Bei jeder Umarmung gibt es ja diesen einen Moment, in dem man weiß, jetzt muss man loslassen. Und wenn man es nicht tut, ist das total peinlich. Diese Peinlichkeit blieb ihr gottseidank erspart, den Moment trafen sie beide exakt gleichzeitig.
„Sorry“, sagte sie. Bärbel fühlte sich hundsmiserabel und wischte sich die Tränen ab.
„Es braucht dir nicht peinlich zu sein. Es ist okay. Wirklich.“ Er lächelte freundlich.
„Danke“, sagte Bärbel.
Teemu nickte und räumte weiter seine Sachen in seine Zimmerhälfte, die vordere. Sehr gut, hinten schlafen war immer besser. Bärbel hatte das mal in einer Zeitschrift beim Arzt gelesen. Bei Paaren würde, einem Instinkt folgend, der Mann in Richtung Tür schlafen, um die Frau vor Gefahren zu schützen. Vor einer Herde Mammuts vielleicht, die unbedingt nachts um drei durch die Wohnhöhle der Steinzeitfamilie hindurch wollte. Teemu war also instinktmäßig voll auf der Höhe. Na, das war doch was.
„Wie lange bleibst du noch hier in Berlin?“, fragte er, rollte dabei das ‚r’ sehr schön und räumte weiter.
„Ich fliege morgen früh nach Hause.“
Teemu nickte. „Wo musst du hin? Frankfurt?“, fragte er, während er sein Telefon per Ladekabel an eine Steckdose anschloss.
Dieser Akzent, einfach nur toll. Sie überlegte insgeheim, ihm eine Liste mit Sätzen aufzuschreiben, die er als Sprachmemos für sie sprechen konnte, als Einschlafhilfe zum Beispiel, oder für ihr Navigationssystem. Aber das wäre wohl etwas zu viel verlangt. „Frankfurt, ja. Kann ich ins Bad oder möchtest du?“, fragte sie.
„Nein, klar, geh du zuerst.“ Er hielt ihr sogar die Tür auf. Sehr höflich.
Zum Abstellen des Wassers brauchte Bärbel fünf Versuche, weil sie die ganze Zeit auf die Kosmetiktasche starren musste, die neben dem Waschbecken stand. Wie hieß sowas bei Männern? Equipmentbehälter? Die Tasche war ordentlich, schwarz und fast geschlossen. Der Boden einer Sprühdose schaute mit einem kleinen Eckchen oben heraus. Vielleicht Rasiergel. Oder Schaumfestiger oder Haarspray. Wobei – bei Teemus Frisur konnte man Haarstylingprodukte wohl ausschließen, er schien zurzeit den Zottellook zu bevorzugen. Aber was könnte es denn dann sein? Eventuell war es ja Sprühsahne, für den kleinen Hunger zwischendurch. Oder Tannenduft, um die finnischen Wälder zu simulieren. Wobei, das war abwegig, dann doch eher Sprühsahne.
Als Bärbel die Tür öffnete, war Teemu gerade dabei, ein zweites Set Bettwäsche aus dem Einbauschrank gegenüber des Badezimmers zu zerren. Er drückte Bärbel ein Kopfkissen in die Hand und machte sich daran, ihr auch noch eine Bettdecke zu angeln. Selbst Teemu mit seinen knapp über einsneunzig musste sich richtig strecken, das Schrankfach zu erreichen. Bei der Gelegenheit konnte man sogar ein Stück seines Bauches sehen, hui.
„Wann geht dein Flugzeug?“, fragte Teemu, nachdem er aus dem Badezimmer zurückgekehrt war.
„Viertel vor Acht.“
„Das ist … früh!“ Er verzog das Gesicht.
Bärbel zuckte mit den Schultern. „Ja, ich weiß. Musst du auch morgen weg?“ Sie stellte ihren Handywecker auf halb sechs.
„Ja. Aber später. Du kannst mich wecken, wenn du aufstehst.“
Sie arrangierten ihr Bettzeug und legten sich schlafen. Das Bett war so breit, dass sie sich nicht in die Quere kommen würden, sofern Teemu kein sehr aktiver Rollschläfer war. So spannend das hier war und so gern sie ihn hatte, sie wollte hier auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass sie ihn anmachte. Immerhin hatte er, soweit Bärbel wusste, eine Freundin. Allein der Gedanke, Teemu zum Freund zu haben, war Bärbel ein paar Nummern zu groß, gerade im Hinblick auf den Rummel um seine Person und die vielen Fans.
Sie schlief erst nach einer ganzen Weile ein, ihr finnischer Urzeitverteidiger auf der anderen Bettseite war da weitaus schneller gewesen. Er schnaufte mittlerweile ganz leise und gleichmäßig bei jedem Atemzug, während sie immer noch über den vergangenen Tag nachdachte.
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