Als der siebte Geburtstag des Kindes näher rückte, sandten sie ihn mit mehreren ihrer Diener auf eine Pilgerreise. Sie konnten es nicht ertragen, seinen Tod mitzuerleben. Von einer Manifestation Avalokiteshvaras geführt, fand die Gruppe ihren Weg zum Kloster Nalanda. Dort trafen sie den großen Lehrer Saraha. Sie erklärten Saraha die Notlage des Knaben. Er sagte ihnen, dass das Kind einen vorzeitigen Tod abwenden könne, wenn es in Nalanda bliebe und als Mönch ordiniert würde. Er gab dem Kind die Ermächtigung der Langlebenspraxis von Buddha Amitayus und ermutigte es, diesen Yoga ausführlich zu üben. Am Vorabend seines siebten Geburtstags rezitierte der Knabe das Mantra von Amitayus unaufhörlich und verhinderte so einen vorzeitigen Tod. Am folgenden Tag wurde er als Mönch ordiniert und erhielt den Namen «Shrimanta». Er blieb in Nalanda, wo er unter dem Schutz Manjushris alle Sutras und Tantras studieren konnte. Bald wurde er ein vollendeter Gelehrter und Lehrer und sein Ruf verbreitete sich überall. Schließlich wurde er zum Abt von Nalanda ernannt.
Nagarjunas Leben umfasste drei große Perioden glückverheißender Taten, die den drei Drehungen des Dharma Rades von Buddha entsprechen. Deshalb wird er oft «der zweite Buddha» genannt. Die erste Periode umfasst seine Amtszeit als Abt von Nalanda. Leider hatte sich die moralische Disziplin der Mönche seit der Zeit, als Buddha erstmals Gelübde gab, verschlechtert und Nagarjuna war sehr bestrebt die Reinheit der Disziplin wiederherzustellen. Er klärte in ausführlichen Unterweisungen viele Punkte der moralischen Disziplin und verfasste eine Anzahl von Werken über reines Verhalten. Diese Schriften, als Sammlung von Ratschlägen bekannt, beinhalten Werke wie Kostbare Girlande, Freundlicher Brief, Baum der Weisheit, Hundert Weisheiten und Tropfen für die Heilung von Wesen. Diese Taten sind mit Buddhas erster Drehung des Dharma Rades vergleichbar.
Nagarjuna bleibt jedoch vor allem wegen der Werke der zweiten Periode in Erinnerung. Nicht lange nach Buddhas Dahinscheiden verschwanden die Sutras der Vollkommenheit der Weisheit, die hauptsächlichen Mahayana Lehren, aus dieser Welt. Es heißt, dass einige Nagas, die diese Unterweisung von Buddha erhalten hatten, die ausführlichen Schriften der Vollkommenheit der Weisheit in ihre eigene Welt mitnahmen, um sie sicher aufzubewahren. Es gab nur noch wenige Praktizierende, die diese Unterweisungen verstehen konnten, und die meisten von ihnen hielten ihre Praxis geheim. Die einzigen Unterweisungen Buddhas, die weitverbreitet waren, waren die Hinayana Lehren. Infolgedessen nahmen viele an, dass dies die einzigen Unterweisungen seien, die Buddha gegeben hatte. Einige Zeit später luden die Nagas Nagarjuna ein und gaben ihm die Schriften der Vollkommenheit der Weisheit zurück. Nagarjuna kehrte mit den Schriften in die Welt der Menschen zurück und verbreitete sie überall. Aufgrund seiner besonderen Beziehung zu den Nagas und da er viele Nagas mithilfe besonderer ritueller Gebete von Krankheiten heilte, erhielt Nagarjuna den Namen «Beschützer der Nagas». «Arjuna» wurde seinem Namen beigefügt, da er die Mahayana Lehren mit ebenso großer Schnelligkeit und Genauigkeit verbreitete, wie der legendäre Bogenschütze Arjuna die Pfeile von seinem Bogen abschoss. Deswegen wurde er schließlich als «Beschützer Nagarjuna» bekannt.
Da er einen sehr lichten Geist und große Weisheit besaß, konnte Nagarjuna die Sutras der Vollkommenheit der Weisheit vollkommen verstehen und sie anderen erläutern. Er verbreitete diese Lehren überall und sorgte dadurch für das große Wiederaufleben der Mahayana Lehre in dieser Welt. Er legte ein System von Begründungen dar, das die «Philosophie des mittleren Weges», oder «Madhyamaka», genannt wurde, da es einen fehlerfreien Kurs zwischen den zwei Extremen von Existenz und Nichtexistenz steuert. Nagarjuna verfasste viele Kommentare zu den Sutras der Vollkommenheit der Weisheit, die die Madhyamaka Sichtweise erhellen. Diese Abhandlungen, bekannt als die Sammlung von Begründungen, beinhalten die berühmte Grundlegende Weisheit des mittleren Weges und ihre vier Glieder: Sechzig Begründungen, Siebzig Leerheiten, Fein gewoben und Widerlegung von Einwänden. Er schrieb auch Kompendium der Sutras, Fünf Stufen der Vollendungsstufe von Guhyasamaja und viele andere Kommentare zu den Sutras und Tantras. Diese Taten sind mit Buddhas zweiter Drehung des Dharma Rades vergleichbar.
