1 ...7 8 9 11 12 13 ...46 In seiner Aufregung hatte Erif nicht bemerkt, dass sich ein Schatten über das Gesicht seines Freundes gelegt hatte. Erst jetzt fiel ihm dieser auf. Dneirf hatte die Lippen fest zusammengepresst und starrte zu Boden. Natürlich war Dneirf an Erifs Seite gewesen als die unschuldigen Frauen ihren Tod durch das Schwert des Hauptmannes fanden, auch wussten sie beide was für ein Mensch der Hauptmann war. Aber würde Dneirf sich eingestehen, was er schon längst wusste, so könnte er nicht weiter als Söldner arbeiten, da sein Innerstes sonst Schaden nehmen würde. Er würde es nicht schaffen. Dazu war er zu loyal und Loyalität war etwas außerordentlich Wichtiges für seinen Freund.
Erif taten seine Worte leid und er lenkte sofort mit ruhigerer Stimme ein.
„Lassen wir dieses Thema ruhen. Du bist also zu dem kleinen Waldstück geritten. Wie ist es danach weitergegangen.“
Das Gesicht seines Freundes hellte sich ein wenig auf.
„Ich bin in den Wald geritten und habe versucht den Ursprung des Feuers zu finden. Dadurch bin ich immer weiter vorgedrungen, bis ich eine Lichtung erkennen konnte.“
Erif schluckte. Damit meinte er offensichtlich die Lichtung, auf welcher der Kampf stattgefunden hatte. Bilder des Kampfes blitzten vor seinem geistigen Auge auf. Jedes von ihnen wurde von einem Stechen in seinem Kopf begleitet. Er drängt die Bilder zur Seite und versuchte sich wieder auf Dneirfs Worte zu konzentrieren.
„Als ich die Lichtung erreicht hatte, war ich mir ziemlich sicher, dass es dort passiert sein musste. Ich weiß zwar nicht genau was passiert war, aber dort musste es gewesen sein. Die Lichtung war riesig und überall lag Asche und geschmolzenes Eisen. Die Erde war komplett verkohlt und noch immer heiß. Wie ich mich dann genauer umgesehen habe, konnte ich einen nackten Menschen am Boden liegen sehen. Das warst du Erif.“
Erif zögerte kurz. Er dachte an den vermummten Gefangenen. Ob er wohl überlebt hatte. Und was war mit der feurigen Bestie geschehen. Wohin war diese verschwunden.
„Hast du… Hast du sonst noch irgendwen oder irgendwas dort gesehen?“
Dneirf musterte Erif neugierig.
„Nein, ich habe nur dich dort entdeckt. Ich habe dich danach in eine Decke gewickelt und dich hierher gebracht. Wen oder was hätte ich denn dort noch finden sollen?“
Erif seufzte. Der Gefangene, den er hatte befreien können, hatte wohl genauso wenig überlebt wie die Soldaten und auch die Kreatur war verschwunden. Hoffentlich griff sie keine weiteren Menschen an.
Er blickte zu seinem Freund und bemerkte, dass dieser ihn immer noch mit seinen blauenAugen fixierte.
„Erif, du weißt doch mehr. Du musst mehr wissen. Was ist dort geschehen? Bitte sag es mir.“
Bevor er auf Dneirfs Frage antwortete, versuchte Erif sich aufzusetzen. Unter großer Anstrengung schaffte er es diesmal. Sein gesamter Körper rebellierte mit Schmerzattacken, wie er sie noch nicht erlebt hatte. Nachdem er kurz seine Gedanken gesammelt hatte, begann Erif zu sprechen.
„Die Nacht begann wie jede andere. Ich wollte unter einer Weide nahe dem Revir die Nacht verbringen. Doch mein Hunger hatte mich geweckt. Als ich mich umblickte, fiel mir ein schwaches Licht zwischen den Bäumen des Waldes auf und weil…“
Erif konnte seinen Satz nicht zu Ende bringen. Ein Hustenanfall schüttelte seinen ganzen Körper. Er hielt sich die Hände vor Mund. Mit einem Mal wurden seine Schmerzen um ein Vielfaches schlimmer. Der Schwindel packte Erif und warf ihn zu Boden. Dneirf sprang auf und eilte zu ihm.
„Was ist los mit dir? Was ist?“
Am Boden liegend erblickte Erif seine Handflächen. Sie waren bedeckt von seinem dunklen Blut. Er fühlte sich als würde er brennen. Verzweifelt versuchte er zu sprechen, doch seine Stimme hatte ihm den Dienst versagt. Lediglich seine Lippen konnte er bewegen. Blut floss aus seinem Mundwinkel. Unter höllischen Qualen blickte er auf und konnte das bestürzte Gesicht seines Freundes sehen, der nun neben ihm kniete. Die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Plötzlich lief eine neue Welle von Schmerzen durch seinen Körper und raubte ihm sein Bewusstsein.
