Petra Hartmann - Ein Prinz für Movenna

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Mit dem Schild oder auf dem Schild
– als Sieger sollst du heimkehren oder tot.
So verlangt es der Ehrenkodex des heldenhaften Orh Jonoth. Doch der letzte Befehl seines sterbenden Königs bricht mit aller Kriegerehre und Tradition: «Flieh vor den Fremden, rette den Prinzen und bring ihn auf die Kiesinsel.» Während das Land Movenna hinter Orh Jonoth in Schlachtenlärm und Chaos versinkt, muss er den Gefahren des Westmeers ins Auge blicken: Seestürmen, Riesenkraken, Piraten, stinkenden Babywindeln und der mörderischen Seekrankheit ....

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Petra Hartmann

Ein Prinz für Movenna

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Inhaltsverzeichnis Titel Petra Hartmann Ein Prinz für Movenna Dieses ebook - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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Karte des Landes Movenna Karte des Landes Movenna

Erstes Buch: Das Buch des Orh Jonoth Petra Hartmann Ein Prinz für Movenna Dieses ebook wurde erstellt bei

Der Leuchtturm am Rand der Welt

Seegespenst

Goldauge

Goldauge II

Wulfrics Schwert

Nebelbank

Reenes Zorn

Im Hafen

II. Teil: Das Diamanten-Buch

Eine Flasche voller Diamanten

Brief Fandirs

Diamantsplitter

III. Teil: Das Buch der Bernländer

Raubwürger

Furunkula Warzenkraish

Fandirs Geschichten in Bernland

Die Karawane aus Aristamí

Piri-ere-ua

Kairis und Epontyr oder die Freundschaft der Nearith

Drei Pfeile für Ardua

In der „Mutter des Seetrolls“

An Ventas Strand

Durch das Jahr

Statt eines Nachworts:

Gewitternacht

Impressum neobooks

Karte des Landes Movenna

Der Leuchtturm am Rand der Welt Vorsicht Harrod riss das Steuerruder herum - фото 2

Der Leuchtturm am Rand der Welt

„Vorsicht!“ Harrod riss das Steuerruder herum und bemühte sich, die mannshohe Welle seitlich abzureiten. Die schmale Nussschale wurde gefährlich durchgerüttelt, stürzte gleich darauf ins nächste Wellental und trudelte wie ein betrunkener Albatros durch die nächtlichen Wogen. Harrod der Sturmvogel umklammerte das feuchte Holz der Pinne, dass es fast unter seinem Griff zu brechen drohte. Mit rauen Stricken hatte der alte Seebär sich am Heck der Lachmöwe festgezurrt, und das Salzwasser troff ihm von der Krempe der Ölhaube. Wieder sprang eine Woge über Bord und klatschte ihm ins Gesicht.

Besorgt blickte er hinauf zum Mast, an dem das bis zum Äußersten gereffte Dreieckssegel schlug und im Sturm knallte. Wenn der Orkan noch stärker anschwoll, würde das Leinen ausreißen. Doch bei diesem Seegang wollte er es lieber nicht wagen, seine Männer zum Bergen des Tuches dort hinaufzuschicken. Zumindest ein wenig mehr Mondlicht wollte er haben, bevor er ihr Leben aufs Spiel setzte.

„Harrod?“

Ein Stöhnen kam vom Mast her. Man hatte den riesenhaften Krieger mit mehreren Tauen festgelascht, und da hockte er nun zusammengekrümmt, den mächtigen Oberkörper schützend über das Kind gelegt, das er mit seinem Leben zu verteidigen geschworen hatte. Der alte Kapitän lächelte leise in sich hinein. Er hatte schon viele seekranke Passagiere gehabt, doch noch keiner hatte ihm so viel Respekt abgenötigt wie dieser hünenhafte, finstere Kriegsheld mit dem leicht grünlichen Antlitz, der sich trotz aller Todesangst und Magenkrämpfe tapfer bemühte, nicht auf das Baby zu kotzen.

„Harrod!“, schrie der Riese wieder. „Hört dieser Sturm denn nie auf?“

Harrod schüttelte bedauernd den Kopf. „Noch mindestens zehn Meilen, Freund Orh!“, brüllte er gegen das Rasen der See an. „Dann können wir auf einen anderen Kurs gehen. Ich hoffe, dass dann das Schiff ein wenig ruhiger liegt ...“

Der Wind riss ihm die letzten Silben aus dem Mund. Wieder schoss die See kübelweise über die Bordwand. Im nächtlichen Dunkel konnte er die Ruderknechte kaum ausmachen, die sich mit aller Kraft in die Riemen legten. Nur den schmalen, sehnigen Oberkörper Löweners konnte er vor sich erahnen, der sich im Takt der Ruderschläge aufbäumte und wieder niedersank, unermüdlich wie ein struppiges Bergpony.

