Carina Zinkeisen
Ich wollte nie Kaiserin werden
Elisabeth von Österreich
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Carina Zinkeisen Ich wollte nie Kaiserin werden Elisabeth von Österreich Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 – Sommer in Bad Ischl
Kapitel 2 – Adieu geliebte Isar
Kapitel 3 – die Erzherzogin
Kapitel 4 – Auf Reisen
Kapitel 5 – Kriegswirren
Kapitel 6 – Ehekrise
Kapitel 7 – Korfu, Mon Amour
Kapitel 8 – Rudolf, mein kleiner Rudi
Kapitel 9 – Königin von Ungarn
Kapitel 10 – Marie Valerie, meine Einzige
Kapitel 11 – Wieder einmal Krieg
Kapitel 12 – Sophie
Kapitel 13 – Dominos – rot und gelb
Kapitel 14 - Tollkühne Reiterei
Kapitel 15 – der Kronprinz
Kapitel 16 – Unruhen auf dem Balkan
Kapitel 17 – Stephanie
Kapitel 18 – Katharina Schratt
Kapitel 19 – Wahnsinn, der das Herz zerfrisst
Kapitel 20 – Mayerling
Kapitel 21 – Jene Gräfin Larisch
Kapitel 22 - Melusine
Kapitel 23 – die Kaiserin trägt schwarz
Kapitel 24 – Niedergang
Kapitel 25 – Genf
Kapitel 26 das Attentat
Kapitel 27 - der Abspann
Verwendete Literatur – auch für Sie zum Lesen
Widmung
Ortsregister
Impressum neobooks
Kapitel 1 – Sommer in Bad Ischl
Ich wollte nie Kaiserin werden
Elisabeth von Österreich
Foto, Shutterstock, Yuri Turkow
Roman
von
Carina Zinkeisen
15. August 1853
Es tut mir leid, aber meine Schrift ist wahrscheinlich wahnsinnig krakelig. Die Kutsche schaukelt nämlich ziemlich hin und her und das Tagebuch habe ich auf den Knien. Ich schreibe, weil wir in der Kutsche sitzen, ausnahmsweise auch nicht mit Tinte, sondern mit einem Bleistift.
Ich vergaß ganz mich vorzustellen, ich heiße Sisi und bin 15 Jahre alt. Die Kutsche fährt mit mir, meiner Mama, meiner Schwester Néné und unserer Kammerzofe, nach Bad Ischl. Dort treffen wir den Franzl und seine Familie. Franzl heißt eigentlich Franz Joseph und ist der Kaiser von Österreich. Er ist aber auch unser Cousin, weil seine Mutter, meine Tante Sophie, Mamas Schwester ist. Mein Papa, der Herzog Max in Bayern, der sehr volkstümlich und liberal regiert und wie ich gerne liest, kommt nicht mit.
Er nennt eine riesige Bibliothek sein Eigen, macht gerne Zithermusik, hat viele Freunde bei den Bürgern und gar bei den Bauern und war mit nichtadeligen Kindern auf der Schule. Papa reitet auf Zirkuspferden und missachtet die aristokratische Gesellschaft und feiert wenig hoffähige Herrenfeste in München und Possenhofen. Er kann weder dem Kaiserhaus noch der Tante Sophie etwas abgewinnen. Dabei entgeht ihm eine Reise und mein Papa liebt Reisen, er war sogar einst im Heiligen Land, im Orient und in den ersten Ehejahren reiste er mit Mama in der Schweiz und in Italien umher. Auch in Griechenland war er schon, denn er liebt die griechische Kultur. In Kairo in Ägypten hat er damals übrigens vier kleine Mohrenknaben auf dem Sklavenmarkt gekauft, die dann bei uns in München getauft wurden.
