Die Menschen waren dankbar gegenüber Satanael und den Seinen, weil man sie als ebenbürtig behandelte und sie in Wahrheiten einweihte, welche elementar für ihre Handlungen waren. So sahen es die Menschen. Darum sah man die Zukunft der Menschen nicht im Himmel, sondern auf Erden. Es hatte sich die Meinung durchgesetzt, dass der Mensch unabhängig sein sollte, egal gegenüber wem. Satanael hatte viele Geheimnisse offenbart und damit das Denken der Menschen enorm beeinflusst. Denn genauso wie er gepredigt hatte, benötigte der Mensch den Himmel nicht. Sein Geist konnte ewig von Leben zu Leben auf der Erde wandeln. Darum war es ihre Aufgabe das Leben aller zu verbessern, damit die Geburt keine Strafe mehr sein konnte. Auf diese Worte Satanaels hörten die Menschen. Man hatte es selbst in der Hand die Argumente des Gegners zu entkräften. Diese Unabhängigkeit, nach der die Menschen genauso wie Satanael trachteten, konnte erreicht werden. Natürlich wollte niemand sich versündigen, nicht wegen dem Göttlichen, sondern allein wegen dem Gedanken an die gemeinsame Zukunft. So konnte man ein gutes Leben in Freiheit führen. Keiner verstand, warum diese edlen Gedanken wider dem Göttlichen sein sollten. Dies blieb wohl ein Geheimnis, das niemand offenbaren konnte. Doch all das, sprach Satanael, war momentan noch eine ferne Zukunft. Solange die Grausamkeit der natürlichen Evolution noch eine Notwendigkeit war, konnte man nicht viel beitragen als das Leid auszuhalten. Aber irgendwann würden die Menschen zurückblicken und dankbar sein, für jene Opfer, die man in dieser dunklen Zeit für sie erbracht hatte. So schwor er sie auf den kommenden Krieg ein.
All das blieb den Erzengeln nicht verborgen und ihr Zorn wurde immer grösser. Die Menschen vergassen, dass sie noch eine Seele besassen und würden sie auf diesen Pfaden wandeln, sie diese unweigerlich verlieren würden. Momentan mochten sie die göttlichen Gaben ablehnen, aber ohne eine Seele, konnten sie auch ihr bisheriges Leben nicht führen. Eigentlich war die Seele dazu gedacht gewesen, dem Geist zu helfen, den Weg des Göttlichen zu finden und ihn zu gehen, damit seine Zukunft im Himmel war. Auf das Irdische bezogen, war die Seele für das Lebensglück zuständig, die sich durch die göttlichen Attribute wie Liebe, Mitgefühl oder Freude ausdrückte. Aber momentan wandelten die meisten Menschen in einer Grauzone, ohne zu bemerken, was sie aufs Spiel setzten. Denn Satanael, die Seinen und ihre Nachkommen verheimlichten ihnen, was sie selbst opfern mussten, nur um diese Macht über die Welt zu erlangen. Sie konnten nichts von dem empfinden, was die Menschen als Leben definierten, sie selbst waren lediglich Imitationen. Sie waren bereit diesen Preis der Freiheit zu bezahlen, aber es war fraglich, ob die Menschen diese Entscheidung bewusst treffen würden. Die Logik war eine grössere Waffe als die Lüge, aber das erkannten die Menschen nicht. Denn man konnte sich auch versündigen, ohne eine Sünde begangen zu haben. Aber in Satanaels Vorstellung des Paradieses, konnte man seine Hände in Unschuld waschen. Dies war einer seiner zahlreichen Fehden mit dem Göttlichen und das Schicksal der Menschen sollte als Beweislast dienen. Denn wo war die Sünde, wenn man jemanden nicht vor dem Ertrinken rettete? Man musste die göttlichen Gaben ablehnen können, ohne dass es sogleich Sünde war. So sah er das. Und es war eines seiner grössten Ziele, sein Rechtsempfinden auf die Menschen zu übertragen. Und bis jetzt hatte er Erfolg.
Satanael hatte die Menschen durch und durch verdorben, es war fraglich, ob der Befeiungsschlag noch rechtzeitig kommen würde. So sahen das die Erzengel. Über den Sieg, über die Widersacher, machte man sich keine Sorgen, der war Gewiss. Ausserhalb des Himmels gab es keine schlagkräftige Armee, die es mit Dieser hätte aufnehmen können. Man war zahlenreich überlegen, egal wie viele Rephaims sie noch züchteten in dieser kurzen Zeit, die ihnen noch blieb. Das Problem waren die Menschen. Längst war die Erinnerung ausgestorben, welche Pracht und Herrlichkeit der Himmel darstellte und welche Erlösung er für Seele und Geist war. Dieser tiefe Friede und Dankbarkeit, die mit nichts anderem verglichen werden konnten. Satanael hatte es vollbracht, dass die Menschen das Leben mehr liebten, als die Ewigkeit. Er zeigte ihnen auf, was es dort alles nicht gab und sie verglichen es mit den Erfahrungen, die sie im Leben gemacht hatten. So war die Ablehnung des Göttlichen entstanden. Dies war eine bizarre Situation, als müsste das Göttliche sich den Menschen aufdrängen und betteln, damit sie sich für den Himmel und nicht die Dunkelheit entschieden. Doch so funktionierte das Spiel des Lebens nicht. Die war wohl in vielerlei Hinsicht eine verlorene Generation. Dennoch musste man zu Gunsten der Menschen sagen, dass man sie hilflos zurückgelassen hatte. Niemand zeigte ihnen auf, wie sie den Weg in den Himmel fanden, trotz dieser Umstände, unter dem Einfluss Satanaels. Dennoch gab es immer noch Gerechte unter den Menschen, die trotz aller negativen Folgen für ihr Leben, dem Göttlichen die Treue hielten. Aber Satanael wusste wie mit den Wahrheiten umzugehen und so erschien jegliches Leid den Menschen wie der Wille des Göttlichen. Die Ursache spielte keine Rolle mehr.
