Mefilux freute sich riesig darüber, dass er seinen Vater mit Engelszungen überreden konnte, ihn beim Spuk am Elfenfest mitmischen zu lassen Konfilux hatte sich dafür verbürgt, ihn als Jüngsten unter seine Fittiche zu nehmen, und das nun schon ein zweites Mal
Erstmals fühlte sich Mefilux als vollwertiges Mitglied im Kreise der Nagajennen und den großen Jungen ebenbürtig, von denen er sich oft ausgestoßen fühlte, ließen sie ihn doch deutlich spüren, dass er als Halbelf nicht richtig dazugehörte, obwohl sein Papa, der auch schon kein reiner Nagajenne war, sich zum Chefspion Nagajanas hochgearbeitet hatte.
Mefilux seufzte abgrundtief. Er konnte so vieles nicht verstehen.
Warum ließ er sich vor den Karren eines Tyrannen spannen, und weshalb ließ dieser fürchterliche Leuteschinder nichts auf seinen Vater kommen? Wie konnte seine Elfenmutter, an die sich Mefilux kaum entsinnen konnte, ihn auf der Schattenburg aufwachsen lassen?
Ihre heimlichen Besuche, die er als kleines Kind immer sehr genossen hatte, waren mit der Zeit leider immer seltener geworden, bis sie schließlich ganz ausblieben. Er wagte sich nicht einzugestehen, dass er sie schmerzlich vermisste und sich nach ihren Liebkosungen sehnte, obwohl er hin und wieder recht lebhaft von ihr träumte. Doch blieb ihr Gesicht im Dunkeln.
Mefilux fand auf der Schattenburg leider keine Freunde.
Sein gelblicher Teint hatte ihm den Spitznamen „alter Chinese“ eingebracht, und es freute die Nagajennen Jungen diebisch, wenn er sich darüber ärgerte.
Warum waren sie so gemein zu ihm?
Er wurde wie ein Kleinkind behandelt und zum Weichei abgestempelt.
Zu seinem Kummer wirkte er mit seinen drei Jahren immer noch wie ein Riesenbaby.
Dabei aß er nicht übermäßig viel. Sein Kugelbäuchlein und die Speckfalten an den Gelenken mussten angeboren sein. Aber an seinen Proportionen war nichts auszusetzen, und sein rundliches Gesicht könnte man als hübsch bezeichnen. Große, hellbraune Mandelaugen worin der Schalk nur so blitzte, ließen die Stupsnase und das Schmollmündchen zurücktreten.
Den widerborstigen hellen Rotschopf bändigte ein Bürstenhaarschnitt, der die großen Spitzohren freiließ, womit sich herrlich wackeln ließ.
Heute Abend hatten Mefilux und sein Vater Kontrax sich mit Holzkohle schwarz angemalt, so dass sie in ihren schwarzen Pelerinen kaum noch von den anderen zu unterscheiden waren.
Während Kontrax die Agenten in die Aktion auf der Elfenlichtung einwies, schwang sich Mefilux mit den Schattenjungen auf die Nachtalpen, hinein ins Vergnügen bei den Elfenclans.
Erstmals hatten dunkle Hexen den Nagajennen einen Zaubertrunk zum Schutz gegen die Helligkeit gemixt, die sich am längsten Tag des Jahres bis zum späten Abend hinzog.
Die meisten Elfenhäuser waren zwischen dicht beieinander stehenden oder dreigeteilten Bäumen mit geschlossenem Blätterdach zu finden, die von oben gut auszumachen waren.
Unter Anleitung der Großen suchten sie zuerst die Männerclans auf, wo die Jungen hausten. Mit den Nachtalpen drückten sich die Gruppen die Nasen an den Fensterscheiben platt, um sich Kinder zum Ärgern auszusuchen, während Große wie Konfilux dabei Schmiere standen.
Mefilux entschied sich spontan für den kleinen Sengor und später bei den Mädchen genauso rasch für die niedliche, stupsnasige Sangrina, die etwas jünger und dem Jungen ähnlich sah. Beide kamen ihm herrlich chaotisch und ungemein schreckhaft vor.
Seine Gruppe schlüpfte durch die Blätterdächer, und los ging der fröhliche Spuk!
Im Zickzack um die Elfenkinder flatternd klatschten ihnen die Nachtalpen die gefächerten Flügel um die Ohren, während die Jungen kopfüber ausgelassen an den Lampen schaukelten.
Es gab dabei die tollsten Lichteffekte wie bei einem Stroboskop.
Auf die Schultern der verschreckten Kinder springend ging der Spaß erst richtig los.
Beim Pferdspielen benutzten sie Haarbüschel der panisch Kreischenden als Zügel, um bei jeder Wendung daran zu reißen, sich gegenseitig überbietend in immer wilderem Galopp.
