1 ...8 9 10 12 13 14 ...18 Matthias sah zu Marie. Die zuckte mit den Schultern.
»Nun gut«, sagte Matthias, »das werden wir herausfinden. Aber jetzt helft mir bitte, wieder zurück ins Bett zu kommen.«
Mittlerweile kannte Magdalena Markus gut genug, um schon, als er in den ›Goldenen Schwan‹ trat, erkennen zu können, dass etwas nicht stimmte. Seine Augen waren dunkler als sonst und die Stirn zeigte Sorgenfalten. Er kam schnurstracks zum Tresen und flüsterte:
»Ich muss dir was erzählen … aber nicht hier, hier gibt es zu viele Ohren. Lass uns nach hinten gehen!«
Argwöhnisch folgte Magdalena dem Burschen. Er hatte sie noch nie ins Hinterzimmer geholt. Kaum war sie in den Raum getreten, schloss er die Tür hinter der Wirtin und schaute sogar noch in alle Ecken, ob jemand zuhörte. Schließlich verlor Magdalena die Geduld.
»Markus, so red schon! Was ist passiert?«
»Ich habe diesen Kerl wieder gesehen, in der Kirche«, platzte der Junge heraus und erzählte ihr von den vorigen Begegnungen. »Er hat sich mit einer Frau getroffen. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, es muss die Frau vom Vogt gewesen sein! Die wollen den Vogt umbringen!«
Magdalena starrte ihn ungläubig an.
»Was? Bist du sicher? Wie kommst du darauf?«
Markus lief im Raum hin und her wie ein gefangenes Tier.
»Er hat gesagt: ›Euer Mann ist so gut wie tot, Vogtin Steiner!‹. Ganz bestimmt hat er das gesagt!«
Die Wirtin erschrak bis in die Knochen; das war eindeutig. Sie tätschelte dem Jungen die Wange.
»Das hast du gut gemacht, Markus … glaubst du, dass du dem Mann weiterhin auf den Fersen bleiben kannst?«
Der Junge nickte stolz.
»Ja, ich denke, ich weiß, wo er sich versteckt.«
»Gut!«
Magdalena lächelte.
»Dann behalt ihn im Auge. Aber wag dich nicht zu dicht heran. Bring dich nicht in Gefahr. Wenn er dich bemerkt, ziehst du dich sofort zurück, verstanden?«
»Verstanden!«
Schon war der Bursche wieder aus der Tür mit einem geradezu unheimlichen Eifer.
Nun war es Magdalena, die unruhig im Raum hin und her lief. Was sollte sie jetzt tun? Sollte sie den Vogt warnen? Vielleicht konnte sie etwas andeuten, dass er sich den Rücken freihielt. Ihm zu sagen, dass seine Frau einen Anschlag auf ihn plante, hielt Magdalena für falsch. Er hätte es als den Versuch verstehen können, ihn und Elsa zu entzweien, damit Magdalena sich seiner Gunst alleine erfreuen konnte. Das war zu riskant.
Sie seufzte. Wenn doch Matthias wieder da wäre! Er hätte sicher gewusst, wie am besten vorzugehen war!
Matthias war zu dieser Zeit schon wieder in seinem Bett. Marie hatte die Fensterläden geöffnet, um die milde Sommerluft einzulassen. Auch hatte sie ihn entkleidet und kam mit einer Schüssel Wasser und Seife, um ihn zu waschen.
Sie bemerkte, dass Matthias´ Blicke ihr durch den Raum folgten, wie an ihr festgeklebt. Sie wurde ein wenig unsicher, kicherte.
»Was ist denn?«
Matthias grinste wieder einmal.
»Ich frage mich, wann du endlich wieder zu mir kommst.«
Marie schaute ihn in gespielter Entrüstung an.
»Du bist ein kranker Mann! Jede Anstrengung für dich ist absolut verboten.«
Matthias machte ein enttäuschtes Gesicht. Marie musste sich beherrschen, um nicht laut loszulachen. Er wirkte wie ein kleiner Junge, dem man das Naschen verboten hatte.
»Nein, mein Lieber. Erst musst du wieder zu Kräften kommen. Danach sehen wir weiter.«
Damit drehte sie sich um und ging in die Küche.
5. Kapitel
Es wurde dunkel in Rothenburg. Der Vogt schlich sich, wie so oft in den letzten Tagen, zur Hintertür des ›Goldenen Schwans‹ hinein, in dem Magdalena bereits auf ihn wartete. Sie freute sich auf seine Besuche.
Ihr war klar, dass bald der Zeitpunkt kommen würde, wenn sie ihn nicht mehr würde empfangen können. Doch schob sie diese Gedanken beiseite, wollte das genießen, was das Leben noch für sie bereithielt.
