Jürgen Hoffmann
Die Facebook-Entführung
Kriminalroman
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Jürgen Hoffmann Die Facebook-Entführung Kriminalroman Dieses ebook wurde erstellt bei
Das Konzept Entführung, neuester Stand Das Konzept Entführung, neuester Stand Das Leben ist ein zäher, lahmer Fluss, ganz sicher träumen wir von einem anderen Leben, aber wir sind klug genug, uns mit dem zu bescheiden, was ist. Und doch steht es uns frei, aus dem natürlichen Lauf der Dinge auszubrechen und die unzähligen kleinen Anstrengungen zu ersetzen durch eine einzige Tat. I Etwas starten wollen Eine Entführung muss heute so aussehen, so: Ich schnappe mir eine junge Frau oder einen jungen Mann, sperre sie oder ihn in meinen Keller und mache mit ihr oder ihm exakt das, was ich machen will, es ist komplett mein Ding, meine Sache, meine Melodie, mein Song, mein Film, meine Tasse Tee, mein Projekt. Das Opfer muss jung sein und auf der Sonnenseite stehen, ein Vertreter der Generation, die nichts verdient außer Verachtung. Sie oder er, es ist Sebastian Molitor. Sein Vater, Friedrich Molitor, ist ein großes Tier hier in Frankfurt, groß, aber lächerlich, ein Depp vor dem Herrn, Inhaber einer PR-Agentur mit – und das ist viel für ein Unternehmen dieser Art – 60 Mitarbeitern. Sebastian ist das alles ins formschöne Gesicht geschrieben, der erfolgreiche Vater, die für einen 22-Jährigen unfassbare Selbstgenügsamkeit, die Denkfaulheit, sein kleinmütiger, unauffälliger Narzissmus, sein Nicht-Getriebensein, diese totale Langeweile, ausstaffiert mit Partys, netten Freunden, interessanten Praktika und einem Studium der BWL. Meine Aufgabe ist, seinen Gesichtsausdruck grundlegend zu verändern. Wenn er es überlebt, wird die Entführung für Sebastian Molitor etwas sein, das alles zum Besseren wendet. Etwas, das einen Menschen aus ihm macht, dem man nicht mehr unbedingt, sofort und mit aller Gewalt, in die Fresse schlagen möchte. Damit es nicht langweilig wird oder damit es noch weniger langweilig wird, werde ich Sebastian Molitor die Möglichkeit geben, während der Entführung unter meiner strengen Aufsicht Nachrichten auf Facebook zu posten. Ich verspreche mir viel davon, die Facebook-Entführung, exklusiv für die Netzgemeinde, für die dumme Crowd, die jetzt mal schön zeigen kann, ob ihr in einem solchen Ernstfall mehr einfällt als dummes Geblöke. Ist das Schwachsinn, ist das krank? Meinetwegen, es ist mir egal. Dass es womöglich in den Augen irgendwelcher kleingeistiger Idioten kranker Schwachsinn ist, bedeutet nicht, dass es nicht möglich ist. Dass ich es nicht machen sollte. Es ist meine Entscheidung. Und meine Entscheidung ist gefallen.
DAVOR DAVOR Das Raunen eines Achtzehnjährigen. Aber ich bin 53. Kontrolliere dein Gesicht Kontrolliere, was du sagst Kontrolliere einen anderen Als die Entscheidung da war, sie über mich kam wie ein Geschenk von außen oder ein Botenstoff von innen, schien alles mit einem Mal klar. Man muss begreifen, dass manche Dinge nur deswegen nicht passieren, weil wir sie nicht passieren lassen. Mein neuer Lieblingssatz: Es ist in meiner Macht. Man kann sich vorstellen, einen anderen Menschen zu entführen oder ein Auto an einem belebten Platz in die Luft zu sprengen, und das ist nichts. Lächerliches, dummes Zeug in deinem lächerlichen, dummen Kopf, eine Verschwendung, ein Witz, ein hässliches Gewirr in deinem Innern, das aus dir einen Freak macht, der nichts Gutes verdient. Oder du tust es wirklich. All diese Menschen da draußen mit ihren dunklen, verschlossenen Gesichtern sind das Einzige, das es wert ist, mich in Rage zu bringen und alles zu geben, sie sind fantastischer als alles, was die Welt sonst zu bieten hat. Man kann mit ihnen Beziehungen pflegen oder sie feindlich übernehmen. Einen von ihnen. Der es besonders verdient hat. Man kann es sich vorstellen oder man kann es wirklich tun. Das ist die Erkenntnis, die mein Leben verändert hat.
