"Nun denn, das ist meine Armee. Wenn ihr noch nicht alle Hoffnung verloren habt, so wird auch das noch mit der Zeit kommen. Spätestens, wenn meine Krieger die Mauern der goldenen Stadt niederreißen und alles, was dahinter liegt, dem Erdboden gleich machen." Dann lachte er bösartig und blickte dann direkt dem Kaiser in die Augen. Für einen kurzen Moment hob sich die Kapuze des düsteren Magiers und Kaiser Theron starrte mit seinen grünen Augen in ein teuflisch rot leuchtendes Paar.
"Kaiser, Ihr haltet Euch so bedeckt. Was ist los, hat es Euch die Sprache verschlagen?", spottete der düstere Magier.
"Nein, das hat es nicht!", rief Theron so laut, dass es problemlos zur Triumphsäule hinauf drang. "Wenn Ihr glaubt, dass Ihr mich mit so etwas einschüchtern könnt, kennt Ihr mich wohl nicht sonderlich gut. Eure Armee wird untergehen und zuletzt werdet auch Ihr sterben! Das versichere ich Euch, so wahr ich Kaiser von Anthem Gows bin. Ich werde mit aller Härte gegen Unruhestifter vorgehen, die den Frieden in meinem Reich brechen wollen. Lasst Euch das gesagt sein!"
"Meine Güte, da ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden. Schon gut, schon gut. Wir werden ja sehen, wer von uns beiden zuletzt lacht. Aber ich warne Euch. Gegen eine solche Armee wie die meine habt Ihr keine Chance. Also dann, bis bald, ihr Leichen!"
Auf diesen Satz hin wurde es kurz um den düsteren Magier und seinen Begleiter herum schwarz und als sich der dunkle Nebel lichtete, waren beide verschwunden. Die Leute auf dem Hauptplatz flüsterten unruhig und viele blickten Rat suchend zum Kaiser.
"Mein verehrtes Volk. Ich versichere euch, dass es keinen Grund zur Unruhe gibt. Wir werden diese Armee, so sie wirklich existiert, auf jeden Fall aufhalten. Niemand hier in Erudicor ist in Gefahr. Das verspreche ich euch. Bitte geht nun wieder euren Tätigkeiten nach." Dann sprach er leiser zu Julian und seinen drei Wachmännern:"Folgt mir in den Thronsaal. Wir müssen uns über diese Entwicklung unterhalten."
Im Thronsaal angekommen, setzte sich Theron nicht wieder auf seinen Thron, sondern nahm auf einem der Tische am unteren Ende des Thronsaals Platz. Die anderen taten es ihm gleich. Für eine Weile sagte keiner ein Wort. Schließlich begann Julian als Erster, zu sprechen.
"Kaiser Theron, der Anführer der Trolle..."
"Ja, ich weiß. Das war einer der Trolle, die dein Dorf zerstört haben, nicht wahr?"
"Ja, das ist richtig. Ich habe vergessen, es Euch zu sagen. Er war der Anführer und derjenige, der mich laufen ließ. Ich weiß nicht, warum. Aber ich werde es herausfinden, bevor ich ihn aufschlitze."
"Nun mal ganz langsam, Junge. Du willst doch nicht ernsthaft gegen diese Armee aus Höllenkreaturen kämpfen?", fragte Theron ernst.
"Doch, das will ich. Ich muss diesen verdammten Fröthljif töten, um mein Dorf zu rächen. Ich muss einfach."
"Aber das bringt die Leute aus deinem Dorf doch auch nicht zurück."
"Wollt Ihr ihn etwa davonkommen lassen?"
"Nein, das habe ich nicht gemeint. Ich sage nur, dass man sich nicht von Rache leiten lassen sollte, denn daraus entsteht selten etwas Gutes. Am Ende ist man von seiner Rache sogar so verblendet und unachtsam, dass man noch demjenigen unterliegt, dem man Rache geschworen hat."
"Ich werde diesem Stück Scheiße nicht unterliegen.", antwortete Julian.
"Hüte deine Zunge vor dem Kaiser.", ermahnte Theodor Julian.
"Schon gut, Theodor.", gab Theron zurück. "Ich verstehe Julian. Ich an seiner Stelle würde wohl auch um alles in der Welt denjenigen bestrafen wollen, der mir das antat. Aber jetzt ist nicht die Zeit für voreiliges Handeln. Zunächst müssen wir uns überlegen, wie wir dieser Armee standhalten sollen."
"Wie viele Krieger besitzt denn Erudicor insgesamt?", fragte Julian.
