von Darbringungen an: Die erste Reihe, dem Altar am nächsten, ist für die überweltlichen vor-uns-erzeugten Gottheiten und die zweite Reihe ist für die weltlichen Dakas und Dakinis. Beide Reihen beginnen von der linken Seite des Altars, unserer rechten, und beinhalten Wasser zum Trinken, Wasser zum Baden, Blumen, Weihrauch, Licht, Duftwasser und Speisen. Eine Musikdarbringung wird nicht aufgestellt, da Musik kein visuelles Objekt ist. Die dritte Reihe ist für die selbsterzeugten Gottheiten und beginnt auf der rechten Seite des Altars, unserer linken, und beinhaltet Wasser zum Trinken, Wasser zum Baden, Wasser für den Mund, Blumen, Weihrauch, Licht, Duftwasser und Speisen. Auf einem kleinen Tisch vor unserem Meditationssitz stellen wir von links nach rechts unsere innere Darbringung, Vajra, Glocke, Damaru und Mala auf. Davor liegt unsere Sadhana. Dann widmen wir uns mit einer reinen Motivation und einem glücklichen Geist den vorbereitenden Übungen.
Die vorbereitenden Übungen werden nun unter sechs Überschriften erklärt:
1. Zuflucht nehmen und Bodhichitta erzeugen
2. Segnungen empfangen
3. Unseren eigenen Geist, Körper und Rede reinigen
4. Andere Wesen, die Umgebung und Vergnügen reinigen
5. Nichttugenden, Übertretungen und Hindernisse reinigen
6. Guru Yoga
ZUFLUCHT NEHMEN UND BODHICHITTA ERZEUGEN
Dies hat vier Teile:
1. Die Ursachen der Zufluchtnahme
2. Die Zufluchtsobjekte visualisieren
3. Wie wir Zuflucht nehmen
4. Anstrebenden und ausübenden Bodhichitta erzeugen
DIE URSACHEN DER ZUFLUCHTNAHME
Unser endgültiges Ziel ist es, Erleuchtung zu erlangen, die endgültige Zuflucht, um zahllosen Mutterwesen zu helfen. Doch genau jetzt müssen wir eine Zuflucht erreichen, die verhindert, dass wir in niedere Wiedergeburten fallen. Wenn wir uns ohne diesen inneren Schutz einfach in den Meditationen des Höchsten Yoga Tantras üben und erwarten, dass wir schnell Erleuchtung erlangen, sind wir wie jemand, der einen hohen und gefährlichen Berg ohne sichere Ausrüstung besteigen will.
Der Zeitpunkt unseres Todes ist völlig ungewiss. Vielleicht werden wir heute sterben, vielleicht morgen, wir haben keine Ahnung, wann wir sterben werden. Sterben wir ohne Zuflucht, dann werden wir den ganzen bisher gemachten spirituellen Fortschritt verlieren. Zum Zeitpunkt des Todes werden wir alles vergessen, was wir in unserem Leben gelernt haben, und alles verlieren, was wir aufgebaut haben. Nach dem Tod werden wir, ohne irgendeine Wahl zu haben, eine weitere samsarische Wiedergeburt erleben, mit all den Leiden, die damit verbunden sind. Wir werden keine Erinnerung an unser früheres Leben haben und können daher das Kontinuum unserer spirituellen Praxis nicht aufrechterhalten. Auf wundersame Weise ist es uns gelungen, ein kostbares menschliches Leben mit all den Bedingungen zu erlangen, die für eine spirituelle Praxis notwendig sind. Doch ohne den inneren Schutz der grundlegenden Zuflucht zu erreichen, werden wir keine andere, ähnlich ausgestattete Wiedergeburt finden und diese wunderbare Gelegenheit, uns spirituell zu entwickeln, wird für immer verloren sein.
Читать дальше