1 ...6 7 8 10 11 12 ...16 »Du meinst, die Schmiede erzeugt also nur die Rohprodukte?«
»Richtig, und in der Stadt bearbeiten wir sie dann weiter, so wie Mina Stoff und Garn zu Kleidung und Alex Holzteile zu Möbeln verarbeitet.«
Mit einem Mal quietscht es, eine Wand bewegt sich und Rohrleitungen schieben sich von unten nach oben.
»Ach ja, und wie du siehst, das Gebäude ändert sich ständig. Es passt sich damit an die jeweiligen Aufträge an.«
»Und wie erteilt ihr diese Aufträge?«
»Die geben wir an einer Konsole in der Schmiede ein oder übertragen sie mit den Qs. Sid ist dafür unser Experte. Er ist sicher grade drin, lass uns hineingehen.«
Wir laufen die Rampe hinauf. Maria schiebt das Tor auf, und wir gehen hinein. Das Innere der Schmiede wirkt wie eine Schaltzentrale und Fabrikhalle zugleich. An der Wand gegenüber des Eingangs befinden sich silberne Konsolen mit weiß leuchtenden Zeichen. Dahinter ermöglichen breite Fenster den Blick auf Förderbänder und Apparaturen. Davor steht ein Mann vielleicht um die dreißig mit kurzen roten Haaren. Er dreht sich um und ein Ruck geht durch seinen Körper.
»Hey Maria, ich denke, ich hab‘s rausgefunden!«, platzt es aus ihm heraus, dann blickt er zu mir. »Ah, und du musst Paul sein?«
»Ja, das hat sich schnell herumgesprochen«, erwidere ich.
»Du erinnerst dich nicht zufällig noch an dein vorheriges Leben und könntest mir einige Fragen beantworten?«, sagt er mit einer Stimme, die erkennen lässt, dass er es nicht ernst meint.
»Tut mir leid, da muss ich dich wohl enttäuschen.«
Er nickt. »Tja, unsere Gehirne sind hier sozusagen einmal von irgendwas geröstet worden, ... ist wohl so ne Art Eintrittsbedingung«, erwidert er, wischt sich die Hand an der Hose ab und streckt sie mir entgegen.
Maria stellt sich zwischen uns und blickt ihn an.
»Du hast es? Das heißt, wir können wieder Nahrung produzieren?«
»Also ... ich müsste noch einige Tests machen, aber wenn wir nicht gleichzeitig schmelzen ... dann sollte es klappen.«
»Was hat das Schmelzen damit zu tun?«, fragt Maria.
»Möglicherweise ist es ein Schutzsystem der Schmiede. Bei der Verflüssigung des Erzes kann es zum Ausstoß von Strahlung kommen, welche eventuell die Nahrungsmittel belasten könnte.«
»Welche Strahlung?«, bricht es aus Maria heraus.
»Ja, das war sozusagen auch meine Reaktion, wo ich hier doch so viel Zeit verbringe. Die Schmelzkammern sind von hier aus weit genug entfernt. Aber nicht die Verarbeitungskammer für die Nahrung.«
Maria stellt sich vor eines der Fenster und blickt auf die Förderbänder.
»Sie würde verstrahlt werden?«
»Die Strahlungsdosis ist gering, sodass nur eine Dauerbelastung ein Problem wäre«, erklärt er.
Maria setzt sich vor eine der Konsolen und beugt sich nachdenklich nach vorne.
»Darum schaltet die Schmiede die Produktion ab. Und wir dachten immer, es sei ein Energieproblem. Wir müssen es einfach zeitlich abstimmen.«
»Genau, nur wird das nicht einfach. Wir brauchen ein Zeitfenster von bis zu drei Tagen nach dem letzten Schmelzen. Und du weißt ja, dass unser Bedarf steigt. Wenn wir keine Lösung finden, wird es sicher zu Engpässen kommen«, erwidert Sid.
Maria lehnt sich zurück und wendet ihren Blick wieder auf eines der Förderbänder.
»Warum tritt dieses Problem erst jetzt auf? Die letzten Jahre funktionierte es noch reibungslos.«
Sid nickt. »Zuerst dachte ich, es lag an der geringeren Auslastung. Dann schaute ich mir die alten Protokolle an ... also einige Male waren beide gleichzeitig in Betrieb. Ich weiß nicht, ... vielleicht war da das Schutzsystem noch nicht aktiviert?«
Da ich nichts Wesentliches zur Diskussion beitragen kann, löse ich mich von beiden und fange an die Halle etwas zu erkunden.
»Aber ... das heißt doch, wir haben damals allem Anschein nach verstrahlte Nahrung gegessen?«, höre ich aus der Entfernung Maria fragen.
