»Hat der bei der Graffitiaktion nicht wieder nur dummes Zeug geredet? – Sag nichts, ich kanns mir schon denken!«
»Zuerst ja, dann gings aber. War eigentlich sogar ganz witzig«
»Gut, dass ich nicht dabei war.«
Sprechpause.
»Der ist halt etwas speziell, – und kifft zuviel. Okay, ja, er hat vielleicht sogar ein echtes Drogenproblem.«
»Genau spiel noch den barmherzigen Samariter, die Rolle passt zu dir«, spottete sie jetzt.
»Anne, mach dich mal locker.«
»Was denn, wenn der weniger kiffen würde, liefe es wahrscheinlich auch in der Schule besser. Die Lehrer merken das ja auch.«
Sie fuhren wie meistens zu ihr, weil sie da ungestört waren. Zwar nur juveniles Singlebett ein Meter mal zwei, aber spoon style war ihnen sowieso am liebsten. Anne hatte sich schon auf die Seite gedreht. Simon küsste sie auf Schulter und Nacken, legte seinen Arm auf ihre Hüfte und schmiegte sich an sie.
Er liebte ihren unregelmäßigen Haaransatz, ihre kleinen Ohren, den großen Po – ein bisschen wie die Schauspielerin Swenja Prinz – und auch ihr Gesicht, die herben, hanseatischen Züge, mochte er sehr. Es war spät geworden und sie schliefen schnell ein.
Marie ging zur gleichen Zeit mit Wut im Bauch ins Bett, zwei mal ein Meter, und trotzdem fielen auch ihr bald die Augen zu, komischerweise mit irgendwelchen Bildern von Simon Sternfeld im Kopf, Patrick war ihr grad egal.
Der wiederum blieb in dieser Nacht noch lange wach. War zu aufgedreht um einzuschlafen. Überlegte tatsächlich sie anzurufen. Hätte ihr aber nichts zu sagen gehabt und hatte es deswegen nicht gemacht. Zuvor auch wieder Nerv mit seiner Schwester, die sich wie üblich beschwerte: »Patrick, kannst du bitte den Fernseher leiser stellen? Patrick, ich kann dabei nicht schlafen!« Immer das gleiche Lied. Patrick dies und Patrick das.
Irgendwie ging ihm die Frau in letzter Zeit auch auf den Keks. Er hatte gedacht, die wäre cooler, halt so wie sie aussieht, arrogant und anders. »Wie man sich täuschen kann. Aber okay, im Bett gehts gut ab. – Zu allem bereit.«
Er sah sich bis um halb zwei zum x-ten Mal Karatetiger an. Immer noch einer seiner Lieblingsfilme.
»Wieso hast du mich getroffen? War ich nicht schnell genug? Kenne ich nicht genügend Tricks?«
»Du brauchst volle Konzentration. Denke nur an das, was du tun musst!«
»Ja, Meister, ich will es versuchen.«
Schließlich schlief er in Straßenkleidung vor dem Fernseher ein und erwachte gegen fünf Uhr. Da sprang er auf, als müsste er sich vor einem gehörnten Ehemann in Sicherheit bringen. Mutter und Schwester machten keinen Mucks, der Alte war in der Nacht wieder nicht heimgekommen. Patrick zog sich an, schlich leise wie eine Katze die Treppe hinunter und verließ das Haus. Er hatte keine Lust auf Diskussionen beim Frühstück, über was auch immer. Vögel zwitscherten. Es war kalt. Er fror und der Magen knurrte. Niemand auf der Straße um die Zeit.
Er ging in die Schule, Richtung Pausenhalle, um eine Weile abzuhängen.
Was ist das denn für ein Kindertheater? fragte er sich da. Soll das etwa eine Anspielung auf mich sein. Oh, Mann, wahrscheinlich steckt der Hippie dahinter. Abrupt war seine Laune auf dem Nullpunkt. Er betrachtete das Graffiti einen Moment geistesabwesend, ohne einen klaren Gedanken zu fassen und wurde müde. Machte sich rüber zu den Sitzbänken und Tischen. Hockte sich hin, lehnte mit dem Rücken an der Fensterscheibe und wurde erst wieder wach, als schon haufenweise SuSis da waren. Musste fest geschlafen haben. Niemand hatte ihn angesprochen.
