Dabei wäre sie nur zu gerne an Angelas Stelle, um kurz seinen Herzschlag zu hören, seinen mittlerweile liebgewonnenen Geruch zu riechen, und um das leichte Heben und Senken seines Brustkorbes zu spüren. Dann hätte sie ihn sanft geweckt, ihn ebenso sanft geküsst und ihm von ihrer Handfasting erzählt, weil dieser öffentliche Bund mit Lotta sie so unendlich glücklich machte. Außerdem war sie neugierig auf seine Reaktion.
Auf dem Weg hierher hatte sie sich alles ganz genau ausgemalt und diese Vorfreude hatte sie so berauscht, dass sie nicht anders konnte und den ganzen Weg hierher selig gelächelt hatte.
Doch nun war es fraglich, ob es überhaupt noch eine Neuigkeit für ihn war. Aus Angst sich nicht länger beherrschen zu können, drehte sie sich um und wollte gerade in die Küche zurückgehen, wo Lotta sich bestimmt noch mit Leonora unterhielt, doch dann hielt sie plötzlich inne und lächelte. ‚Nein, das werde ich ganz sicher nicht tun!‘, nickte sie sich selbst zu, bevor sie mit entschlossenen Schritten vors Bett trat.
Dort hob sie ihren rechten Arm über den Kopf und ließ diesen schwungvoll auf Angelas Po niedersausen.
Der Klaps auf Angelas Hintern war so kräftig, dass dieser akustisch von den Wänden widerhallte und ihre Hand kurz rot werden ließ, während sie unangenehm kribbelte, was sie aber nicht im Geringsten störte.
Wie erwartet schreckte Angela augenblicklich hoch und hielt sich die deutlich rote Pobacke, während sie Anne völlig verdattert ansah.
Doch noch bevor Angela ihre Sinne sortieren konnte, nahm Anne sie freundschaftlich in den Arm und strahlte sie an. „Hallo kleine Nichte, es ist Zeit zum Joggen. Und ich finde, dass es an der Zeit ist, das Kriegsbeil zwischen uns zu begraben! Findest du nicht auch?“
„Wie, du willst heute Morgen tatsächlich noch joggen? Wozu das denn!“, strich Angela sich ihre langen Haare aus dem Gesicht. „Weißt du, ganz ehrlich ich mag heute nicht!“, versuchte sie sich dabei aus Annes eiserner Umarmung zu befreien. Als es ihr jedoch nicht gelang, verzog sie genervt ihr Gesicht: „Meinst du nicht, dass wir heute nicht schon genügend Bewegung hatten und auch noch haben werden?“.
„Hm, na ja okay!“, tat Anne schulterzuckend und mit einem aufgesetzten Schmollmund ihre Reaktion ab, ehe sie Ole ansah, der sie noch immer ebenso verdattert ansah, wie Angela zuvor. „Und du, was ist mit dir? Magst du vielleicht eine Runde mit mir drehen oder hattest du auch schon genügend Bewegung heute Morgen?“
Beim letzten Satz hatte sie leider ihre Stimmlage nicht mehr so gut unter Kontrolle, wie sie es erhofft hatte und so schwang dort ein deutlich aggressiverer Unterton mit. Während sie sich über sich selbst ärgerte, zog sie Angela so fest an sich heran, dass Angela erst heftig ausatmete, bevor ihr die Luft ganz wegblieb.
Und auch Ole atmete heftig durch die Nase aus, da er von Annes Verhalten völlig überrascht war und sich fragte, was wohl gleich noch kommen würde. Darum nickte er ein wenig übertrieben, bevor er sich erhob und nuschelte: „Alles gut, ich komme sehr gerne mit dir mit!“.
Doch schon nach gut 2.000 Metern ging Ole die Puste aus und er hatte Probleme damit, Anne auf dem Fersen zu bleiben, da das Tempo, dass sie heute Morgen vorlegte, nicht seinen Möglichkeiten entsprach und schon gar nicht denen direkt nach dem Aufstehen. Sie jedoch auf diesen Umstand hinzuweisen, wagte er nicht, da ihr Gesicht nichts Gutes verriet.
Doch als sie am nächsten Knotenpunkt einen Weg einschlug, der sie noch weiter von ihrem neuen Zuhause wegführte, blieb er schnaufend stehen. „Anne, hab Erbarmen mit mir!“, schrie er ihr hinterher und stützte sich dabei vorne auf seine Knie ab, während er nach Atem rang.
Mit federnd leichten Schritten und verhalten lächelnd kam sie daraufhin zurückgelaufen. Doch statt bei ihm zu stoppen, lief sie 2-mal um ihn herum, bevor sie rechts neben ihm auf der Stelle weitertippelte. „Atmen Ole, atmen! Hatten wir das nicht schon einmal?“, sah sie ihn spöttisch an.
