„ Aha... Naja ich bin Lehrerin, dreifache Mutter und halbwegs glücklich geschieden. Hab dauernd Stress, kaum Geld und bestimmt nicht mal halb so viel Schmuck im Haus wie du an einer Hand “: seufzte sie etwas betrübt. Als sie sah wie „weit“ ihre Schulfreundin es gebracht hatte, fühlte sie sich unterprivilegiert. „ Ach Katharina, so wichtig ist das gar nicht. Ich hab schon drei Männer gehabt. Bei keinem war ich glücklich und Kinder hab ich auch keine. In meiner Bude wird alles vom Personal erledigt und die Selbstverwirklichung per Boutique oder Kunstgalerie will ich mir und der Welt ersparen... Ich bin eigentlich ärmer als du “.
Die beiden sahen sich an und atmeten schwer aus. Was die eine zu viel besaß, hatte die andere zu wenig. Sie beneideten sich gegenseitig und mochten doch nicht unbedingt tauschen.
„ Und was machst du den ganzen Tag? Immer nur einkaufen ist ja auch nicht der Sinn der Lebens ?“: stellte Katharina fest. „ Tja was mach ich eigentlich? Gute Frage. Ich bin viel unterwegs. Auf Reisen und so. Seh mir oft an was meine Schwester in der Oper macht und lebe in den Tag hinein. Schlafe immer aus, gehe sehr spät ins Bett und bin auf der Suche “.
„ Nach was suchst du denn? Ehemann Nr. 4 ?“
„ Nein; Gott bewahre nicht noch mal. Männer und Roulette – willst du gewinnen solltest du aufhören wenn’s am besten läuft. Ich suche nach einer Aufgabe, etwas was mich ausfüllt. Leider haben mir meine Exmänner nur Geld, Mietimmobilien und diverse Kunstwerke mitgegeben und kein Talent für etwas. Auch kein Geschäft oder Firmenbereiche. Nichts als Geld, Juwelen, Kleider und Immobilien “.
Katharina wusste darauf nichts zu sagen, ihr war es peinlich sich über solche Problemchen zu unterhalten. Sie hatte weder genug Geld, noch die Zeit um in den Tag hinein zu leben und Talente zu suchen, die sie zur Sinnfindung benutzen könnte. Es reichte gerade so zum Leben und das nicht mal richtig.
„ Schon komisch wie das Leben so spielt. Ich meine, wenn man mal überlegt wie wir damals waren und was uns früher bewegt hat. Wer hätte das geahnt ?“: sprach Christine weiter und zog an ihrem Glimmstängel. Dann trank sie ihren Kaffee und Katharina sagte:„ Du solltest wieder heiraten und endlich Kinder bekommen. Dann vergeht dir die Langeweile ganz von selbst. Du bist dann ja auch nicht mehr alleine“.
„ Ich kann nicht?“
„ Was? Heiraten?“
„ Nein.... Kinder kriegen... deshalb haben meine Ehen auch nie lange gehalten. Glaube ich jedenfalls “.
„ Adoptier doch welche “.
„ Das geht nicht. Nur an intakte Familien und so. Es wäre auch nicht das gleiche. Nein das wird nichts mehr mit heile Welt und trautem Familienleben “: meinte sie selbst mitleidig und Katharina fühlte echte Anteilnahme mit ihr. Sie kam näher und nahm sie in dem Arm, tröstend und aufbauend.
„ Ja ist auch nicht so wichtig. Ich meine man kann auch glücklich leben ohne all den Stress. Sieh mich an. Ich rotiere nur noch für andere. Hab kaum noch Zeit für mich und nie Geld für nen Urlaub. Mein Ex hat mich verlassen wegen ner anderen... halt NEIN,... eigentlich hab ich ihn raus geworfen und dann hab ich ihm gesagt.. “: schnaufte Katharina vor Wut.
„ Lass mich raten. Jünger und größere Titten.. ich hab mich extra wegen so einem operieren lassen und das hat trotzdem nicht geholfen. Sie lassen einen stehen sowie eine daherkommt, die mehr hat und besser fickt. Männer sind alles Schweine “: schnaufte Christine vor Wut.
„ Psst die Kinder... zwei Schweinchen “: sagte sie und hielt den Finger vor den Mund. Sie sah das nicht so pauschal, aber weit weg von der Wahrheit war es auch nicht. Sie nickte nur zustimmend und wollte weiter erzählen, doch Christine war schon mittendrin.
