Roswita nahm unterdessen einen dicken Stift in die Hand und schrieb damit etwas auf ein rotes Tuch, dass eine Art Acht in der Mitte hatte. Nachdem sie den Stift zur Seite gelegt hatte, knüpfte sie bedächtig einen leichten Knoten in das Tuch und legte es feierlich über die Hände der beiden. Danach ergriff sie erneut ihre Athame mit der rechten Hand und schrieb damit lächelnd ein Zeichen in die Luft, woraufhin die beiden ihre andere Hand zu einem Schwur erhoben.
Lächelnd und mit einem Nicken quittierte Roswita dies, bevor sie etwas sagte, dass die beiden andächtig wiederholten, während sie sich gegenseitig in die Augen sahen.
Doch so sehr Martin sich auch anstrengte, verstand er kein Wort von dem, was gesagt wurde. Jedoch konnte er deutlich erkennen, wie die beiden sich hinterher erneut leidenschaftlich küssten, bevor jede mit der linken Hand ein Ende des Tuches ergriff.
Als beide gleichzeitig an dem Tuch zogen, zog sich der lockere Knoten zusammen, wobei Anne Lotta zu sich hinzog, und sie umarmte. Gut sichtbar und so wie eine Trophäe hielten sie dann das Tuch stolz in die Höhe, woraufhin die anderen Damen laut aufjubelten, bevor sie das frisch verbundene Paar einzeln beglückwünschten. Danach nahmen sich Anne und Lotta an die Hand und liefen den Strand hinunter sowie aus Martins Sichtfeld.
Was dann folgte, war nicht mehr so spannend aus Martins Sicht, außer dass einige Damen die Stallleuchten holten, um die darin befindlichen roten Kerzen am kleinen Feuer anzuzünden, bevor sie diese zu den Tischen zurücktrugen.
Dort begangen sie ausgiebig zu essen und zu plaudern. Danach wurde aufgeräumt, sich angekleidet und nach und nach löste sich die Versammlung auf, bis auf zwei Frauen, die zurückblieben, um die Feuer zu hüten.
Daraufhin machte sich bei Martin eine bleierne Müdigkeit breit, so dass er es gerade noch schaffte, seine Isoliermatte auszurollen und in seinen Schlafsack zu schlüpfen, bevor er erschöpft von all den neuen Eindrücken einschlief.
„Hast du mich vermisst?“, nahm Ole die zart in sein Ohr gehauchten Worte zuerst gar nicht richtig wahr, jedoch reichten sie aus, um ihn zu wecken. Ohne recht zu wissen, wo er war oder wer sonst noch anwesend war, rieb er sich verschlafen die Augen, bevor er seine Umwelt wahrnahm und erschrak.
Denn, obwohl er von der hellen Sonne geblendet war, konnte er dennoch Angelas zierliche Silhouette erkennen, die vor ihm oder vielmehr rittlings auf ihm drauf hockte, während sie ihn mit ihren grau-grünen Augen anstrahlte.
„Angela…, wo kommst du denn auf einmal her?“, kratzte er sich ungläubig am Kopf, während er sich mit dem Oberkörper etwas aufrichtete und sie verblüfft anstarrte. Als genau in diesem Moment ihr Lächeln jedoch für einen Moment verschwand, wurde ihm sofort unwohl zumute. Denn er ahnte, was gleich passieren würde, wenn sie ihn weiterhin so anschaute.
Doch so, als ob sie es sich spontan anders überlegt hatte, lächelte sie ihn im nächsten Moment wieder an. „Ach du Dummerchen, das weißt du doch genau, oder was denkst du von mir?“, sagte sie gespielt erbost, während sie dabei wie selbstverständlich auf seiner allmorgendlichen Wasserstange unruhig hin und her rutschte, sowie als dessen Folge ebenfalls auf seiner übervollen Blase. Dabei verhakte sie sich kurz mit ihrem Nefertiti Piercing an seinem Hafada Piercing, welches er ihr und ihrer Tante Ronja zu verdanken hatte.
Als sie ihn daraufhin schelmisch angrinste, wurde er sich der Tatsache erst bewusst, dass sie ebenso nackt war, wie er selbst, mal abgesehen von einem quer gelegten Laken, dass nur seine Nierengegend bedeckte.
„Sicher weiß ich es noch, dass wir dich krankheitsbedingt in St. Tropez zurücklassen mussten. Doch wie es aussieht, geht es dir wieder gut und deine Wunden sehen ebenfalls gut verheilt aus. Das freut mich echt, nur sag mal Hübschen: Tut das Not, dass du kaum hier angekommen, Anne erneut herausforderst?“, sagte er, während er dabei ein wenig zurück rutschte, so dass Angela auf seinen Oberschenkeln zum Sitzen kam.