Nagarjunas dritte Periode glückverheißender Taten fand gegen Ende seines Lebens statt. Auf Anraten Taras kehrte er nach Südindien zurück und verweilte an einem Ort namens Berg Pracht. Dort gab er weitere ausführliche Unterweisungen zu den Sutras und Tantras und verfasste viele weitere Schriften. Diese Schriften, bekannt als die Sammlung von Lobpreisungen, beinhalten Werke wie Lobpreis des Dharmadhatu, Lobpreis des Überweltlichen, Lobpreis des Unvorstellbaren und Lobpreis des Endgültigen. Diese Taten sind mit Buddhas dritter Drehung des Dharma Rades vergleichbar.
Es ist unmöglich, in einem solch kurzen Bericht dem Leben und Werk Nagarjunas auch nur im Ansatz gerecht zu werden. Er widmete sein Leben voll und ganz der Wiederbelebung des Mahayana Dharma und dem Erhalt der Mahayana Sangha. Um dies zu erreichen, gab er überaus fruchtbare Unterweisungen, verfasste viele Bücher über Sutra und Tantra und vollbrachte zahllose andere außerordentliche Taten. Wie im Sutra Nach Lanka gegangen erwähnt wird, hatte Nagarjuna die Verwirklichung der ersten Bodhisattva Ebene, «Sehr Freudvoll» genannt, erlangt. Dann schritt er weiter fort und erreichte schließlich das Land der höchsten Glückseligkeit der Erleuchtung.
Shawari war ein Schüler Nagarjunas. Vom Standpunkt gewöhnlicher Erscheinung war er ein Jäger. Er erhielt jedoch von Nagarjuna Ermächtigung und Unterweisungen zu Heruka und übte sie aufrichtig am Berg Pracht, wo er Erleuchtung erlangte. Es heißt, dass diejenigen, die reines Karma haben, Shawari sogar bis zum heutigen Tag dort sehen können.
Prinz Luyipa war Shawaris Hauptschüler. Am zehnten Tag eines jeden Monats pflegte er auf einen Friedhof zu gehen, um zu meditieren. Als er eines Tages dort ankam, sah er eine Gruppe von Männern und Frauen, die ein Picknick machten. Eine der Frauen gab ihm ein Stück Fleisch, das er aß, wodurch sein Geist gesegnet und augenblicklich von gewöhnlicher Erscheinung gereinigt wurde. Er erlangte eine Vision von Heruka und Vajrayogini und erkannte, dass die Männer und Frauen in Wirklichkeit Helden und Heldinnen waren. Während er auf dem Friedhof war, erhielt er direkt von Heruka Unterweisungen. Da Luyipa ein Heruka Praktizierender war, stand er unter der Obhut der Helden und Heldinnen und erlangte große Verwirklichungen, einfach indem er das Stück Fleisch kostete, das ihm eine Emanation Vajrayoginis gab.
König Darikapa erhielt Ermächtigung und Unterweisungen zu Heruka von Luyipa, der vorhersagte, dass Darikapa schnell Erleuchtung erlangen würde, wenn er sein Königreich aufgeben und sich in der Praxis von Heruka und Vajrayogini sehr bemühen würde. Darikapa verließ sofort seinen Palast, wanderte als Bettler von Ort zu Ort und widmete sich bei jeder Gelegenheit der Meditation. In einer Stadt in Südindien traf er eine wohlhabende Kurtisane, die eine Emanation Vajrayoginis war. Die Frau besaß eine große Villa, in der er zwölf Jahre lang als ihr Diener arbeitete. Am Tag erledigte er alle niedrigen Arbeiten im und ums Haus und in der Nacht übte er Luyipas Anleitungen. Nach zwölf Jahren erlangte er die fünfte Stufe der Vollendungsstufe, die Vereinigung des Noch-Lernens. Es heißt, dass Darikapa und das ganze Gefolge der Kurtisane von vierzehntausend Menschen das Reine Land Keajra erlangten. Dies geschah, weil Darikapa ein reiner Heruka Praktizierender war und deshalb jeder, der ihn sah oder berührte, die Ursache erschuf, in Herukas Reinem Land wiedergeboren zu werden.
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