Nach zwei Stunden äußerst erregendem, aber auch anstrengendem Liebesspiel legte sie ihren Kopf auf seine behaarte Brust. Sie musste eine Möglichkeit finden, mit ihm über das, was sie heute erfahren hatte, zu reden. Sanft kraulte Magdalena seine linke Brustwarze.
»Du, sag mal, ich kenne mich ja in Politik überhaupt nicht aus«, gab sie vor. »Aber was passiert eigentlich, wenn, sagen wir mal, du vom Pferd stürzt und deine Regierungsgeschäfte nicht mehr ausüben kannst oder sogar stirbst?«
Bernhard Steiner streichelte gedankenverloren ihr Haar.
»Was passiert? Nun, es gibt sowohl eine Verfügung als auch ein Testament von mir. Jeder, der einen solchen Posten überantwortet bekommt, muss diese Schriftstücke anfertigen. Darin ist geregelt, wer in einem solchen Fall die Geschäfte bis zur Genesung oder zur Ernennung eines neuen Vogtes führen soll.«
»Das ist gut. Ich stelle mir das Chaos vor, wenn auf einmal Rothenburg, was Gott verhüten möge, ohne einen Vogt dasteht. Es gäbe keine Rechtsprechung mehr, niemand wäre mehr da, der für die Verteilung von Weizen und so sorgt. Es würde Willkür herrschen.«
»Ja! Du hast recht.«
Sie näherte ihren Mund der Brustwarze, pustete sanft darauf.
»Aber, sag mal, wäre es vermessen zu fragen, wer für dich die Geschäfte übernehmen soll?«
Er rekelte sich, sein Verstand wurde langsam träge. Ihm kam gar nicht erst ins Bewusstsein, dass er nach allen Regeln der Kunst ausgehorcht wurde.
»Es ist kein Geheimnis. Für die Übergangsfrist würde meine Frau an meiner Stelle regieren. Falls ich sterbe, würde diese Frist wohl mehr als ein Jahr betragen. So lange dauert es in der Regel, bis ein neuer Vogt ernannt wird.«
Magdalena erschauerte. Daher wehte der Wind! In diesem einen Jahr würde Elsa die Stadt ins Verderben stürzen können. Neben den Gütern des Vogtes fielen ihr die Steuergelder in die Hände, alle sonstigen Abgaben und auch Anteile an der Ernte. Damit wäre sie, wenn sie es geschickt anstellte, fein heraus. Bis jemand gemerkt hätte, was gespielt wurde, wäre sie mit dem Geld über alle Berge. Das musste sie verhindern, wusste nur nicht, wie sie es Bernhard beibringen sollte. Aber danach stand ihr im Moment nicht mehr der Sinn, denn seine Hand zwischen ihren Schenkeln verirrt trieb sie gerade in den Wahnsinn.
Ungefähr zur selben Zeit war Marie merkwürdig nervös. Sie hatte Matthias gerade sein Abendbrot hinauf gebracht und sich selbst noch einmal in die Badestube verzogen, sich dort eingeschlossen und ausgiebig hübsch gemacht. Nach dem Streit wollte sie, dass ihr nächstes Zusammensein mit Matthias etwas ganz Besonderes war. Sie wollte, dass er sie begehrte wie nie zuvor, dass die Erinnerung an die Geschehnisse dieser Nacht voller Streit ausgelöscht wurde. Die Haare waren noch feucht vom Bad, fielen lang und offen über ihre Schultern bis zur Hüfte hinunter, ihre nasse Haut glänzte. Schnell zog sie ihren Morgenmantel über und huschte die Treppen hinauf.
Vor ihrer Zimmertür blieb sie noch einmal kurz stehen und sammelte sich, trat dann ein. Matthias hatte sein Tablett geleert und sah ihr, augenscheinlich satt und zufrieden, entgegen. Sie nahm es ihm ab, stellte es auf den Tisch aus dem Weg und wandte sich ihm dann zu.
»Ich hoffe, du bist nicht allzu müde?«
Ihre Stimme klang warm, kehlig, und eindeutig lustvoll. Der Morgenmantel fiel zu Boden, und dann stand sie nackt vor ihm. Die Haut war noch feucht, sie glänzte im warmen Licht der Lampen. Matthias schluckte. Seine Frau war für ihn seit Langem schon die Schönste. Aber heute schien sie ihm begehrenswerter denn je. Nie war sie ihm so schön, so verführerisch, so atemberaubend vorgekommen.
»Komm zu mir«, flüsterte er leise.
Sie erschauerte unter seinen Blicken, näherte sich langsam, aufreizend. Sein Blick zeigte ihr, was er wollte, und nur zu gerne gab sie seinem Verlangen nach.
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