Aber ihre Ankunft blieb nicht unbemerkt. Satanael hatte Späher gesandt, um dieses Tor zu bewachen und allfällige Bewegungen zu melden. Nun war es endlich soweit! Der Feind war gekommen. Nun konnte man anfangen seine Streitkräfte zu mobilisieren und sie auf diesen Ort zu konzentrieren. Allem Anschein nach war dieser Platz der Austragungsort jener epochalen Schlacht. Und so begann Satanael ebenfalls seine Truppen zusammen zu ziehen. Bald war man kampfbereit und es konnte beginnen.
Die himmlischen Heerscharen brachten sich ebenfalls in Position. Es dauerte ganze vier Tage, bis sämtliche Streitkräfte das Tor passiert hatten. Nach Gabriel folgten Michael, Raphael und Uriel mit ihren Truppen, bevor man vollzählig war. Inzwischen hatte der Feind sich gezeigt, er versteckte sich in den angrenzenden Wäldern und hatte sie umzingelt. Zahlenmässig schienen sie ebenbürtig zu sein, aber die Stärke der Engel war unvergleichlich. Beide Parteien hatten die Stellungen des Gegners ausgekundschaftet und eine Strategie entwickelt. Keiner schien gegenüber dem Anderen einen grossen Vorteil zu besitzen. Denn auf Seiten der Gefallenen kämpften nicht nur die Rephaim, oder die Anakim. Auch Satanael und die Seinen, immerhin 200, würden am Gefecht teilnehmen. Während die Ersteren am Boden kämpften, würden sich die 200 eine heroische Auseinandersetzung mit ihren ehemaligen Brüdern in der Luft liefern. Beide konnten diesen Schlagabtausch kaum noch abwarten, nun wo man Feinde war. Und so würden 4 Erzengel diese Aufgabe übernehmen, wofür sie gesandt wurden. Ihr Zorn würde sich über sie entfachen und sie würden diese Engelsherrschaft bis auf die Wurzeln herausreissen, bevor man sie endgültig verbannen würde. Denn sie waren ein verzehrendes Feuer, entfacht, um das Heer der Hohen zu bestrafen. So verlangte es die Göttlichkeit. Und so brachten beide ihre Armeen in Position und warteten den ersten Schlagabtausch ab. Der Tag neigte sich dem Ende zu und die Sonne, rot gefärbt, versank hinter dem Horizont, um einen blutigen Morgen anzukündigen. Es war der Anfang vom Ende einer dunklen Tyrannei und einer gottlosen Ära, die Befeiung der Menschen konnte beginnen.
Kaum jemand brachte noch die Geduld auf, die Morgendämmerung zu erwarten. Endlich verschwand die Dunkelheit und wich dem Licht. Die Engel fühlten den Schmerz der Erde, verglichen mit der Göttlichkeit, war es ein Gefühl, das Widerstand erforderte. Man konnte das Gottlose spüren. Es war eine Präsenz, die man mit jedem Atemzug in sich aufnahm. Diese Welt war nicht für sie geschaffen, dennoch waren sie hier, um eine Mission zu erfüllen. Die vier Erzengel hatten sich beraten und entschlossen, selbst gegen ihre ehemaligen Brüder zu kämpfen. Man würde sie besiegen, festsetzen und binden. Diese Aufgabe durften wenige Auserwählte übernehmen, denn es war eine Ehre diese Dämonen zu besiegen. Aber es war ihnen nicht erlaubt, sie auszulöschen. Das Göttliche hatte andere Pläne mit ihnen. Alle anderen sollten die verbliebenen Streitkräfte bekämpfen. Für sie gab es keine Gnade, nur den Tod. Ihre leeren Hüllen würde man auftürmen und verbrennen, als Opfergabe dem Göttlichen. Kein einziger Knochen sollte von diesen gottlosen Kreaturen übrigbleiben. Nichts sollte mehr Zeugnis über ihre Existenz ablegen, hiermit hörte ihre Gegenwart auf. Und so bereiteten sie sich auf diese Auseinandersetzung vor. In wenigen Stunden würde es vorüber sein und die Erde wurde mit dem Blut der Gefallenen getränkt. Ein letztes Mal würden sie noch miterleben wie die Sonne am Horizont aufging und bevor sie wieder verschwand, würde es vorbei sein. Am nächsten Morgen waren sie alle tot. Dort wartete ihre neue Heimat auf sie, hinter dem Horizont, wo die Sonne nie aufging. Dann war es vollbracht, sie wurden von der Dunkelheit verschluckt. Ein Fussabdruck in der Geschichte, mehr würde nicht bleiben.