DANACH DANACH Umso mehr Schmerz ich ihm zufüge, desto besser für ihn. Im Grunde müsste ich ihn töten, um selbst heil aus der Sache herauszukommen. Ich weiß nicht, ob ich es tun werde. Ich habe es nicht vor, aber ich schließe es auch nicht aus. Wir haben keine Ahnung, wer wir sind. Ist das Schicksal gnädig, wirst du nie erfahren, ob du in der Lage bist, einen anderen Menschen zu töten. Oder dich selbst. WER IST HUBERTUS LINK, 53? Er würde es so nie sagen, aber was er denkt, ist: Es ist unglaublich einfach, Erfolg zu haben. Wenn man ohne Aufhebens darum zu machen die Standards erfüllt, die Basics. Regel eins ist, fleißig zu sein, diszipliniert, fokussiert. Statt darüber zu lamentieren, früh aufstehen zu müssen: früh aufstehen. Statt darüber zu jammern, die Nacht für eine Präsentation durcharbeiten zu müssen: die Nacht durcharbeiten für eine Präsentation. Statt sich davon vergiften zu lassen, im Meeting von einem Vorstandskollegen ungerecht behandelt zu werden: es akzeptieren, abspeichern, den nächsten Schritt gehen. Regel zwei ist, den eigenen Kopf sauber zu halten von all dem Mist, der draußen in der Welt ist und dauernd bei dir anklopft. Ignoriere die falschen Träume, die dich bedrängen, denke nicht darüber nach, wie du bist, wer du bist und was die anderen von dir halten. Regel drei lautet, auf die Macht des Vorwärtsstrebens zu vertrauen. Wie ein Baseball-Spieler, der ständig angerempelt wird und sich davon einfach nicht beeindrucken lässt. Jeder Sieg erkauft durch Schmerzen. Hubert Link kennt sein Opfer. Sebastian Molitor, ein hübscher Junge mit einem Gesicht, dem fehlt, worauf es ankommt. Links irrer Gedanke ist, es sei seine Aufgabe, das zu ändern.
Wie kam es zu der Entführung?
Sebas, wie ihn seine Freunde nennen
First Post, second Post
Was vor den Posts geschah (Das erste Gespräch nach der Entführung)
Nach der Abreibung
On Facebook
Dallanski kommt ins Spiel
Was Link sich vorstellt (aber dann doch nicht tut, vorerst)
Wie ist es Sebastian in der Zwischenzeit ergangen?
Wie Facebook uns guttut
Lovley Rita, Roswitha Maid
Treffen Link / Dallanski: Wenn ich ich wäre
Don’t post it on Facebook
Link rast vor Wut
Schau Sebas, schau: Roswitha!
Sieh dir den an!
Show me the Showdown
Das Interview
Friedrich Molitor:
Roswitha Grub
Hubertus Link
Sebastian Molitor:
Dallanski:
Impressum neobooks
Das Konzept Entführung, neuester Stand
Das Leben ist ein zäher, lahmer Fluss, ganz sicher träumen wir von einem anderen Leben, aber wir sind klug genug, uns mit dem zu bescheiden, was ist. Und doch steht es uns frei, aus dem natürlichen Lauf der Dinge auszubrechen und die unzähligen kleinenAnstrengungen zu ersetzen durch eine einzige Tat.
I Etwas starten wollen
Eine Entführung muss heute so aussehen, so:
Ich schnappe mir eine junge Frau oder einen jungen Mann, sperre sie oder ihn in meinen Keller und mache mit ihr oder ihm exakt das, was ich machen will, es ist komplett mein Ding, meine Sache, meine Melodie, mein Song, mein Film, meine Tasse Tee, mein Projekt. Das Opfer muss jung sein und auf der Sonnenseite stehen, ein Vertreter der Generation, die nichts verdient außer Verachtung. Sie oder er, es ist Sebastian Molitor. Sein Vater, Friedrich Molitor, ist ein großes Tier hier in Frankfurt, groß, aber lächerlich, ein Depp vor dem Herrn, Inhaber einer PR-Agentur mit – und das ist viel für ein Unternehmen dieser Art – 60 Mitarbeitern. Sebastian ist das alles ins formschöne Gesicht geschrieben, der erfolgreiche Vater, die für einen 22-Jährigen unfassbare Selbstgenügsamkeit, die Denkfaulheit, sein kleinmütiger, unauffälliger Narzissmus, sein Nicht-Getriebensein, diese totale Langeweile, ausstaffiert mit Partys, netten Freunden, interessanten Praktika und einem Studium der BWL. Meine Aufgabe ist, seinen Gesichtsausdruck grundlegend zu verändern. Wenn er es überlebt, wird die Entführung für Sebastian Molitor etwas sein, das alles zum Besseren wendet. Etwas, das einen Menschen aus ihm macht, dem man nicht mehr unbedingt, sofort und mit aller Gewalt, in die Fresse schlagen möchte.
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