„Was ist geschehen?!“
Die Stimme des Landesfürsten schallte durch die lange steinerne Halle. Er war hochgewachsen, schlank und trug eine dunkelgrüne Robe, welche mit Gold bestickt war. Das lange, dunkelgraue Haar bedeckte seine Schultern und umrahmte sein von Wut verzerrtes Gesicht. Seine dunkelbraunen Augen fixierten kalt den Soldaten in schwarzer Rüstung, welcher ihm gerade die Nachricht überbracht hatte. Der Soldat war bei dem Schrei des Landesfürsten zusammengezuckt. Angst lag über seinem halbverbrannten Gesicht. Leise wiederholte er die Botschaft.
„Die ganze Einheit wurde vernichtet, mein Herr. Wir… Wir konnten den alten Mann zwar töten, doch er hatte einen Begleiter. Dieser hat den Stein zerbrochen und ein Vogel aus Flammen kam zum Vorschein. Der hat alle getötet. Nur ich konnte fliehen. Am Ende hat sich das Biest gegen seinen Befreier gewandt und ihn angegriffen. Dann ist es verschwunden und ich… bin davongelaufen.“
Das Ende des Satzes hatte der Soldat geflüstert.
Der Landesfürst rang um seine Fassung. Schließlich beruhigte er sich. Sein Gesicht nahm nun wieder normale Züge an. Falten hatten sich bereits in seine Haut gegraben.
„Ich verstehe. Sag mir. Ist der Begleiter des alten Mannes Tod?“
Der Soldat zögerte bevor er antwortete.
„Ich glaube schon. Er kann diesen Schlag unmöglich überlebt haben, aber…“
„Aber?“
Ungeduld schwang in der Stimme des Fürsten.
„Aber sein Körper blieb unversehrt. Er ist nicht zu Asche zerfallen, wie meine Kameraden, mein Herr.“
Wieder packte kalte Wut den Landesfürsten, doch diesmal ließ er sich nichts anmerken.
„Gut. Eine Sache noch, bevor du gehen kannst.“
Er machte einen Schritt auf den Soldaten zu. Dieser ging unwillkürlich einen Schritt zurück.
„Bleib doch stehen. Ich werde dir schon nichts tun. Ich brauche nur das Bild des unbekannten Mannes.“
Die Mimik des Soldaten entspannte sich etwas. Als der Landesfürst ihn erreicht hatte, legte er seine Hände an die Schläfen des Soldaten.
„Schließ die Augen und stell dir das Bild des Mannes vor.“
Der Soldat tat, wie ihm geheißen. Mit seinem Geist drang der Landesfürst in den Kopf des Mannes und nahm das Bild auf. Nun konnte auch er ihn sehen. Der Mann wirkte abgemagert. Er hatte dunkelbraunes Haar und hellbraune Augen. Das zerschlissene Gewand erinnerte an das eines Räubers oder Söldners. Mit dem Bild des Mannes drangen auch die Erinnerung an die Schlacht in das Bewusstsein des Fürsten.
Nun da er alles gesehen hatte, brauchte er den Soldaten nicht mehr. Ein heftiger Stoß dunkler Energie übertrug sich durch die Handflächen in den Kopf des Soldaten. Mit einem dumpfen Knall platzte sein Gehirn in seinem Kopf. Der Soldat gab einen kurzen schmerzerfüllten Schrei von sich bevor er ein paar Schritte zurücktaumelte und mit verständnislosem Blick auf dem weißen Marmorboden der Halle zusammenbrach. Blut floss aus seinen Ohren und Nasenlöchern und bildete eine Lache am Boden.
Der Fürst wandte sich angewidert von seinem Opfer ab und schritt zu dem langen Holztisch, welcher die Mitte des Raumes füllte. Der Tisch war ebenso wie die hölzernen Stühle aus feinstem Material hergestellt und mit kunstvollen Schnitzereien verziert. Auf einem der Stühle nahm der Landesfürst Platz und legte seine Arme auf den Tisch.
Seit er denken konnte war er hinter dem Stein und der damit verbundenen Macht her. Jedes Mittel war ihm Recht gewesen um an ihn zu gelangen. Wenn er daran dachte wielange er gebraucht hatte um den Aufenthaltsort des Steines herauszufinden und wieviel Kraft er darauf verwendet hatte einen Zauber zu entwickeln, welcher ihm die dem Mineral innewohnenden Kräfte verleihen würde. All das sollte nun um sonst gewesen sein?
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