Sid räuspert sich.
»Das ... also ... als ihr rein kamt, war ich grad die Protokolle am Prüfen ... also, ob das Sicherheitssystem jemals aus war. Bisher hab ich nichts dazu gefunden, aber du kannst mir an der Konsole dort drüben gerne helfen.«
Am anderen Ende der Halle mischen sich ihre Stimmen mit dem Summen der Schmiede. Ich frage mich, wo die nötige Energie zum Betreiben einer solchen Anlage herkommt, da sehe ich eine große Tonne, randvoll mit Globen. Anscheinend wird hier wirklich alles mit diesen blauen Kugeln angetrieben. Dennoch verblüfft es mich, dass ein so hoher Energiebedarf, wie er für das Schmelzen von Erz nötig ist, von diesen kleinen Kugeln kommen soll. Die Halle ist etwas verwinkelt, überall ragen Leitungen und kleinere Luken hervor. Die Außenwände sind fensterlos, aber das Dach ist großflächig verglast. In der Ecke der Halle gibt es einen kleinen Raum. Ich blicke durch das runde Fenster in der Tür. An diversen Haken hängen verschiedene Werkzeuge. Auf dem Boden liegen ein paar Reifen. Vermutlich eine Art Werkzeugraum für das Vehikel. Ich folge für einige Meter einem Bündel von Rohrleitungen und gehe dann auf der gegenüberliegenden Seite zurück in die Mitte der Halle. Einige Kanister stehen auf einer Palette herum, daneben befindet sich ein Anhänger — sicher für den Tog, um die Rohstoffe zu transportieren. Das allgegenwärtige Summen schwillt ab und ich kehre zu Maria und Sid zurück.
»So, das war die letzte Schmelzung für heute«, bemerkt Sid.
»Vielleicht liegt es am Erz«, höre ich mich überrascht sagen.
Sid streift sich mit der Hand über den Mund.
»Interessant!«
Ich schaue durch die Fensterscheiben auf die angehaltenen Förderbänder.
»Das könnte erklären, warum es früher keine Probleme gab. Das Erz war nicht belastet, vielleicht kam es von einem anderen Ort«, bemerke ich.
»Das ... ja ... das kam es ganz sicher. Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? Das alte Erz ... davon hab ich noch was, ... aus der dritten Charge ... ja ... «, murmelt er und wendet sich der Konsole zu. Seine Hände fliegen über die Oberfläche und die leuchtenden Symbole flimmern auf.
Maria beugt sich zu mir herüber.
»Na, da hast du ihm was zum Grübeln gegeben. Nun ist er wieder in seinem Modus, ... wir nennen ihn den Sid-Modus. Er vergisst dann zu essen und zu schlafen, ja und vermutlich sogar zu atmen«, erklärt sie. »Nicht wahr, Sid?«
»Was? Ja ... ich muss die Schmelzung kurz starten, ist nur für ne Probe von Charge drei, okay?«, erwidert er, ohne seinen Blick von der Konsole zu lösen.
»Sicher, Sid«, meint Maria und das Brummen setzt wieder ein.
Sie zeigt zum Ausgang.
»Lass uns zurück gehen, ich denke, das reicht wohl für eine erste Besichtigung.«
Auf dem Rückweg erklärt mir Maria, dass es bisher eigentlich keine Schwierigkeiten mit der Schmiede gab, bis kurz vor dem letzten Gründungsfest die Getreideverarbeitung stoppte.
»Erz schmelzen, Holz verarbeiten, Mehl erzeugen ... und das könnt ihr alles über die Konsole eingeben?«
»Gewissermaßen, aber es dauerte, bis wir das alles herausfanden. Übrigens, Will hat mir erzählt, dass er dort in diesem Werkzeugraum die Qs gefunden hatte.«
»Ach so, die gab es auch schon wie den Tog und den Brunnen?«
»Richtig.«
Wir laufen eine Weile den kurvigen Weg entlang, dann tauchen wieder die ersten Häuser auf.
»Wie hat dir eigentlich meine Suppe geschmeckt?«, fragt sie plötzlich.
Ich schmunzle.
»Es war die beste Suppe, an die ich mich entsinnen kann.«
»Was ... ja hier nicht so viel heißt«, entgegnet sie.
Ihr Grübchen kündigt wieder das Lächeln an.
»Ich fand sie sehr lecker.«
»Ich mache sie aus Karmonknollen und Lauchkraut. Ohne Beihilfe der Schmiede. Also sollte es zumindest bei der Suppe zu keinen Engpässen kommen«, erwidert sie.
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