Rendezvous mit dem Rattenkönig Die Wächter von Magow Band 1 Rendezvous mit dem Rattenkönig von Regina Mars
Magische Nervensägen
Rattenplage
Rattenkönig
Feuer frei
Endlich eine Erklärung
Nachtschicht
Grünes Frühstück
Dennis
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Es kommt noch schlimmer
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Impressum
Die Wächter von Magow
Band 1
Rendezvous mit dem Rattenkönig
von Regina Mars
Der Abend war schon übel gewesen, bevor eine geköpfte Ratte in ihrem Ausschnitt gelandet war.
Es war zu voll, zu laut, zu stickig. Der DJ war nicht aufgetaucht und sie hatten innerhalb von einer Stunde Ersatz finden müssen. Der war entsprechend schlecht und die Gäste hassten ihn. Sie ertränkten ihren Hass in Alkohol, was Sofies Boss nur recht sein würde. Sofie nicht.
Dennis, ihr Kollege war mit einem Mädel im Lager verschwunden und sie musste allein die Stellung halten. Eine Meute wütender, durstiger Partygänger hing halb auf der Bar, brüllend und lechzend nach:
»Biiiier!«
»Drei Caipi, aber schnell, schnell!«
»Zehn Mexikaner, Kleene!«
»He, Rothaar, gibst du einen aus?«
Sofie verneinte und der Kerl zahlte. Der Boden unter ihren Füßen vibrierte von den Bässen. Schweiß, Deo und Trockennebel verpesteten die Luft und setzten sich in ihrer Nasenschleimhaut fest und es war so laut, dass sie kaum die Bestellungen verstand.
Das liebte sie. Keine Chance, sich zu unterhalten. Niemand, der sie mit seiner Lebensgeschichte belästigte oder fragte, warum sie so traurig schaute. Niemand, der kapierte, dass etwas mit der Rothaarigen hinter der Bar nicht stimmte. Nicht, solange sie funktionierte. Solange sie schnell genug hin- und her wuselte, Bier aus dem Kühlschrank riss und in Windeseile Gin Tonic mischte. Solange sie nur nickte, Geld entgegennahm und lieferte.
Pünktlich um Mitternacht kotzte jemand auf die Theke. Eine Brünette mit glattgebügelten Haaren und goldener Handtasche beugte sich vor und würgte einen pinkfarbenen Strahl über die Bar. Mindestens fünf Erdbeer-Daiquiri, schätzte Sofie. Köstlich. Die Freundin der Brünetten brachte sie raus und Sofie holte Lappen und Eimer. Die Luft anhaltend wischte sie. Früher hatte sie mitreihern müssen, wenn jemand sich vor ihr übergab. Das passierte ihr schon lange nicht mehr. Der stechende Geruch nach Erbrochenem verschwand zwischen dem nach verschüttetem Bier und Gras.
Die Luft wurde feuchter. Kondenswasser perlte von den Leitungen über ihren Köpfen. Ein warmer Schweißtropfen traf Sofies Schulter und rann über ihren tätowierten Arm, während sie drei Flaschen Tannenzäpfle öffnete. Vor ihr wogten Leiber, zuckten Lichter und die schmucklose Halle wurde zu einem Ort der Magie. Fast zu etwas Lebendigem. Einem Wesen mit unzähligen Köpfen, das auf und ab sprang, lachte und brüllte, das wie ein flüssiges Monster wirkte.
Dennis war breit grinsend aus dem Lager zurückgekehrt und drehte sich einmal um die eigene Achse, bevor er die flache Hand auf den Zapfhahn knallte.
»Sie ist Medizinerin!«, brüllte er Sofie über die Bässe und das Geschrei der Meute hinweg zu. »Podologin! Du weißt, was das ist, oder?«
»Füße?«, rief Sofie zurück, nahm einen Zehner entgegen und entließ die Flaschen in die Klauen eines Glatzkopfs mit tellergroßen Pupillen.
»Ja!« Dennis' Grinsen strahlte blau im Licht des Scheinwerfers. »Und weißt du, womit sie sich da besonders auskennt?«
Sofie seufzte. »Blasen?«
Dennis reckte beide Daumen in die Höhe und kicherte wie ein Delfin. Es war sein Traum, den nächsten großen Ballermann-Hit zu schreiben und Sofie wunderte sich, dass er es noch nicht geschafft hatte.
