Steffi Becker
Wie ‚Waltzing Matilda‘ Australien schuf
Eine lebhafte Spurensuche nach der Geschichte Down Unders
Impressum
ISBN 978-3-86408-139-2 (epub) // 978-3-86408-140-8 (pdf)
© Vergangenheitsverlag, 2012 – www.vergangenheitsverlag.de
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Für meine Eltern, die nicht daran zweifeln, dass ihre Tochter irgendwann schon ihren Weg finden wird.
Für meine australische Seelenverwandte, die fast jeden Schritt auf roter Erde mit mir gemeinsam ging.
Und
für den einen Australier, der 16.000 Kilometer wie einen Katzensprung anfühlen lässt.
Inhalt
„Noch ein Reisebericht?!“
Vorwort
„Von Null an“
Australien für Einsteiger
„Wohin des Weges?“
Die Entdeckung des 5. Kontinents
„Aller Anfang ist schwer“
Die Anfänge als Strakolonie
„Ich bin dann mal weg“
Der Aufbruch der Pioniere
„Einer für alle, alle für Einen“
Die Föderation der Kolonien
„Lest we forget“
Die Bewährung in den Weltkriegen
„Men at Work“
Die Einwanderungsflut der Nachkriegsjahre
„God save the Queen“
Die Verbundenheit zum Mutterland
„Träum schön“
Das Verhältnis zu den Ureinwohnern
„I love a sunburnt country”
Nachwort
Quellen
„Noch ein Reisebericht?!“
Vorwort
Nein. Bestimmt nicht. Wer schon einmal wie ich in Australien herumgekurvt ist, weiß, dass es da draußen hunderte von Schreibwütigen gibt, die meinen, ihre Erlebnisse Gott und der Welt mitteilen zu müssen. Gerade Australien ist ein reinster Abenteuerspielplatz, wenn es um wahnwitzige Erfahrungen geht. Da kann ein Hobby-Tipper schon so einige Seiten mit füllen. Ein Blick bei Thalia oder Dussmann reicht aus, um das Land der Regenbogenschlange oder 100% Down Under zu erleben. Noch viel erschlagender ist das Internet. Wer will, kann wie auch immer, was auch immer und warum auch immer schreiben. Das alles nennt sich dann „Reise-Blog“ oder „Australien-Blog“ oder „Herman und Gertrude around the world“ – Blog. Versteht mich nicht falsch. In den Weiten des WWW lässt sich auch so mancher Beitrag von mir finden – auf Myspace genauer gesagt. Aber spätestens seit Facebook die soziale Netzwerkwelt erobert hat, surft dort eh keiner mehr herum.
Abb. 1: Einer der wenigen Momente, in denen ich mein Reisebuch füllte. Melbourne Airport.
Als mir die Frage durch den Kopf schoss, ob ich über meine Zeit in Australien schreiben wollte, kam die Antwort nur sehr schleppend – das geschieht bei mir gelegentlich. Während der zwölf Monate in diesem eigentlich unbeschreiblichen Land verfasste ich klägliche drei Blogs. Zwar trug ich eine Art Tagebuch mit mir herum, aber darin kritzelte ich eher aus Pflichtgefühl. Keine Ahnung, woran es lag – ich hatte in dieser Zeit kaum Lust, auch nur einen Tippfinger krumm zu machen. Freunde und Familie blieben also auf dem Trockenen und konnten sich nur mit Fotos zufrieden geben. Ich denke, die Auseinandersetzung mit dem Erlebten hat sich damals mehr in meinem Kopf abgespielt und wollte dort auch bleiben. Es gibt jene Momente, die man einfach nur mit sich selbst teilen möchte. Sicherlich gingen dadurch Erinnerungen verloren, die üblicherweise einen Reisebericht versüßen. Mein Gedächtnis war hoffnungslos geflutet. Allerdings hatten sich mir in der Zwischenzeit bereits ganz andere Ideen aufgetan.
Ich habe Geschichte studiert und würde es, wenn ich könnte, lebenslänglich tun. Aber das ist ein anderes Thema. Innerhalb der drei Universitätsjahre lief mir keine einzige Veranstaltung über den Weg, die sich mit der Vergangenheit Australiens auseinandersetzte. Nicht, dass ich damals danach gesucht hätte. Dafür war ich viel zu sehr in Martin Luther vertieft. Doch als ich den Australia Day – den australischen Nationalfeiertag – im Sommer 2011 miterlebte, begannen sich meine historisch veranlagten Fühler aufzurichten. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich in einer Kleinstadt namens Sea Lake in Victoria. Am Morgen des 26. Januars, einem drückend heißen Tag, versammelten sich etwa drei Dutzend Einwohner im Park gegenüber dem Pub, meinem damaligen Arbeitsplatz. Sie aßen Burger, jawohl zum Frühstück, sangen die Nationalhymne und hissten die Flagge, ehe eine ehemalige Bürgerin der Stadt das Gedicht ‚My Country‘ von Dorothea Mackellar 1vortrug:
I love a sunburnt country,
A land of sweeping plains,
Of ragged mountain ranges,
Of droughts and flooding rains.
I love her far horizons,
I love her jewel-sea,
Her beauty and her terror -
The wide brown land for me!
Abb. 2: “The wide brown land for me!”, Outback, New South Wales.
Mit Gänsehaut bestückt, kamen meine Gedanken am Ende des Vortrages ins Rollen. Wer sind diese Australier eigentlich und was für eine Geschichte nistet in ihren Köpfen? Um die Antwort darauf zu finden, bedarf es wahrlich keines neuen Wälzers. Es ist ein Einfaches, in die Bibliothek zu gehen und ein Buch über Australiens Vergangenheit heraus zu fischen. Ach wo! Ich denke viel zu altmodisch. Tippe einfach die Worte „Geschichte Australien“ bei Google hinein und schon erklärt Wikipedia dir die Welt (und wie sie dir gefällt). Außerdem lag es mir fern, mich in die seriöse Feldforschung zu stürzen und neue Thesen über die australische Geschichtsschreibung aufzustellen. Die Idee meines Buches ist es vielmehr, die etwas zu kurz geratene Vergangenheit Down Unders dank eigener Eindrücke in die Welt hinaus zu tippen. Mal nachdenklicher, mal süffisanter, mal nüchterner. Diejenigen, die Bill Bryson und seine Bücher, vor allem „In a sunburned country“, kennen, wissen, was sie erwartet. Ein bisschen weniger Reiseinformation, ein wenig mehr Geschichtsinput.
Wer also bitteschön ist nun diese ‚Waltzing Matilda‘? Ihr werdet schon sehen bzw. lesen. Rod Stewart kommt in diesem Buch jedenfalls nicht vor.
1Dorothea Mackellar, 1885-1968, war eine sehr erfolgreich schreibende australische Dichterin.
„Von Null an“
Australien für Einsteiger
Australien. Wohl ein Land wie kein anderes. Gut, letztendlich behauptet das jedes Land von sich. Aber nirgendwo sonst treffen auf Mutter Erde so viele Extreme aufeinander: der einzige Kontinent, der zugleich eine Nation und Insel ist, die geringste Bevölkerungsdichte, die älteste Landmasse, das flachste Land, der trockenste bewohnte Erdteil, die giftigsten Tiere ... Kein Wunder, dass die Engländer dieses andere Ende der Welt als einladende Alternative zu Gefängnis und Todesstrafe ansahen.
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