»Pass mal auf du kleiner Schei... «
»Haltet beide die Klappe!«, befahl der Gruppenführer streng. »Wir werden auf gar keinen Fall angreifen! Wir wissen nicht, womit wir es zu tun haben.«
Der bärtige Soldat räusperte sich nervös. Der Gruppenführer musterte ihn.
»So ein Ding habe ich noch nie gesehen«, hauchte der bärtige Soldat dem Gruppenführer entgegen.
Der Gruppenführer musste an seinen letzten Einsatz denken, bei dem seine komplette Einheit durch den Feind vernichtet worden war. Nach dem Massaker hatte der Feind sich alle Leichname seiner Einheit geholt. Lauerte dieser Feind etwa da vorne, um seine jetzige Einheit ebenfalls zu vernichten und die Leichname an sich zu nehmen? Sollte er vielleicht doch der Aufforderung des jungen Soldaten folgen und den Befehl zum Angriff geben? Er schüttelte sich bei dem Gedanken.
Der Lichtstrahl erschien wieder, viel breiter noch als vorhin. Als er die Hülle des Raumschiffes erreichte, ertönte ein Summton, und es schien so, als würde der Wüstensand anfangen zu dampfen.
»Wow«, staunte die Soldatin.
Der Gruppenführer wusste nicht, was dort geschah, aber er hatte dasselbe ungute Gefühl wie damals, als er seine ganze Einheit verloren hatte. Denk nicht darüber nach , sagte er sich im Stillen vor. Einfach nicht darüber nachdenken ! Damals war er der einzige Überlebende gewesen. Hoffentlich wiederholt sich so ein Drama nicht noch einmal .
Der rote Lichtstrahl kreiste langsam über der Oberfläche des Raumschiffes. Ringsum das glänzende, rechteckige Objekt fing der sandige Boden dabei an zu brodeln.
Der Gruppenführer hielt den Atem an. Nadelstiche aus Wärme trafen ihn mitten ins Gesicht. Er fragte sich, ob es seinen Kameraden auch so erging? Er wandte sich dem bärtige Soldaten neben ihm zu.
»Es wird unangenehm heiß«, sagte er.
»Ja«, nickte der Gruppenführer.
Etwas war tief dort unten im Erdboden verborgen ... eine Wärmequelle, tief vergraben im Wüstensand.
»Wir werden alle verbrennen«, jammerte der junge Soldat.
Die Soldatin rümpfte die Stirn und wandte sich ihm mit einem verachtenden Blick zu.
»Hat dich etwa dein Mut verlassen?«, sprach die Soldatin ihn an.
Der junge Soldat warf ihr einen zerschmetternden Blick zurück.
»Seht!«, sagte der Gruppenführer.
Eine Kuppel aus Sand erhob sich neben dem glänzenden Objekt und sprudelte in die Höhe. Ein Gegenstand, der aussah wie ein großer, runder Spiegel, schoss aus der Sandkuppel aufwärts und fing an zu leuchten.
»Was ist das?«, hauchte der junge Soldat.
Rechts neben dem Spiegel schossen Flammen in die Höhe. Eine Druckwelle presste die Soldaten in den Sand.
»Alle in Deckung!«, rief der Gruppenführer, der mit einem Angriff rechnete.
Die Prozedur wiederholte sich ein zweites Mal, und ein weiterer Spiegel schoss aus dem Wüstensand empor. Die beiden leuchtenden Flächen standen sich parallel gegenüber.
Der Summton wurde für die Soldaten unerträglich. Ein Angriff war für sie unmöglich geworden. Es gab nur noch eins, was sie tun konnten: Abwarten bis der Tod sie holte.
Der rote Lichtstrahl war weiterhin auf das Raumschiff gerichtet, das sich wie in Zeitlupe aufwärts bewegte, bis es lautlos über dem Erdboden schwebte. Der Gruppenführer vermutete, dass der rote Lichtstrahl das Anheben des Raumschiffs bewirkte. Der unangenehme Summton verstummte. Blitzschnell steuerte das Raumschiff zwischen die leuchtenden Flächen und verschwand mit einem Mal.
Die Leuchtkraft der Spiegel ließ nach, und die gewaltigen Spiegel versanken wieder im Boden. Sekunden später versank auch das glänzende Objekt. Zurück blieb glühender und geschmolzener Wüstensand.
Der Gruppenführer legte schnell das Lasergewehr beiseite, blickte durch das Fernglas und betätigte eine unscheinbare Taste. Daraufhin erschien eine Reihe von Zahlen und Symbolen im Objektiv.
