Wir sollten sie als den wirklichen, lebendigen Vajrasattva und seine Gefährtin ansehen. Ihre Körper sind die Synthese aller Sangha-Juwelen, ihre Rede ist die Synthese aller Dharma-Juwelen, und ihr Geist ist die Synthese aller Buddha-Juwelen. Sie sollten etwa acht Zentimeter über unserem Scheitel und idealerweise etwa fünfzehn Zentimeter groß visualisiert werden; wenn dies aber schwierig für uns ist, können wir sie in der Größe visualisieren, die für uns die angenehmste ist.
Das Mantra rezitieren hat drei Teile:
1. Das Mantra, das rezitiert wird
2. Wie die Rezitation mit der Reinigung vereint wird
3. Der Abschluß
DAS MANTRA, DAS REZITIERT WIRD
Es gibt vier Arten von Hundert-Buchstaben-Mantras: das Hundert-Buchstaben-Mantra von Heruka, Yamantaka, Vajrasattva und der Päma-Linie. Die vier Mantras sind zum größten Teil gleich, der Hauptunterschied besteht im Namen des Yidams zu Beginn des Mantras. Somit rezitieren wir im Hundert-Buchstaben-Mantra von Heruka OM VAJRA HERUKA SAMAYA . . . und so weiter; im Hundert-Buchstaben-Mantra von Yamantaka rezitieren wir OM YAMANTAKA SAMAYA . . . ; im Hundert-Buchstaben-Mantra von Vajrasattva rezitieren wir OM VAJRASATTÖ SAMAYA . . . ; und im Mantra der Päma-Linie rezitieren wir OM PÄMASATTÖ SAMAYA .... Die verbleibenden Buchstaben des Mantras sind größtenteils identisch. In der Praxis von Heruka und Vajrayogini rezitieren wir das Hundert-Buchstaben-Mantra von Heruka.
Im allgemeinen haben Vajrasattva und Vajradhara die gleiche Natur, sie unterscheiden sich nur in Gestalt, Farbe und Schmuckstücken. Das gleicht einer Person, die verschiedene Aspekte ihrer Natur durch das Tragen von unterschiedlichen Kleidern ausdrückt. Im Guhyasamaja-Tantra sagte Vajradhara, daß es hundert Buddha-Familien gibt. Diese hundert Familien können zu fünf zusammengefaßt werden; diese können zu drei zusammengefaßt werden; und diese können zu einer zusammengefaßt werden: Vajradhara oder Vajrasattva. Das Hundert-Buchstaben-Mantra symbolisiert die hundert Buddha-Familien und besitzt die gleiche Natur wie diese Familien.
WIE DIE REZITATION MIT DER REINIGUNG VEREINT WIRD
Wie die Rezitation mit der Reinigung vereint wird hat zwei Teile:
1. Die allgemeine Erklärung
2. Die Reinigung in sieben Durchgängen
Um die Rezitation des Mantras mit der Reinigung verbinden zu können, müssen wir zuerst ein starkes Gefühl des Bedauerns für alle negativen Handlungen, die wir in diesem und in unzähligen, früheren Leben begangen haben, entwickeln.
Wie bereits erwähnt, sind alles Unglück, jede Angst, alle Probleme, Gefahren und unerfüllten Wünsche das Ergebnis unserer schädlichen Handlungen. Wie erschaffen negative Handlungen Leiden? Nehmen wir als Beispiel eine einzelne Handlung des Tötens. Diese Handlung wird zu vier Auswirkungen großen Leidens führen. Die reifende Auswirkung wird sein, daß wir in einem unglücklichen Bereich wiedergeboren werden. Die Umweltauswirkung wird beispielsweise sein, wenn wir als Menschen wiedergeboren werden, daß unser Geburtsort und unser Lebensbereich sehr arm und unfruchtbar sein werden, und wir werden vielen Gefahren und Problemen ausgesetzt sein. Die Erfahrung ähnlich der Ursache wird beispielsweise sein, daß unser Körper häßlich und deformiert sein wird, wenn wir eine menschliche Form annehmen. Wir werden viele körperliche Schmerzen erdulden müssen, und unsere Lebensspanne wird kurz sein. Die Neigung ähnlich der Ursache wird schließlich sein, daß wir in zukünftigen Leben eine natürliche Neigung zum Töten haben werden, uns am Jagen, am Krieg usw. erfreuen. Diese Impulse werden immer wieder dazu führen, daß wir die Ursachen, in niederen Bereiche wiedergeboren zu werden, erschaffen. Alle nichttugendhaften Handlungen, auch die kleinsten, produzieren diese vier großen Leiden.