„ Mit Männern kann man nicht leben und ohne auch nicht. Diese Monster sind uns als Strafe mitgegeben worden, um uns zu zeigen wie man Spaß haben kann, ohne Rücksicht auf andere zu nehmen. Die machen was sie wollen und wann sie es wollen. Wir sollen immer nur brav sein und uns zurückhalten. Pah! ich halte mich nicht mehr an die Regeln, ich mache mir schon lange meine eigenen “.
Christine hatte ganz aufgeregt an ihrer Kippe gezogen und sah jetzt erwartungsvoll zu Katharina. Sie wollte von ihr hören, wie richtig doch ihre Auffassung war. Da kam aber nichts.
„ Jeder muss Verantwortung übernehmen. Ich kann nicht auch noch so durchdrehen wir mein Ex. Das kann ich mir und den Kindern nicht antun “.
Da waren sie wieder, Christines drei Probleme, Sie war Single, hatte keine Kinder und trug keine Verantwortung, weder für sich noch sonst wen. Wäre sie morgen gestorben, die Welt hätte es kaum bemerkt. Außer dem Testamentsvollstrecker und ihrem Personal wäre es keinem groß aufgefallen.
„ Ob es den anderen auch so geht ?“: fragte sie schließlich.
„ Welchen anderen ?“: stutze Katharina.
„ Na die andern halt, mit denen wir zur Schule gegangen sind. Ich frage mich was aus denen so geworden ist. Du bist nicht neugierig darauf ?“: fragte Christine
„ Eigentlich ist es mir egal. Das ist doch auch belanglos “: winkte Katharina ab.
„ Na hör mal, schließlich hattest du doch auch zarte Bindungen in dem Alter geknüpft. Denk nur mal an Raoul !“
In ihrem Kopf waren noch ganz blasse Erinnerungen. Katharina hatte seit Jahren nicht mehr an ihre erste Boum gedacht. Diese kindischen Klischees über Teenypartys und erste Küsse. So naiv kann man auch nur mit 15 sein. Der Alltag eines Erwachsenen ist doch bedeutend ernster. Aber schön war es trotzdem.
„ Der ist bestimmt Hotelier geworden. Das hat er in der Schule schon angepeilt und bestimmt auch erreicht. Seine Karriere war ihm damals schon wichtiger als ich... was aus dem wohl geworden ist ?“
„ Ja genau, dass meine ich “.
„ Du ich habe keinen blassen Schimmer. Wie auch? Ich hab genug mit mir selbst zu tun und kann mich nicht auch noch um andere kümmern. Wo soll man die auch alle treffen? Eine Stammkneipe hab ich nicht mehr. Keine Zeit. “
„ Ja schon gut, du zeitloses Wesen. Dann nehme ich das mal in die Hand “: sagte Christine bestimmend. Sie wirkte auf Katharina als hatte sie noch keine Ahnung wie sie das anstellen sollte, aber das war mal eine Herausforderung, die sie meistern wollte. Katharina schlürfte wieder aus ihrer Tasse und lauschte dann nach den Kindern, dass die nur ja keinen Unsinn anstellten.
„ Ist doch ne gute Idee oder ?“: wollte ihre Freundin dann zustimmend wissen. Das Katharina nicht in die Luft sprang vor Begeisterung störte sie.
„ Was willst du denn machen? Einen Privatschnüffler anheuern, der dir von uns allen ein Dosiere liefert. Das wird dann eingerahmt und im Partykeller aufgehängt. Sorry ich versteh nicht was du vorhast “.
„ Bei dir hat das ganz gut geklappt.... ganz einfach, du Dummchen. Wir machen wieder eine Boum “.
„ Mon Dieu Christine. Du hast mich von einem Privatdetektiv suchen lassen. Was für ein Gedanke. Eine Party feiern wie damals. Ist doch nicht dein Ernst ?“
„ Natürlich etwas gediegener, härtere Musik, härtere Drinks und härtere .. und nicht so verklemmt wie früher. Ich brauche meine Eltern nicht ins Kino schicken, oder aus dem Fenster klettern. Die Zeiten sind Gott sei Dank vorbei “.
Katharina sah etwas melancholisch zu ihr hinüber. Den Tod ihrer Eltern zu verarbeiten war nicht leicht für sie und in diesem Moment, wäre sie nur zu gerne wieder der junge Backfisch, der dafür aber wieder mit Mama und Papa vereint wäre. Selbst ihre Kinder konnten sie nicht über diesen Verlust hinwegtrösten.
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