„Ja, auch das hatten wir schon einmal! Nur ist das leichter gesagt als getan“, schnaufte er und bedachte sie mit einem kritischen Seitenblick.
„Ach Ole, warum denn auf einmal so kritisch? Ansonsten scheinst du ja auch alles mit dir machen zu lassen. Oder gibt es vielleicht irgendetwas, worüber du mit mir reden möchtest?“, zwang sie sich dabei, ihn offen anzulächeln.
„Anne bitte, mach es uns doch nicht so schwer, indem du mir den Ball zuspielst. Und sei doch bitte ehrlich zu mir und zu dir: Du hast trotz aller Gespräche in Frankreich, immer noch ein Problem mit Angela.“
„Ja, und zwar ein ganz elementares und scheinbar ganz im Gegensatz zu dir! Doch weißt du was? Ich habe mir eben vorgenommen, dass das was sie mit dir anstellt, mich nicht mehr juckt. Tue, was immer du willst, nur tue uns allen ein Gefallen und benutze Kondome, wenn das Weib dich vögelt!“, überschlug sich ihre Stimme mit einem Mal, wobei sie gegen ihre Tränen ankämpfte. Doch diese Genugtuung, dass er sie wegen Angela weinen sieht, wollte sie ihm nicht geben. Darum wandte sie ihren Kopf von ihm ab und lief mit langen, schnellen Schritten einfach los, ohne seine Reaktion abzuwarten.
Während sie die lange Runde durch den Nebelwald lief, drehte sie sich nicht noch einmal um, um zu schauen, ob Ole ihr vielleicht folgte.
Ole hingegen lief in gemäßigtem Tempo zurück, wobei er sich jedoch regelmäßig umdrehte.
Das Piepen von ihrem Handy weckte Sophia. Kurz räkelte sie sich zufrieden, bevor sie sich Martin zuwandte, der in der Löffelchenstellung hinter ihr lag. „Guten Morgen!“, gähnte sie dabei zufrieden, während sie ihn verliebt anlächelte. „Hast du gut geschlafen?“
„Hm?“, brummte er verschlafen, bevor er über ihre Frage nachdachte und tatsächlich, das hatte er. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit erwachte er nicht aus einem seiner schrecklichen Alpträume. Und auch wenn sein rechter Arm kribbelte, weil sie ihn in den vergangenen Stunden als Kissen missbraucht hatte, fühlte er sich großartig. „Ja, das habe ich und ich hoffe, du auch?“, murmelte er daraufhin zufrieden.
„Mm, weitestgehend, da ich glaube, dass ich tierisch geschnarcht habe. Heilige Göttin, habe ich einen trockenen Mund!“, schnalzte sie zur Bestätigung kurz mit ihrer Zunge, ehe sie ihn fragend ansah: „Und wie ist es: Kommst du nun eigentlich mit?“.
„Ähm sicher, wenn du mir noch einmal verrätst, wohin?“, erwiderte er ihren fragenden Blick.
„Oh, dann habe ich dich wohl noch gar nicht gefragt!“, gluckste sie. „Okay, also heute ist doch Beltane und das Feiern ein paar Freunde von mir oben in der Siedlung, wie jedes Jahr. Denn zu Beltane ist es Tradition ein Maibaum zu richten. Um den wird dann getanzt und man kann schon einmal anbändeln oder seine Liebe öffentlich machen, wenn man will, bevor musiziert und kräftig gefeiert wird. Das ist immer voll lustig, du wirst schon sehen! Und, wie hört sich das an?“, strahlte sie ihn an, wobei sie ihm sanft übers Gesicht strich.
„Hm?“, zuckte er kurz zusammen, da er mit ihrer selbstverständlichen Körperlichkeit noch immer etwas fremdelte. „Ja, warum eigentlich nicht!“, stammelte er daraufhin irritiert, bevor er sich räusperte, um seine Stimme wieder unter Kontrolle zu bringen. „Na ja, ich habe ja eh gerade nichts Besseres vor“, sagte er dann, wobei er ebenfalls lächelte.
„Klasse! Okay, dann sollten wir langsam aufbrechen. Außerdem muss ich dringend mal Pippi!“, befreite sie sich aus seinem Arm und krabbelte aus dem Schlafsack.
„Ey, ey Madam!“, folgte er ihr kurz darauf. Seine nächste Frage, wie sie zu Sophias Freunden hinkommen, beantwortete sich jedoch dadurch, dass er über einen Jethelm stolperte, kaum dass er aufgestanden war. „Oh, du fährst Motorrad?“, musterte er Sophia erstaunt, die sich ein paar Meter weiter einfach hingehockt hatte.
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