„Verdammt, verdammt, verdammt“, jammerte er während er es sich auf dem Sofa bequem machte und sich einen nach dem anderen genehmigte. Was sollte er nun tun? Reden würde sie nun wohl ganz und gar nicht mehr mit ihm. Er hatte es geschafft, - er hatte seine Chance vollends verspielt. Und so trank er die Nacht über die ganze Flasche aus und stellte sich immer wieder die gleiche Frage,- Warum Liebe denn so weh tat. Bis er völlig betrunken einschlief.
Wie konnte er ihr das antun. Eigentlich konnte es ihr ja egal sein, aber das war es nicht. Sie liebte ihn. Völlig fertig fuhr Emma durch die Gegend. Sie wollte weg, weit weg. Von hier, - von allem, am meisten aber von David. Sie fuhr raus aus der Stadt. Fuhr und fuhr. Doch irgendwann kam sie nicht weiter als sie merkte, dass ihr der Sprit ausging. Zum Glück hatte sie weiter hinten ein Schild gesehen, das ihr eine Tankstelle anzeigte. Emma tankte, bezahlte und fuhr dann weiter. Als es hell wurde, beschloss sie wieder nach Hause zu fahren. Flucht half ihr nicht. David hatte eine Nacht mit ihr gehabt. Hatte ihr ihre Jungfräulichkeit genommen und sie dann einfach ausgetauscht. So spielte das Leben. Es würden noch andere von dieser Sorte kommen. Zu Hause angekommen, fing sie jedoch bitterlich zu weinen an und stellte sich immer wieder nur eine Frage: Warum tut Liebe weh?
David wurde am anderen Morgen durch das Klingeln seiner Türglocke geweckt. Völlig desorientiert und mit tierischen Kopfschmerzen stand er auf und öffnete.
„Na endlich. Wieso schläfst du denn so lange? Ist doch sonst nicht der Fall.“
Will rollte in das Zimmer und schaute sich um. Da das Gebäude damals schon einen Fahrstuhl besaß, war es für ihn kein Problem auch in dieser Situation bei seinem Sohn vorbeizuschauen. David hatte ihn nur restaurieren und wieder funktionstüchtig machen lassen.
„Vater? Was machst du hier? Wie bist du hergekommen?“ fragte er nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte.
„Horst hat mich gefahren. Ich habe ihn wieder nach Hause geschickt, da du mich … David! Hast du diese Flasche da ganz allein getrunken?“ fragte er und zeigte auf die leere Cognac Flasche neben dem Tisch. David strich sich mit der Hand durch die Haare und machte ein seufzendes Geräusch.
„Spinnst du denn? Wann hast du das letzte Mal Alkohol getrunken?“
„Schon länger her“, antwortete er als er sich auf einen Stuhl setzte. Hinsetzten war genau das Richtige,- denn noch immer kreiste sein Kopf wie ein Karussell.
„Was machst du hier? Wenn du hier bist um mir Vorwürfe zu machen, die kann ich heute nicht ertragen. Ich habe wirklich andere Sorgen“.
„Das glaube ich gern“.
Davids Kopf schnellte in die Höhe, was nicht besonders gut tat.
„Vater lass ... Oh, entschuldige mein Kopf“.
Will schüttelte nur den Kopf.
„Das kommt davon, wenn man unbedingt saufen muss. Warum hast du dich überhaupt so zulaufen lassen? War was im Club?“
David winkte nur ab.
„Nein! Alles in Ordnung, aber ... ich will nicht drüber reden“.
„Na gut. Dann geh duschen, rasieren, trink eine oder besser zwei Tassen Kaffee und dann fahr mich ins Reha-Zentrum“.
„Ok!“, Gab David murrend von sich und verschwand im Badezimmer. Noch während David unter der Dusche stand und das Wasser über ihn prasselte wunderte er sich, warum sein Vater ins Reha-Zentrum wollte. Er konnte es nicht ausstehen! Und wo doch Emma … Emma! Das war der Punkt. Emma war nicht da! Er stellte das Wasser ab, rubbelte sich trocken, rasierte sich schnell und ging dann ins Schlafzimmer. Frisch kam er in die Küche, wo Will schon auf ihn wartete.
„Warum kommt denn Emma heute nicht?“
„Sag du es mir“.
„Ich? Woher soll ich denn das wissen? Ich bin nicht ihr Babysitter“.
Will schaute seinen Sohn an, wie er Kaffee in den Filter tat und immer unruhiger wurde.
„David, was ist vorgefallen? Was hast du gemacht?“ fragte er - doch David schüttelte nur den Kopf.