Jetzt überfiel ein wirklich beschissenes Gefühl den Gruppenführer. Sollte es sich hierbei um ein ... , dachte er und wollte gerade seine Vermutung äußern, doch die Soldatin kam ihm zuvor: »Das ist ein Basrato?«, hauchte sie ehrfürchtig.
»Ja«, bestätigte der Gruppenführer.
»Das ist doch unmöglich«, sagte der junge Soldat. »Wo ist die Station dafür?«
»Könnte sie vielleicht unterirdisch liegen?«, fragte die Soldatin.
»Nein«, schüttelte der Gruppenführer den Kopf. »Ich habe gerade eine Messung durchgeführt, da ist nichts unter der Erde, außer dieses rechteckige Objekt und die beiden Spiegel.«
Ihre Feinde hatten es also geschafft, das Basrato weiterzuentwickeln. Sie brauchten nun keine zwei festen Station mehr und konnten auch Raumschiffe durch ein Basrato transportieren.
»Wir kehren sofort zum Stützpunkt zurück!«, befahl der Gruppenführer.
»Wenn das Ding funktioniert, haben wir den Krieg verloren«, stellte der junge Soldat fest.
»Es funktioniert doch! Oder etwa nicht?«, sagte die Soldatin.
***
»Es geht um Leben und Tod, und dieser verdammte Hurensohn Clayton weiß mehr, als er zugibt«, fluchte Michael Zink leise.
Helmut Berger blieb stumm. Die beiden Männer gingen die Frauenstraße in der Münchner Innenstadt entlang. Ihre dunkelbraunen Mäntel schützten sie vor dem kalten Wind, der durch die Straßen pfiff.
Niemand achtete auf die beiden Männer, die mit finsterer Miene und hochgeschlagenem Mantelkragen an den Geschäftshäusern vorbeigingen. Und niemand ahnte, dass sie beim Militärischen Abschirmdienst in der Abteilung II: Extremismus-, Terrorismus-, Spionage- und Sabotageabwehr arbeiteten.
Berger und Zink bogen nach rechts in die nächste Straße ein. Es fiel immer noch kein Wort zwischen ihnen. Sie waren beide in Gedanken versunken. Als sie an einer Fußgängerampel angekommen waren, sprang sie auf Rot. Berger wandte sich nach links und blickte seinem etwas jüngeren Kollegen ernst ins Gesicht.
»Machen wir einen Fehler, wenn wir diesem Bill Clayton vertrauen?«, fragte Berger mit gedämpfter Stimme.
Zink schüttelte stumm den Kopf und sah an Berger vorbei. Ein junger Mann stand in unmittelbarer Hörweite neben ihnen.
Berger warf einen kurzen Blick nach rechts und schwieg. Die Ampel zeigte Grün. Der junge Mann ging zuerst über die Straße. Berger und Zink warteten kurz.
»Wir wissen noch nicht, welche Gefahr unserer Erde droht«, sagte Zink im Flüsterton an Berger gewandt, dann überquerten sie die Straße.
»Ich habe weitere Nachforschungen über diesen Bill Clayton angestellt«, sagte Berger. Seine blauen Augen leuchteten wissend.
»Was hast du dabei herausgefunden?«, fragte Zink fordernd.
Berger schwieg wieder, als zwei Passanten an ihnen vorbeigingen.
»Was?«, murmelte Zink.
»Viele Hinweise über Clayton gibt es leider nicht«, fing Berger an, »aber er hatte ja vor fünf Jahren einen Verkehrsunfall ...«
»Weiß ich doch schon«, unterbrach Zink seinen Kollegen ungeduldig.
Berger schwieg.
»Mach es doch nicht so spannend, Helmut«, sagte Zink etwas wehleidig. »Sag schon!«, forderte er seinen Kollegen auf.
»Das war's«, lächelte Berger.
»Das war's?«, stutzte Zink.
»Es gibt keine Unterlagen von Clayton vor dem Unfall«, sagte Berger.
»Ich weiß«, nickte Zink. »Durch den Unfall hatte Clayton sein Gedächtnis verloren.«
»Ja«, stöhnte Berger und fuhr sich mit der Hand durch seine graumelierten Haare. »Kein Ausweis. Kein Identitätsnachweis. Neuanfang«, ergänzte er stirnrunzelnd. »Findest du das denn nicht seltsam?«
»Tja, das ist wirklich sehr seltsam«, nickte Zink nachdenklich.
»Nach dem Unfall wurde Clayton im Krankenhaus Blut abgenommen«, sagte Berger.
»Ja, aber die Krankenhausunterlagen sind leider abhanden gekommen«, stellte Zink klar.
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