Als es ihnen über war, trieben sie mit den Nachtalpen am Boden den tollsten Schabernack. Herumtollend krochen sie durch Beine, schlugen dazwischen Purzelbäume und sammelten dabei Punkte fürs erfolgreiche Beinchen Stellen ein.
Die Grimassen, die die dunklen Jungen dabei schnitten, konnten einen das Fürchten lehren.
Gut, dass Mefilux das schon alles kannte!
War das ein Geheule und Gekreische! Es ging durch Mark und Bein.
Schließlich bildeten übereinander kullernde Elfenkinder am Boden ein schier unentwirrbares strampelndes Knäuel.
Es fehlt nicht mehr viel bis zum reinen Chaos.
Aber dann tauchten blitzartig wie aus dem Nichts Elfenväter auf und beförderten die Jungen am Schlafittchen unter Schimpftiraden achtkantig hinaus.
Seiner riss Mefilux so grob an den Haaren, dass er vor Schmerz aufschrie.
Aber die Schmiersteher, die die Jungen einsammelten, hielten sich auch hier zurück.
Später erklärten sie, sie wollten kein Aufheben machen, damit die Männer weiter zogen.
Gut, dass es ihnen wenigstens Nachtalpen auf der Flucht durch Flügelschläge heimzahlten.
Als Entschädigung für die erlittene Schmach erwartete sie dann bei den Elfenfrauen und ihren Mädchen ein ganz besonderes Vergnügen.
Die Mütter hatten sich beim Auftakeln fürs Fest so auf ihre Zauberkünste konzentriert, dass sie für alles ringsum blind und taub geworden waren.
Der Clou war, dass der Heidenlärm, den ihre Mädchen bei ihrem Auftauchen veranstalteten, sie so aus dem Konzept brachte, dass sie sich die unmöglichsten Fetzen herbei zauberten.
Was da alles angeflogen und sich gegenseitig in die Quere kam!
Das brachte die Mütter vollends aus der Fassung. Wie aufgescheuchte Hühner rannten sie herum, was die ohnehin verschreckten Kinder in Panik versetzte, ein Hochgenuss für alle Nachtgesellen, einschließlich Mefilux!
Weil die Mädchen, wie beabsichtigt, nicht pünktlich bei den Buchen abgeliefert werden konnten, breitete sich Aufregung unter den davor vergeblich warteten Betreuerinnen aus.
Als sie die Mütter endlich herbrachten, war ausnahmslos der Blick für ihre Anhängsel getrübt, die mit ihren Spähern den ausgesuchten Mädchen folgten, um die Schlafsäle aufzusuchen, wo ihre Jungen teils schon im den Betten lagen, um sie als erste mit Faxen zu beglücken.
Leider wollte es nicht gelingen, Elfen vom rechtzeitigen Aufbruch zum Weiher abzuhalten. Bei zweien fehlte nicht mehr viel, und zwar bei der völlig überdrehten Elfenamme in der Krippenbuche, wo Mefilux mitmischte, nebenan bei einer übereifrigen rothaarigen Kindergärtnerin, die als letzte dageblieben war.
Zu guter Letzt hatte ein hereinstürmender Elf hier und dort alle in die Flucht geschlagen.
Und ein anpreschender Windgeist, der ihn und die schussselige Amme aufnahm, dürfte bei dem Affentempo dafür gesorgt haben, dass sie rechtzeitig zum Treffpunkt kamen.
Früher als gedacht erreichten die Jungen hinterher auf den Nachtalpen die Elfenlichtung, wo sie schon von Erwachsenen erwartet wurden, die sie hinter die hohen Brenn-Nesseln im Birkenschatten winkten. Sein Papa winkte Mefilux beim Patrouillieren mit den Agenten zu. Die Zeit zog sich unendlich hin, bis die Elfenprozession eintraf, und es machte ihm wenig Spaß, den schrulligen Zwergen bis dahin beim Aufstellen der Bankreihen zuzuschauen.
Als die Elfenkönigin samt Gefolge in Sichtweite kam, verflüchtigten sich Papa und die Seinen ins nahe Dickicht, wo sich Andere bereits verschanzten.
Fast alle Nachtalpen flatterten auf die nächsten Birkenzweige und gingen in Lauschposition, im braunen Fell perfekt getarnt, während die Verwegenen zu den Ankömmlingen flatterten, um im Waldschatten um sie herumzuschwirren, zwar nicht im Zickzack wie die Irrlichter inmitten der vielen Glühwürmchen, aber auch, um den Elfen die Orientierung zu nehmen. Aber sie waren schon zu weit gekommen und der Schreck löste höchstens Stolperer am Waldeingang aus, und auf der Lichtung wurde es zu hell.
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