"Etwa um die 25 000.", antwortete Kaiser Theron. Julian bekam große Augen, ebenso wie Enrique und Dave, die bisher auffällig still geblieben waren. Jetzt aber meldeten sie sich zu Wort.
"Aber das ist ja gerade einmal ein Drittel der Armee des düsteren Magiers.", sagte Dave.
"Das weiß ich selbst, verdammt!", schrie Theron, als ob er sich persönlich angegriffen fühlte.
"Wir werden wohl Unterstützung von anderen Königreichen benötigen.", gab Enrique von sich.
"Dem stimme ich zu.", sagte Julian. "Ohne Unterstützung können wir einen Sieg vergessen."
"Vergessen wir hier nicht, dass es sich zum Großteil um Machuv'Thal und andere gefährliche Wesen wie Dunkelelfen oder Untote handelt. Da wird viel Verstärkung nötig sein.", fügte Theodor hinzu.
"Ihr habt alle Recht.", antwortete Kaiser Theron. "Wir werden Unterstützung brauchen. Im restlichen Kaiserreich kann ich wohl noch um die 10 000 Krieger abziehen, ohne andere Teile von Anthem Gows ungeschützt zu lassen. Dennoch fürchte ich, dass wir nicht umhin kommen werden, andere Reiche der Menschen um Hilfe zu bitten. Es geht wohl nicht anders. Doch werde ich mich hüten, das Kaiserreich Ganredlah oder gar diese Barbaren aus Balbien um Hilfe zu bitten. Denen vertraue ich nicht. Doch ich vertraue den Menschen hier in Europa. Und auch jenen in den großen Reichen der Menschen, die weiter entfernt sind. Wir müssen Boten entsenden und das schleunigst."
"In Ordnung, in welche Reiche?", fragte Theodor, bereit für Befehle.
"Wir werden zunächst in Varbitien, Grelia und Falteritanien fragen. Das sind die nächsten Reiche der Menschen. Dann können wir auch noch versuchen, Hilfe aus Raspetanien, Hanveltien und Shanto Gyar zu erlangen. Vielleicht sind uns ja einige der Herrscher gewogen. Ich erwarte zumindest von Hanveltien und Raspetanien Unterstützung. Alle anderen müssen höchstwahrscheinlich überzeugt werden. Dafür werden wir einen guten Diplomaten benötigen."
"Ich mache es.", sagte Julian plötzlich. Alle starrten ihn an.
"Du willst zu den Herrschern reisen und sie bitten, uns Unterstützung zu entsenden?", fragte Theron verwundert.
"Ja, das ist richtig. Je mehr Verbündete wir bekommen, umso höher ist die Chance, dass Fröthljif elendig verreckt. Auch wenn die Chance kleiner wird, dass ich ihn selbst töte, so wird er zumindest sterben und nur das ist wichtig."
"Nun ja, der Schutz des Reiches ist wichtiger, aber du wirst wohl durch das falsche Motiv auf den richtigen Weg geführt."
"Das soll mir genügen.", gab Julian von sich. "Was sagt Ihr, Kaiser? Werdet Ihr mich als Diplomaten entsenden?"
"Eine große Hilfe wäre es schon, dann müsste ich nicht etliche Boten entsenden. Natürlich brauchst du dann auch länger, weil du allein immer nur ein Reich nach dem anderen aufsuchen kannst. Weißt du denn eigentlich etwas über die verschiedenen Reiche der Menschen, abgesehen von deinem Heimatreich Anthem Gows?"
"Genau genommen ist Anthem Gows nicht mein Heimatreich."
"So, wirklich? Von wo stammst du denn dann?", fragte Kaiser Theron.
"Als ich zur Welt kam, lebten meine Eltern gerade in Raspetanien. Doch als ich drei Jahre alt war, zogen wir von dort fort und gelangten schließlich nach Anthem Gows, ins Dorf Herbstweih."
"Interessant. Weißt du etwas über das Reich, aus dem du stammst?"
"Nur, dass es riesengroß ist und fast nur aus Wüste besteht.", gab Julian als Antwort.
"Nun, immerhin ist dieser Fakt korrekt. Aber du hast mich auf eine gute Idee gebracht. Obwohl es viel schneller gehen würde, einfach je einen Boten in jedes Reich zu entsenden, glaube ich, dass es sinnvoller ist, dich allein zu schicken."
"Aber mein Kaiser, wie denn das?", erkundigte sich Theodor.
"Ganz einfach. Julian wurde seine Heimat genommen. Er hatte Glück, dass er überlebte, doch so etwas wie ihm passierte, kann auch anderen passieren."
"Ich verstehe.", gab Theodor von sich.
"Ich nicht. Was genau bedeutet das, mein Kaiser?", fragte Julian.
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