Rahaels Entscheidung den Gottmenschen bedingungslos zu dienen, forderte langsam seinen Preis. Keine Nacht verging mehr, ohne dass ihn Albträume plagten und am Tag forderte sein Gewissen seinen Tribut. In beiden Welten war er ein geplagter Mann, denn seine Seele hatte ihm den Krieg erklärt. Er hatte sich für ein Leben entschieden, indem er alles Göttliche ablehnte und versuchte, das Menschliche zu überwinden. Noch immer war er fester Überzeugung, dass dieser Leidensweg notwendig war, um sich selbst zu erhöhen. Das Leben war der Manipulation durch das Göttliche ausgesetzt, das entscheiden wollte was richtig und was falsch, was belohnt und was bestraft werden sollte, ohne dabei Rücksicht zu nehmen, was der menschliche Geist dabei fühlte und dachte. Nach seinem Empfinden, war das wider die Natürlichkeit des Menschen, eine Form der Umerziehung und Auslöschung seines ursprünglichen Ichs. Als ein Prophet, hatte er auf dem Fundament der Logik, all diese Falschheit aufgezeigt und was nun folgte, war nur folgerichtig. Strafe durch Leid. Doch was weder bei Samael, oder Satanael funktioniert hatte, würde auch bei seinem Willen kein Erfolg haben, wenn das die einzige Antwort war, die dem Göttlichen einfiel. Satanael lehrte, dass es mit Schmerzen verbunden war, sich selbst zu befreien, es gab nur den einen Weg, der zu ihm führte. Aber was er hinter sich hatte, würden andere zwangsweise vor sich haben. Obwohl er eine Seele besass, hatte er nie Anteil an den göttlichen Gaben, genauso besaß er nie jene menschlichen Schwächen. Rahael dankte dem freien Willen und war der festen Überzeugung, auch die Seele noch zu überwinden und darum hielt er daran fest. Trotz des Leides, das diese Entscheidung mitbrachte. Er würde jenes blühende Beispiel werden, das bewies, dass der Mensch stärker als das Göttliche sein konnte. Die Natur siegte und spätestens in seinem nächsten Leben, würde er frei sein und dann war sein Wille geschehen.
Die Rephaim entwickelten sich prächtig, aber sie zeichneten sich durch eine gewisse Brutalität gegenüber den Menschen aus. Ihr Durst nach Blut schien unstillbar. Anfangs wollte man ihnen die verbliebenen Gerechten als Nahrungsquelle anbieten, doch es hatte sich herausgestellt, dass die Rephaim deren Blut nicht trinken konnten. Irgendwie schien es für sie vergiftet zu sein. Darum musste eine andere Lösung gefunden werden. Es durfte nicht geschehen, dass die Ordnung durch ihre Wildheit zerstört wurde. Deswegen wurde ein neues Gesetz erlassen, das vorsah, entwertetes Leben nicht durch die Gnade zu erlösen, sondern ihnen den Märtyrertod zu ermöglichen. Doch dazu mussten strengere Richtlinien eingeführt werden, um das Angebot der Nachfrage anzupassen. Ein Komitee war unter der Leitung Rahaels gegründet worden, das mitbestimmen sollte, welche genetischen Charakteren es in der Zukunft nicht mehr geben sollte. Unter dem Begriff veraltet, fiel alles, was zu ausgeprägt war, wie etwa Kleinwüchsigkeit, Asymmetrie, oder ein urtümliches Aussehen. Eine weitere Idee, welche man bei Bedarf einsetzen konnte, war die Dezimierung des Überflusses. Wenn es zu viele Menschen mit schwarzen Haaren gab, konnte man auch dort ansetzen, um die Zukunft harmonisch zu gestalten. Aber um das erfolgreich auszuführen, benötigte das Komitee eine schlagkräftige Einsatztruppe, mit den Fähigkeiten, sich durchzusetzen. Dabei konnten die Rephaim eine grosse Unterstützung sein, da sie in allem überlegen waren. Somit wurden sie zu Ordnungshütern ernannt. Dennoch würde man die Hilfe des Volkes benötigen, um diese Entschlüsse auszuführen, weil man annahm, dass nicht alle sich kooperativ zeigen würden. Anfänglich mochte das noch kein Problem sein, aber sobald der Bedarf weniger wurde, konnte es schwierig werden.
Читать дальше