„Es kann nicht sein. Du musst was getan haben. Heute Morgen rief die Frau vom Zentrum an und meinte Emma kann nicht kommen. Sie wäre krank.“
„Emma ist krank?“ rief er alarmiert.
„Ich weiß es nicht. Gestern ging es ihr noch gut und heute … - Sag mir was ist passiert?“
„Ich habe es dir schon mal gesagt,- woher soll ich denn wissen? Ich habe sie seit Tagen - ach was seit Wochen, weder gesehen noch gesprochen.“
Moment! David wurde es ganz anders. Er erinnerte sich an den vergangen Abend, als sie in ihrem Wagen davon gerast war. Wenn sie nun einen Unfall hatte? Wenn sie verletzt ist? Wenn …
„Du hast nicht mit ihr gesprochen?Ich dachte sie wollte mit dir reden?“
„Wann?“
„Gestern. Sie wollte nach der Sitzung mit dir reden“.
„Verdammter Mist“, sagte er und knallte seine flache Hand auf die Arbeitsfläche.
„Jetzt weiß ich, warum sie da war. Ich habe sie gestern … Sie hat mich mit Chantal gesehen, - als wir uns geküsst haben. Scheiße.“
„Ja! Scheiße wäre das passende Wort dazu. Was hast du dir dabei gedacht. Du bist ein Trottel. Weißt du, wie sehr sie das verletzt haben muss? Hat sie denn mit dir gesprochen? Hat sie dich zur Rede gestellt? Hat sie dir gesagt, dass sie dich liebt?“
Er schaute seinen Vater an. Emma liebte ihn. - Sie liebte ihn. Und er hatte ihr weh getan. Wie in Trance schüttelte er den Kopf und gab ein leises „Nein“ von sich.
„Komm. Wir müssen ins Reha-Zentrum. Emma wollte heute eh dahin. Sie wollte die ersten Übungen mit mir machen.“
David parkte vor dem Eingang. Er beförderte seinen Vater in seinen Rollstuhl und schob ihn nach drinnen, während ihm alle Bediensteten hinterher schauten und ihm ein verlegenes Lächeln schenkten.
„Mach die Leute hier nicht verrückt. Die schauen ja schon ganz seltsam.“
David fing zu lächeln an.
„Was kann ich denn dazu, dass sie mir hinterher schmachten“, sagte er und drehte sich um,- wobei er bemerkte dass ihm zwei junge Auszubildenden hinterher und auf seinen Hintern sahen. Mit einem Lächeln und einem Zwinkern lief er weiter. Die Mädchen schmachteten daraufhin wie bei einem Jungstar.
„Weißt du eigentlich wo wir hin müssen?“ fragte David, als sie den Fahrstuhl bestiegen hatten. In dessen Inneren waren noch mal zwei junge Angestellte, die David von oben bis unten abcheckten.
„Ja! - In den Keller“, antwortete Will und sah die Mädels, dann seinen Sohn an der den Knopf UG drückte. David trug an diesem Tag eine ausgewaschene Jeans, die für Wills Geschmack an allen Stellen etwas zu eng saß und ein weißes T-Shirt, das auch mehr zeigte, als es eigentlich sollte. Wenn man als Frau hinsah, konnte man nicht nur erahnen, - sondern sich auch bildlich vorstellen, was sich darunter versteckte. Die Mädels schauten und grinsten, was David natürlich nur ermutigte weiter mit ihnen zu flirten, indem er sie immer wieder anlächelte.
„Hör auf damit. Wir sind nicht zum Spaß hier“.
„Jawohl, Herr General“, antwortete David, als sich der Fahrstuhl öffnete und die beiden hinausfuhren.
„Tschüss“, sagte David noch als sie gingen und hörte nur ein tiefes Aaahhhh als Seufzer aus dem Fahrstuhl heraus, was ihn zum Lächeln brachte.
„Kein Wunder das die alle dich anstarren als wärst du Frischfleisch. Du bist ja heute wieder angezogen - enger ging es nicht mehr“.
Doch desto mehr Will meckerte, desto bestätigter fühlte sich David.
„Jaja Vater“, grinste David, während er den Rollstuhl den Gang hinunter schob.
„Ahh, Sie sind wohl Herr Abraham. Freut mich, dass sie es doch her geschafft haben. Tut mir leid, aber Ihre Physiotherapeutin hat sich gestern krank gemeldet“.
Klara eine Kollegin Emmas nahm sich ihrer an und erklärte ihnen sie Situation.
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