»Scary, hab hier gehockt wie ein Penner!« Und bei Penner fiel ihm Clockwerk Orange ein und natürlich wieder die Ullrichnummer. Nun bin ich ein Gewalttäter ohne Motiv.
Und dann auch noch das. Er bemerkte aus dem Augenwinkel, dass die Tuss mit diesem Gammler rumsteht. Er machte sich zu ihr, als die Schulglocke zum ersten Mal läutete.
»Hi Marie, hab dich gar nicht gesehen.«
»Ja, ich dich auch nicht – zum Beispiel gestern.«
»Tut mir leid, ich war mit Toni unterwegs. Und Julian –, noch alles klar so früh am Morgen.«
»Bis gerade eben schon«, antwortete der und ging zum Kursraum C.
»Wenns dir leidgetan hätte, hättest du ja wenigstens mal anrufen können, Spaßbacke.«
»Ich hatte mein Handy nicht dabei und als ich zu Hause war, wars zu spät.«
»Ich muss in den Unterricht.«
»Was hast du eigentlich mit dem Hippie?«
»Was soll ich mit dem haben? Und was gehts dich überhaupt an? – Was hast du denn mit dem Fascho?«
»Wieso Fascho? Nur, weil der nicht verlogen rumschleimt. Ich dachte, du fährst auf solche Typen ab.« Patrick grinste verschmitzt.
»Und wieso Hippie? Nur weil er Dreadlocks trägt?« Sie tat erstaunt.
In der ersten Pause gingen sie zusammen über den Hof. Marie eher widerwillig, Patrick schon ein wenig eifersüchtig. Was er natürlich nie zugegeben hätte, ihn aber sogar anmachte. »Und wie siehts aus mit ’nem bisschen Nahkampf heute Abend?« Er tätschelte ihren Po.
Marie konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen. »Treffen wir uns bei dir?« fragte sie.
»Klar, kein Thema.«
»Und deine Schwester?«
»Die kriegt ’n Lolly.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich find das ganz schön scheiße, wie du mit ihr umgehst.«
»Was denn? Die liebt mich, glaubs mir. Also, was ist mit diesem Typen?«
»Überhaupt nix ist mit dem. Wie du weißt, war ich gestern alleine in der Oase und da haben wir ein bisschen miteinander gequatscht... Meine Güte, ich habe nichts mit dem. Ist mir viel zu lasch. Der hat manchmal ein paar lockere Sprüche drauf. Ist ganz witzig. Das ist alles. Dass du so eifersüchtig bist, hätte ich echt nich’ gedacht!«
»Ja, und dann steht ihr gleich am nächsten Morgen vor der Schule zusammen.«
»Mannomann, was soll das werden – ein Verhör?« stöhnte sie. »Typ, ich hab noch nicht mal was gegessen. Vergiss es einfach. Sag du mir doch mal, was du mit Pichler zu tun hattest. – Grabsteine umkippen, Frauen nageln, Ausländer klatschen?« Maries Stimme wurde lauter. »Na was?!«
»Nein, haben wir nicht...« Schweigeminute.
»Hey, mal was anderes: hast du schon dieses Graffiti an der Wand gesehen?«
»Wart ihr das etwa?«
»Seh ich so aus.« Patrick verzog keine Miene.
»Seh ich so aus. Wie sollte man da aussehen? – Hätte mich auch sehr gewundert. Ich könnte mir vorstellen, dass Julian das gewesen ist«, sagte sie.
»Was der, wie kommst du darauf?« Patrick wurde hellhörig.
»Ach, der hat gestern Abend so ’ne Anspielung gemacht.« sagte sie zögernd und ärgerte sich augenblicklich, das ausgeplaudert zu haben, weil sie Julian damit verraten hatte.
»Dann würde ja noch besser passen, was ich schon vermutete.«
Marie runzelte die Stirn. »Was denn?«
»Na, dass der Spruch auf mich abzielt.« Patrick grinste selbstzufrieden. »Wieso das denn?« Sie schüttelte den Kopf. »Au Mann, jetzt wirst du auch noch schizo.«
»He, halt dich zurück, ja. – Wetten, dass ich Recht habe!?«
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