Harrod verlagerte das Gewicht gleichmäßig auf beide Beine und suchte einen sicheren Stand. Vorsichtig löste er die rechte Hand vom Steuer und griff in seinen Pelzkragen. Unter den Kleidern förderte er seinen kostbarsten Besitz hervor: die alte Kristallscheibe seines Vaters und Großvaters, die er stets an einem Seehundsriemen um den Hals trug. Die kaum handtellergroße, flache Kristallplatte schien schwach zu leuchten, als er sie am Riemen in der Luft pendeln ließ. Unschlüssig drehte sich der Stein im Kreis, schwankte durch den Wind wie die mit den Wogen kämpfende Lachmöwe durch die See, bis die runde Scheibe sich exakt in Richtung der Kiellinie drehte. Zufrieden schob Harrod den Kristall wieder zurück unter seinen Pelz. „Wir sind genau auf Kurs, Freund Orh“, rief er dem Riesen tröstend zu. „Die Lachmöwe fährt einen sauberen Nordkurs, egal was Sturm und Wellen dazu sagen.“

Das Schiff sprang. Einen kurzen Augenblick lang schien es in der Luft zu schweben, bevor es donnernd wieder auf die Wasserfläche aufschlug. Der Mast erzitterte, und einen endlosen Herzschlag lang fürchtete Harrod, die Wanten, die den schweren Eichenstamm aufrecht hielten, müssten zerreißen. Die geteerten Hanfseile schrien gequält auf. Doch sie hielten den Mastbaum unverrückbar fest.

„Wuääääh!“

Harrod fuhr zusammen. Alles, alles hatte er schon gehört und ertragen in seinem Seefahrerleben. Niederkrachende Masten, zerberstende Planken und das Geräusch, wenn ein Riff einem Segler den Kiel aufschlitzte. Todesschreie riesenhafter Wale und Raubfische, die sich unter der Harpune aufbäumten. Das furchtbare Heulen des Orkans und die verlorenen Seelen der Ertrunkenen, die in seinen Träumen nach ihm riefen. Alles, alles hatte der Sturmvogel zu ertragen gelernt ...

„Wuäääh!“

Da schrie das Kind schon wieder. „Sag ihm, es soll still sein!“, brüllte Harrod den Riesen an. Der beugte sich hilflos über das plärrende Bündel und begann, es mit seinen rauen Händen zu streicheln. Vergebens.

„Wuäääääh!“

Harrod standen die Haare zu Berge. Nicht einmal die südlichen Meerhexen konnten solche Töne erzeugen. Er spürte, wie sein Herzschlag ihm das Blut in den Kopf jagte. „Sag dem Balg, es soll still sein!“, schrie er Orh an, verpasste eine Welle und bekam einen Riesenkübel eisiges Salzwasser mitten ins Gesicht, als eine Sturzwelle über die Bordwand hereinbrach. Ärgerlich wischte er sich die triefenden Haare aus der Stirn und funkelte den Riesen aus giftigen Augen an.

Orh blickte genauso böse zurück. Mühsam richtete sich der Gigant zu seiner vollen Größe auf. Er taumelte leicht, doch das Tau, das um seine Brust geschlungen war, hielt ihn aufrecht am Mastbaum. Da stand er, Orh Jonoth aus Akkatossa, der tödlichste Krieger Movennas, hochaufgerichtet am Mast der Lachmöwe . In seiner Linken hielt er den plärrenden Säugling, die Schwerthand ruhte provozierend auf dem Knauf seiner Waffe. Ein wenig grün im Gesicht, doch immer noch eine eindrucksvolle Gestalt, wie Harrod zugeben musste.

„Das Balg, wie du es genannt hast, ist Orsans Sohn und dein zukünftiger König, vergiss das nicht“, grollte der Riese.

„Wuääääh!“

„Verdammt, sei still!“, schimpfte Orh und besann sich gerade noch rechtzeitig, bevor er dem Kind mit der Pranke einen Klaps gab. Kapitän und Krieger blickten sich hilflos an.

„Hast ja recht, Alter“, brummte der Recke schließlich versöhnlich. „Mir greift es auch an die Nerven. Ich will lieber tausend Moglàt den Schädel spalten als hier weiter den königlichen Babysitter spielen ...“

„Wuäääh!“

„Verdammt, Harrod, denk dir etwas aus, oder ich drehe durch!“

„Gib ihn mir“, piepste plötzlich ein dünnes Stimmchen zu Füßen des Riesen. Orh blickte verblüfft nach unten. Sparrow, der Schiffsjunge, reichte ihm kaum bis zum Gürtel, doch er stand breitbeinig und ohne sich festzuhalten vor ihm auf den schwankenden Planken und glich das Rucken und Springen des Schiffs mit spielerischer Mühelosigkeit aus. Auch das Kind schwieg, wie vom Auftreten des Jungen aus dem Kurs gebracht, für einen Augenblick, legte dann aber mit doppelter Lautstärke erneut los.

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