„So, tue ich das? Soll das etwa bedeuten, dass ihr beiden wieder in ein monogames Verhaltensmuster zurückgefallen seid?“, lächelte sie ihn amüsiert fragend an.
„Ja, das tust du und nein, sicher nicht!“, brummte er. Dennoch wusste er wie Anne auf ihr allzu freizügiges und zur Selbstinszenierung neigendes Verhalten zumeist reagierte, daher versuchte er seine Taktik zu ändern. „Also, wenn du nicht möchtest, dass ich mich gleich hier der 2 Liter Bier entledige, die ich gestern Abend so in etwa getrunken habe, solltest du mich besser aufstehen lassen!“, sah er sie drohend an.
„Hm, weiß nicht?“, erwiderte sie fragend seinen Blick, wobei sie lediglich ihren Oberkörper etwas vorneigte und ihre rechte Augenbraue ein wenig anhob. „Auf deinen Natursekt habe ich jetzt eigentlich gar keinen Bock. Aber dich gehen zu lassen, mag ich noch weniger!“, fügte sie nach einer kurzen, bewussten Pause bedächtig an.
„Komm schon Angie, das ist eklig und nun lass mich endlich aufstehen!“, zog er genervt seine Oberschenkel abwechselnd so an, dass er sie dadurch immer ein wenig in die Höhe hob.
„Ole, nenn mich nicht Angie!“, wurde ihre Stimme ad-hoc hart und gebieterisch. „Denn du weißt, wie ich genannt werden möchte!“, richtete sie sich drohend vor ihm auf und starrte ihm direkt in die Augen.
„Sicher erinnere ich mich daran, wie du genannt werden willst, und zur Not weiß ich ja auch, wo ich deinen Namen ansonsten ablesen kann!“, nickte er in Richtung ihres Venushügels, wo ihr Name, neben ein paar keltischen Symbolen, kunstvoll eintätowiert war.
Als sie sich danach aber immer noch nicht weiter rührte, schmiss er sie einfach unsanft zur Seite ab und stand auf, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen.
Als Ole ins Zimmer zurückkam, lag Angela zu seiner Überraschung noch immer so da, wie er sie zurückgelassen hatte. So huschte ihm ein schelmisches Lächeln übers Gesicht, während er sich schwungvoll neben ihr aufs Bett plumpsen ließ. Anders als von ihm erwartet, animierte sie dies jedoch nur zu einem kurzzeitigen, abfälligen Brummen, ehe sie sich zu ihm hindrehte und ihren Kopf mit einem zufriedenen Seufzer auf seiner Brust platzierte.
Milde lächelnd sah er daraufhin an sich herunter und auf ein Meer aus schwarzen Haaren, dass sich überall auf seinen Oberkörper verteilt hatte, von denen jedoch ein strenger Geruch ausging. „Hui, da muss einer aber nah am Feuer gestanden haben!“, rümpfte er angeekelt seine Nase.
„Mm, das habe ich, wenn ich nicht gerade darüber gesprungen bin!“, murmelte sie daraufhin verschlafen.
„So, so! Du meinst also, du musstest letzte Nacht übers Feuer springen?“, verzog er erneut ungläubig sein Gesicht.
„Sicher, das ist doch Tradition zu Beltane, um sich vor bösen Geistern zu schützen!“, öffneten sich für einen Moment ihre Augen einen Spalt weit, wobei sie ihn wie ein zufriedenes Kätzchen anlächelte.
„Oh, dann bist du also schon gestern Abend angereist und warst mit den Vollmondfrauen unterwegs!“, riss er besorgt seine Augen auf, weil dies bedeutete, dass Lotta und Anne ebenfalls jeden Moment hier auftauchen konnten.
„Ole!“, verschwand das zufriedene Lächeln aus ihrem Gesicht, wobei sie sich erneut ein Stück drohend aufrichtete, ehe sie ihn mit ihrem Blick durchbohrte. „Sag mal, bist du eigentlich immer noch so schwer von KP. Das sagte ich doch bereits und dies bedeutet ebenfalls, dass ich die ganze Nacht nicht geschlafen habe! Außerdem wird gleich wieder getanzt und meine Füße schmerzen noch immer von vorhin. Also, halt den Mund und schlaf oder massiere mir die Füße, dann tust du wenigstens etwas Sinnvolles!“.
„Ähm“, sah er sie verschreckt an. Dennoch konnte er sich die besorgte Frage nicht verkneifen: „Und wo sind dann Lotta und Anne abgeblieben?“.
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