Natürlich hatte sich das Backen der Pfannkuchen wegen der Eiergeschichte etwas in die Länge gezogen. Deshalb hatten die Buben vom Müllerhof bereits ihre Plätze auf dem Heuboden besetzt, als Luisa und Bea eintrafen. „Wir Männer auf der einen Seite und ihr Frauen da drüben!“, verkündete Juli und zeigte auf die freien Plätze unter der Dachschräge. Was blieb den Damen übrig? „Pass bloß nachts auf, wenn du dich hinsetzt, sonst stößt du dir den Kopf.“, warnte Luisa ihren Gast, der ja zum ersten Mal im Hotel Kuhstall schlafen sollte. Soeben schwang Sissi ihre Sachen über den Rand des Heubodens und murrte auch schon, als sie sah, wo sie schlafen würde müssen. „Seid ihr mal wieder schneller gewesen! Von Ladies first habt ihr wohl auch noch nie gehört?“ Berti grinste herausfordernd und meinte: „First ist, wer zuerst kommt! Aber du kannst ja Juli fragen, ob du mit in seinen Schlafsack darfst, Sissi. Der hat nämlich beschlossen heute groß zu werden und seinen Schlafhasen zuhause gelassen. Vielleicht ist er gar nicht böse, wenn du stattdessen bei ihm schläfst!“ Juli sah etwas unsicher von einem zum anderen. Luisa und Sissi riefen gleichzeitig: „Das ist ja super, Juli!“ Und Bea fügte noch hinzu: „Wer braucht schon einen Kuschelhasen, wenn er mindestens wie fünf aussieht!“ Juli strahlte! Als schließlich alle ihr Plätzchen im Heu gerichtet hatten, begann es draußen bereits dunkel zu werden. Im Kuhstall, der nur wenige und zudem sehr kleine Fenster hatte, dunkelte es noch schneller. Berti holte seine neueste Errungenschaft aus seinem Rucksack. „Eine Solarlampe!“, erklärte er triumphierend. Einige Stunden hatte er sie im Tageslicht aufgeladen, da aber heute ein etwas düsterer Tag mit Regenwolken gewesen war, konnte die Brennzeit vielleicht etwas kürzer ausfallen. „Lasst uns schon mal mit dem Essen beginnen, wer weiß, wie lange sie brennen wird, “ mutmaßte er. Wahrscheinlich auch deshalb, um möglichst schnell an den Proviant zu gelangen, der traditionell in die Mitte wanderte und brüderlich-schwesterlich geteilt wurde. Einige Minuten herrschte Stille, da alle mit Kauen und Schlucken beschäftigt waren. Manchmal ertönte ein „ Mhmm!“ und auch Schmatzgeräusche ließen sich vernehmen. Von unten hörte man hin und wieder etwas von den Tieren, die an die Wand stießen oder am Boden scharrten. Im Hühnerhaus schüttelte eine der drei Eierproduzentinnen mächtig ihre Federn. Da plötzlich fingen Bea und Luisa wie auf Kommando zu prusten an. Die Eiergeschichte hatten sie den anderen noch nicht erzählt, was aber sogleich nachgeholt wurde. Vor allem die Jungs konnten sich fast schief lachen. Wolle feixte schadenfroh: „Das war eine regelrechte Kuhstalltaufe, Bea. So ist es eben, wenn man zur Kuhstallbande gehören will.“ Berti wischte sich eine Lachträne aus dem Auge und protestierte: „Zur Kuhstallbande gehört sie deshalb noch lange nicht! Wer zu einem derart fantastischen Club gehören will, muss schon eine besondere Aufnahmeprüfung bestehen, da reicht es nicht, wenn man zufällig unter einem Huhn steht, das gerade ein Ei legt.“ „Was denn für eine Aufnahmeprüfung?“, Bea fragte das mit mulmigem Gefühl in der Magengegend. Sicher war es etwas Gemeines, was ein Stadtkind wie sie niemals zustande bringen würde. „Vielleicht ohne Leiter auf mein Baumhaus klettern?“, schlug Wolle vor. Juli fand das viel zu leicht: „Das kann doch jeder.“, meinte er. Bea schluckte! Sissi musste erneut anfangen zu lachen und verlangte dabei: „Bea muss morgen das Hühnerhaus ausmisten und Pick, Peck und Pack füttern!“ Wieder lachten alle, doch Luisa hatte Angst um ihre Hühner und wandte ein: „Bloß nicht! Anschließend brauchen die drei einen Tierpsychologen oder schlimmer noch, womöglich legen sie dann Eier mit blauem Dotter!“ Allmählich wurde es Bea zu bunt! „Nun hört endlich auf mit der Hühnergeschichte. Aber lasst euch was einfallen, ich würde wirklich schrecklich gern Mitglied im Kuhstall werden!“ Da hatte Juli eine zündende Idee:
„Bea muss auf Isidor einmal rund um die Koppel reiten!“ Erst war es still, doch dann stimmten die anderen zu. Bea gab zu bedenken: „Ich kann aber doch gar nicht reiten!“ Berti machte ihr Mut: „Keine Angst, er ist ja nur ein Esel, da fällt man nicht so weit! Außerdem, glaubst du Jesus hatte Reitstunden, bevor er in Jerusalem einzog?“ Die Aufnahmeprüfung war beschlossene Sache und auf den morgigen Tag angesetzt. Nun wurde es aber Zeit, für die Gruselgeschichte.
Durch eine halbgeöffnete Dachluke konnte man bereits den Mond sehen, gerade schoben sich zwei Wölkchen, wahrscheinlich ein Rest der Regenwolken vom Nachmittag davor. Während Luisa nach dem Buch mit Gruselgeschichten kramte, selbstverständlich war Vorlesen ihre Aufgabe, löschte Berti bedeutungsvoll seine Solarlampe. Die einzige Lichtquelle, die den Stall erhellte, war nun Luisas Taschenlampe. Gespenstisches Licht verbreitet eine gespenstische Stimmung! Luisas Mutter hatte daran erinnert, dass Juli vielleicht Angst bekommen könnte. „Wenn ihr also eine ruhige Nacht verbringen wollt, such lieber eine lustige Gruselgeschichte aus!“, hatte sie ihrer Tochter empfohlen. Luisa las mit geheimnisvoller Stimme, da die Geschichte wirklich nicht allzu gruselig war, wenigstens die anderen sollten sich doch gruseln, wenn auch nicht Juli! Als zum Schluss ein Mann in einem Zugabteil geisterhaft weiß im Gesicht wurde und plötzlich rotleuchtende Augen hatte, erschrak nicht nur dessen Gegenüber im Abteil, sondern die gesamte Kuhstallbande! Nur nicht Juli, der war bereits nach den ersten Zeilen selig in seinem Schlafsack eingeschlummert.
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