Wie sehr wir uns auch wünschen, spirituell weiterzukommen, es wird schwierig sein, irgendeinen Fortschritt zu machen, solange wir diese negativen Handlungen nicht gereinigt haben. Durch das Betrachten der Fehler und Gefahren der negativen Handlungen entwickeln wir starkes Bedauern und fassen den festen Entschluß, in der Zukunft keine negativen Handlungen zu begehen. Wir halten dieses Bedauern und diesen Entschluß in unserem Geist fest, nehmen dann Zuflucht zu Guru Vajrasattva über unserem Scheitel und betrachten ihn als die Synthese der Drei Juwelen. Wir erinnern uns an die Worte Shantidevas im Leitfaden für die Lebensweise eines Bodhisattvas:
Aber ich könnte sterben, bevor ich
Alle meine Negativität gereinigt habe;
O bitte beschützt mich, damit ich
Sicher und schnell von ihr befreit werde.
Wir flehen Vajrasattva im Geiste an:
Bitte, beschütze mich und alle fühlenden Wesen vor den Gefahren der negativen Handlungen und ihren Wirkungen.
Dann rezitieren wir das Mantra. Zuerst visualisieren wir auf einem Mondkissen bei Vater Vajrasattvas Herzen einen weißen Buchstaben HUM, der vom weißen Hundert-Buchstaben-Mantra im Gegenuhrzeigersinn umgeben ist. Alle Buchstaben strahlen Licht aus und haben die Weisheitsnatur Guru Vajrasattvas. Die hundert Buchstaben des Mantras sind untrennbar von den hundert Buddha-Familien. Während wir das Mantra rezitieren, bitten wir Vajrasattva im Geiste, uns und alle Lebewesen vor dem Elend unserer negativen Handlungen und deren Auswirkungen zu beschützen.
Damit diese Reinigungspraxis wirksam ist, müssen wir auf korrekte Weise die vier Gegenkräfte anwenden: das Bedauern für die negativen Handlungen, die wir in der Vergangenheit begangen haben, ist die Kraft der Zerstörung; der Entschluß, die Handlung nicht zu wiederholen, ist die Kraft des Versprechens; die Zufluchtnahme zu Guru Vajrasattva ist die Kraft des Vertrauens; und das Rezitieren des Mantras ist die Kraft der Gegenkraft.
DIE REINIGUNG IN SIEBEN DURCHGÄNGEN
Wir können die Mantra-Rezitation mit der Reinigung in sieben Durchgängen vereinen. Diese sind:
1. Das Vertreiben der Negativität von oben
2. Das Vertreiben der Negativität von unten
3. Das Zerstören der Negativität beim Herzen
4. Die Reinigung durch das Erhalten der Vasenermächtigung
5. Die Reinigung durch das Erhalten der geheimen Ermächtigung
6. Die Reinigung durch das Erhalten der Weisheits-Mudra-Ermächtigung
7. Die Reinigung durch das Erhalten der Wortermächtigung
Die ersten drei sind allgemeine Übungen und die verbleibenden vier sind Übungen, die einzig im Höchsten Yoga-Tantra zu finden sind.
DAS VERTREIBEN DER NEGATIVITÄT VON OBEN
Wir beginnen den ersten Durchgang der Meditation, indem wir uns das Gefühl des Bedauerns und den Entschluß, in der Zukunft keine negativen Handlungen zu begehen, in Erinnerung rufen. Dann richten wir unsere Aufmerksamkeit auf das Hundert-Buchstaben-Mantra bei Guru Vajrasattvas Herzen und entwickeln starkes Vertrauen in Guru Vajrasattva und die Kraft seines Mantras. Wir rezitieren das Mantra siebenmal oder mehr, verbal oder im Geiste, und stellen uns dann vor, daß weißes Licht und Nektar aus den Buchstaben des Mantras herabströmen. Sie treten beim Vereinigungspunkt von Guru Vajrasattva Vater und Mutter aus und treten durch den Scheitel in unseren Körper ein. Wir visualisieren alle unsere negativen Handlungen und Verblendungen in der Form von rußiger Flüssigkeit, alle unsere Beschwerden und Leiden in der Form von Eiter, Blut und Schleim und alle Hindernisse durch Geister in der Form von Schlangen, Spinnen und Skorpionen. Während sich unser Körper mit Licht und Nektar füllt, stellen wir uns vor, daß alle diese Unreinheiten aus dem oberen Teil unseres Körpers hinuntergedrückt werden und durch unsere unteren Tore austreten. Sie versinken in der Tiefe der Erde, wo sie in den Mund des Herrn des Todes eintreten. Wir stellen uns vor, daß er vollauf gesättigt ist. Unser Körper füllt sich mit Weisheitslicht und Nektar und verwandelt sich in einen Lichtkörper, frei von allen Fehlern wie Krankheit, Altern und Tod. Wir meditieren einsgerichtet über diesen reinen Lichtkörper.
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