Sie wandte sich dem nächsten Gast zu. Auf seinem Shirt stand »Juans letzter Tag in Freiheit« und er hielt sich mit beiden Händen an der Theke fest, um nicht umzukippen. Hinter ihm schwankten fünf gleich gekleidete Jungs. Einer der Junggesellenabschiede, die am Wochenende über Berlin herfielen.
Doch bevor sie Juans Bestellung entgegennehmen konnte, sah sie etwas glänzen. Zwischen den tanzenden, trinkenden Leibern bewegte sich etwas mit der Präzision eines Panthers, der Beute wittert. Sie verharrte. Ihr Gaumen war plötzlich trocken und ein Schauer lief über ihren schweißnassen Rücken. Die Haut unter dem verklebten Shirt prickelte. Warum? Was war jetzt los?
Zwei Mädels torkelten zur Seite und Sofie erhaschte einen Blick auf den Mann. Da sah sie es.
»Scheiße«, murmelte sie. »Der Mistkerl hat ein Schwert.«
Der Mistkerl trug die Kleidung eines Security-Mitarbeiters: schwarze Hose, ärmelloses Shirt, schwarze Weste. Kugelsichere Weste? Wirkte zumindest so. Er war groß, durchtrainiert und wäre attraktiv gewesen, wenn er nicht geschaut hätte wie ein Fußballtrainer. So verkniffen, als würde er gleich den Schiedsrichter wegen einer Fehlentscheidung anbrüllen. Die Haare waren so kurz, dass sie einem Schatten glichen und die Haut sepiafarben. Seine Finger umfassten das Heft des Schwertes, das in der Halterung auf seinem Rücken steckte. Ein schmaler Streifen Klinge war zu sehen. Reiner Zufall, dass das Scheinwerferlicht genau darauf gefallen war.
»Dennis!«, brüllte Sofie und packte ihren Kollegen am Arm. »Dennis, der Typ da hinten hat ein Schwert!«
»Was?!« Dennis' Stirn faltete sich wie ein Fächer.
»Ein Schwert!«, rief sie. »Schmeiß ihn raus!«
»Was, ich?« Dennis erbleichte.
»Du kannst doch Taekwondo!«
»Wing Tsun«, verbesserte er. »Aber ich war da schon ewig nicht mehr. Ich leg mich doch nicht mit einem Kerl mit Schwert an.«
Sofie sah sich nach Len, ihrem Türsteher um, der eigentlich neben dem Eingang postiert sein sollte. War er aber nicht. Warum hatte er jemanden mit einem verdammten Schwert reingelassen?
»Ruf Len an«, rief sie. »Ich geh da jetzt rüber.«
»Hast du sie noch alle?« Dennis reckte den Kopf, um den Kerl mit dem Schwert zu finden. »Lass uns lieber abhauen. Wenn da ein Typ mit Schwert ist, dann ist das bestimmt ein Terroranschlag oder …«
Sofie hörte den Rest nicht, denn sie war schon unterwegs. Sie klappte die Bar auf und marschierte los. Zwischen schwitzenden Trinkern hindurch auf die Tanzfläche. Sie schubste nasse Rücken beiseite und ignorierte Beschwerderufe und Flüche.
Da war er. Mr. Fußballtrainer rempelte sich gerade durch eine weitere Junggesellengruppe, die so besoffen war, dass sie sich nicht einmal an seinem Schwert störte.
»Vooorsicht«, lallte einer von ihnen und torkelte ein paar Schritte zur Seite. Gegen Sofie. Erfreut betrachtete er ihre Brüste. »He, Rothaar, willst du …«
»Nein.« Sofie marschierte weiter. In drei Schritten war sie bei dem Schwertträger und packte ihn an der Schulter. »He! Du!«
Er fuhr herum, griff nach ihrer Hand und schleuderte sie von sich. »Was?«, knurrte er. Etwas stimmte nicht mit ihm. Er wirkte wie ein Wolf unter Schafen, wie etwas mit Reißzähnen unter braven Grasfressern. Na ja, oder braven Biertrinkern. Lag es nur daran, dass er nicht betrunken war? Sein Atem, der ihr ins Gesicht schlug, war frisch,
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