Auch Satanael hatte diese Fehde gut vorbereitet. Man konnte auch gewinnen, indem man ein Gefecht verlor. Denn er hatte noch ein weiteres Schlachtfeld vorbereitet. Doch hier, an diesem Morgen, würde er mit all seinen Brüdern, den Rephaim und den Anakim stolz in den Tod gehen und dabei so viele wie möglich mit sich reissen. Die Rephaim waren den Engel durchaus ebenbürtig, was ihre Schnelligkeit und Gewandtheit betrafen, nur konnten sie nicht fliegen, doch das war auch nicht notwendig. Was die Anakim anging, war Satanael neugierig, wie die Erzengel dieses Problem lösen wollten. Aber dies war kein Krieg, den man über Monate führte, das Göttliche war all dem weit überlegen, abgesehen von einer finalen Auseinandersetzung hätte alles andere wenig Sinn gemacht. So konnte man wenigstens noch Geschichte schreiben, indem man einen Kampf inszenierte, der seinesgleichen suchen würde. Bewusst hatte er die erste Generation, die Gottmenschen und die einfachen Menschen selbst nicht in diesen Kampf geführt. Sie hatten keine Chance gegen einen Engel. Ihre Aufgabe würde eine andere sein. Satanael wusste sehr genau, wie das Göttliche vorgehen würde. Darum hatte er seine Kinder und die Menschen damit beauftragt, die Städte zu verteidigen. Denn sobald diese Verteidigungslinie ausgelöscht war, wäre es die Aufgabe der Engel, die Städte zu säubern. Sie würden sicherlich alle umbringen, welche keine Seele besassen. So war nun mal ihr Auftrag. Und das war eine Grausamkeit, welche die Menschen ihnen so leicht nicht verzeihen würde. Das Göttliche würde es nach diesem Krieg schwer haben, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und auch wenn ihm nur wenige Treue übrigblieben, wären das genug, um die Glut am glimmen zu erhalten. Seine Stunden mochten gezählt sein, aber aus seiner eigenen Asche würde er wiederauferstehen, denn er hatte weit über sein Scheitern hinausgeplant.
So eröffnete Satanael an diesem sonnigen Morgen die Schlacht. Er und seine 200 flogen dem Feind entgegen. Die Erzengel taten das Gleiche und so stand man sich in der Luft gegenüber. Niemand anders hätte sie auseinanderhalten können, erhaben strahlten ihre Flügel und zeugten von der Göttlichkeit.
„Man hätte euch brennen lassen sollen, wie einst Samael, dann wäre eure wahre Schönheit für die Menschen offensichtlich gewesen!“, fing Gabriel an, „vielleicht wäre dann all das nicht geschehen.“
Satanael konnte darüber nur lächeln: „Es war nicht das Ziel meinen Willen zu brechen, im Gegenteil. All das entspringt meinem freien Willen. Wenn der Mensch nicht so schwach gewesen wäre, hätte es diese Demonstration nicht benötigt. Hätten wir gebrannt, hätte es nur eine weitere Hölle gegeben!“
„Dennoch habt ihr es versucht.“
„Dies war nur der Anfang, ihr kennt nicht die Sehnsüchte meines schwarzen Herzens! Noch mögt ihr lächeln, aber es wird eine Zeit kommen, da werdet ihr nie wieder lachen. Die Menschen werden euer Untergang sein, sie tragen den Willen nach der Zerstörung in sich.“
„Wir werden sie von euch befreien und ihnen zeigen, dass sie im Gegensatz zu euch erlöst werden können.“
„Sie streben nicht nach Erlösung, was sie wollen ist, was der Himmel ihnen nicht geben kann.“
Nun lächelte Gabriel: „Mächtige Götter zu sein und die Hölle mehr zu lieben das Göttliche? Das Menschliche zu hassen und nach Unsterblichkeit zu streben?“
Das machte Satanael wütend: „Was der Himmel lehrt ist Schwäche und er raubt uns unsere Stärke und betrügt uns um unseren Ruhm! Niemand hat das Recht uns unser Erbe zu rauben!“
„Nicht umsonst ist er der Herr der Geister!“
Damit waren der Worte genug gewechselt, man hatte sich nichts mehr zu sagen. Der Kampf war eröffnet.
Hasserfüllt zeigte Satanael sein wahres Gesicht, er zückte sein Schwert und ging auf Gabriel los. Der Krieg hatte begonnen. Geschlossen traten die verfeindeten Gruppen gegeneinander an. Ein heftiger Kampf entbrannte am Himmel. Am Boden nahmen die Rephaim und Anakim dies als Zeichen zum Angriff. Von allen Seiten stürmten sie auf die Engel, welche sich in der Mitte befanden, zu. Die Engel hatten sich kompakt um das Tor positioniert und warteten den Schlagabtausch ab. Sie ließen die Gegner näherkommen, um deren Linien dicht zu halten. Im letzten Moment erhob sich die erste Reihe der Engel, welche am Boden kämpften, in die Lüfte, um im Rücken der Rephaim eine zweite Front zu bilden. Die zweite Schlachtreihe der Engel zückten ihre Schwerter und schon bei der ersten Bewegung, schlachteten sie die ersten Rephaims ab, welche zu nah aufgekommen waren. Letztere waren von diesem Manöver überrascht und nun fanden sie sich in einem Zweifrontenkrieg wieder. Ihre Schnelligkeit wurde ihnen zum Verhängnis. Sie prallten mit aller Kraft auf den Widerstand der Engel im Zentrum. Gleichzeitig musste ein Teil von ihnen sich umdrehen, um den Rücken der anderen abzusichern. Aber auch die Engel, welche die zweite Front eröffnet hatten, mussten nun gegen die Anakim antreten, welche deutlich langsamer als die Rephaims waren und ihnen nun zu Hilfe eilten. Diese riesigen Monster hatten eine grosse Reichweite und eine unglaubliche Stärke. Mit einem Streich vermochten sie mehrere Engel wie lästige Fliegen wegzuschleudern. Zudem versagten die Schwerter an ihrer harten Hülle. Somit war es bisher ein nicht ungleicher Kampf, obwohl die Reihen der Rephaims deutlich ausgedünnt wurden.
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