Elisabeth sah nun ihrerseits an Ana herunter und stellte fest, dass ihre Freundin sich wie immer nicht besonders um die Modevorschriften für die Frauen der Grandezza gekümmert hatte. Zögernd bemerkte sie: „Ich glaube nicht, dass ich mich so wie du kleiden könnte. Es ist so freizügig…”
Ana lächelte und erinnerte sich an Ruys bewundernden Blick, als er sie am Morgen in ihrem Kleid gesehen hatte. „Lass uns einfach deine neuen Roben zusammen auswählen, wir werden schon etwas Passendes für dich finden.”
Wie immer setzte Ana ihre Idee sofort in die Tat um, und als wenig später ein eilig gerufener und sich hochgeehrt fühlender Schneidermeister im Alcázar eintraf, hatte sie Elisabeth überredet, ein Kleid anzuprobieren, das nicht nach spanischer, sondern nach englischer Mode geschnitten war. Sie entschieden sich für eine bordeauxrote Robe mit weiten, schwingenden Ärmeln und einem Ausschnitt, der nicht als skandalös, aber als außerhalb der Etikette betrachtet werden konnte; und nach einer weiteren halben Stunde, in der Ana ihre ganze Überredungskunst aufbot, erstand die Königin auch noch ein dünnes und die Reize der Trägerin nur mangelhaft verbergendes Unterkleid.
Als der Schneider den Palast verlassen hatte und Elisabeth sich nochmals im Spiegel betrachtete, erinnerte sich Ana an den eigentlichen Grund des Kleiderkaufs und sagte: „Und jetzt geh zu Philipp, er wird sehr angetan sein.” Sie konnte ein leichtes Lächeln nicht verbergen, da sie die Wirkung tiefer Ausschnitte auf den König aus eigener Erfahrung kannte.
Elisabeth sah sie an, und in ihren Augen stand Angst. „Aber ich weiß immer noch nicht, wie ich mich verhalten soll.”
Ana legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. „Lass dein Herz sprechen.”
„Mein Herz?”
„Gib dich deinen Gefühlen hin, zeig ihm, wie sehr du ihn liebst, und er wird dir zeigen, was es heißt, eine Frau zu sein.”
Elisabeth bemühte sich, ihre Angst zu unterdrücken, als sie den Gang zu Philipps Arbeitszimmer entlangging. Sie war sich schon seit einiger Zeit bewusst, dass sie viel mehr für ihn empfand als die bloße Faszination, die er in den ersten Monaten auf sie ausgeübt hatte, und sie hätte zu gern geglaubt, dass er ebenso fühlte. Doch sicher war sie sich nicht, und wieder einmal wünschte sie sich, ihre Mutter hätte ihr nicht nur gute Ratschläge bezüglich der Wichtigkeit einer spanisch-französischen Allianz, sondern auch einige Weisheiten über die richtige Führung einer Ehe mitgegeben.
Die Tür zum königlichen Kabinett stand wie meistens offen – Philipp mochte es nicht, sich in seinem eigenen Arbeitszimmer eingesperrt zu fühlen, wie er sagte. Elisabeth trat an die Tür und blickte vorsichtig ins Zimmer. Philipp hatte sie nicht bemerkt, er saß an seinem Schreibtisch und brütete über einem Dokument. Während des Lesens pfiff er leise vor sich hin. Elisabeth lächelte unwillkürlich, als sie die Melodie erkannte: Es war ein französischer Tanz, der auf dem Ball vor einigen Tagen gespielt worden war und den sie zusammen getanzt hatten. Philipp hatte ein gutes Ohr für Melodien und Lieder, und mehr als einmal hatte sie ihn leise singen hören, wenn er über seinen Papieren saß oder sich anderweitig unbelauscht glaubte.
Als er das Dokument niederlegte und sich nachdenklich durch die kurzen Haare fuhr, fasste sie sich ein Herz und trat einen Schritt ins Zimmer. Erfreut sah er auf. „Elisabeth! Du hier?”
Unsicher lächelte sie. „Ich wollte dich nicht stören; wenn du arbeiten möchtest…”
Sein Blick glitt an ihr herab, und er bemerkte wohlwollend: „Nein, bleib ruhig hier.” Er senkte die Stimme etwas und fuhr fort: „Du siehst bezaubernd aus heute Abend.”
Elisabeth errötete über das Kompliment. „Gefällt dir mein Kleid wirklich? Ich finde es ein bisschen gewagt.”
Philipp stand von seinem Stuhl auf und trat vor sie, was ihr Herz augenblicklich schneller schlagen ließ. Sein Lächeln wurde eine Spur anzüglich, als er feststellte: „Es betont genau die richtigen Stellen.”
Er zog sie sanft an sich und küsste sie, und Elisabeth erwiderte seine Zärtlichkeiten vorsichtig. Als er einen Schritt von ihr zurücktrat, stand ein etwas schiefes Lächeln in seinem Gesicht. „Ich schätze, ich habe für gestern Nacht nicht unbedingt eine Auszeichnung als begnadeter Liebhaber verdient, oder?“ fragte er langsam. Sie errötete, und er fuhr fort: „Ich weiß, dass es für dich eine zwiespältige Erfahrung war, aber ich verspreche dir, das wird sich ändern. Du musst mir nur zeigen, was du willst.“
Wieder küsste er sie, und Elisabeth erinnerte sich an Anas Rat. „Hast du noch viel zu tun?” fragte sie, während sie zärtlich seinen Nacken streichelte.
Philipp seufzte. „Viel zu viel”, antwortete er und fuhr leise fort, „aber das kann warten.” Vorsichtig begann er ihren Hals zu küssen, und Elisabeth spürte ein bisher nicht gekanntes Verlangen in sich aufsteigen. „Lass uns in deine Gemächer gehen, Liebster”, sagte sie leise.
Diese Nacht änderte alles zwischen ihnen; und Ana wußte am nächsten Morgen genau, was der Grund dafür war, dass sie ungewöhnlich lange auf ihre Freundin warten musste…
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.