Die Néné soll den Franzl heiraten und Kaiserin von Österreich werden. Sie freut sich wie irre darauf, was ich gar nicht verstehen kann, muss doch öde sein. Nur Pflichten, kein bisschen Spaß, nur Enge, keine Freiheit. Ich hatte so ein Vergnügen schon einmal am sächsischen Königshof und kam von dort gottseidank ohne Bräutigam zurück. Ich hätte Prinz Georg, den zweiten Sohn des sächsischen Königs heiraten sollen. Irgendwie bin ich gegen die Nene, meine ältere Schwester, die so viel schöner, gebildeter und ernsthafter ist, ein hässliches Entlein. Ein Naturkind, das gut schwimmen kann, auf Bäume kraxelt, Bayerisch spricht, gut zu Pferd ist, angeln und bergsteigen kann und viele Bauernkinder seine Freunde nennt. Ganz ehrlich, was soll ich in einem Königsschloss statt in unserem lieben Sommerschloss in Possenhofen? Allein schon unser Herzog-Max-Palais in der Ludwigstraße in München, der von Leo von Klenze für meinen Papa erbaut wurde, gefällt mr viel weniger als unser Sommerschloss am Starnberger See und der Palais ist eigentlich allerliebst klein und herzig, wenn man ihn mit dem Schloss des bayerischen Königs oder gar mit dem des Kaisers in Wien vergleicht.
Unser Possi ist nämlich mein allerliebster Lieblingsort auf dieser Welt. Schloss Possenhofen liegt einiges außerhalb von München an den Ufern des Starnberger Sees, ein von vier Ecktürmen flankierter Bau, der mitten in einem entzückenden Park mit Rosengärten, die fast bis zum See hinuntereichen, liegt. Am See kann man an schönen Tagen die schneebedeckten Gipfel des Wettersteins und der Zugspitze sehen und ich habe allerlei Tiere, um die ich mich dort kümmern darf. Rehe, Lämmchen, putzige Kaninchen, Hühner und Perlhühner. Oft zeichne ich meine Tiere oder schreibe Gedichte, die ich nur meiner besten Freundin Irene zeige, der Tochter des Grafen Paumgarten. Mit ihr und ihrem Bruder David wollte ich eigentlich um die Welt segeln, allerdings starb David im letzten Jahr an einer Lungenentzündung, so wird nichts draus.
Mama meint, aus mir wird noch ein schöner Schwan, den ein König heiratet. Hoffentlich nicht so bald! Den Franz habe ich übrigens schon einmal gesehen, damals im Juni 1848 in Innsbruck gemeinsam mit der Mama, dem Ludwig, dem Karl Theodor und der Néné. Der Franz war damals 18 und nur an der Politik interessiert. Für uns kleine Cousinen hatte er keine Augen übrig. Damals machte sein jüngerer Bruder Karl Ludwig mir den Hof, folgte mir auf Schritt und Tritt, brachte mir Blumen und Früchte und war ganz verzweifelt, als wir abreisten. Er hat mir noch lange mit seiner wunderschönen, wie gestochenen Handschrift, Briefe geschrieben und ich habe mich geschmeichelt gefühlt. Er hat mir auch immer wieder Geschenke geschickt, eine Rose und einen Ring und ich habe ihm auch einen Ring senden lassen. Und dann habe ich noch eine Uhr mit Kette, die ich mir schon lange gewünscht habe, geschenkt bekommen. Natürlich habe ich mich immer recht artig bedankt und erzählt, dass mir die braven Lämmerl hinterherlaufen. Néné war damals ziemlich eifersüchtig gewesen, dass ich und nicht sie den ersten Verehrer hatte und fand das Theater, das Karl Ludwig meinetwegen machte, albern. Nicht einmal von den Erdbeeren, die Karl Ludwig uns beiden anbot, wollte sie damals kosten. Sie, die damals schon eines Tages die Schönheit, die sie jetzt ist, zu werden versprach. Sie, die anscheinend das damenhaft Repräsentieren in die Wiege gelegt bekommen hatte. Eifersüchtig war sie auf mich, die nur Pferde und Papageien im Sinn hatte. Denn der Karl Ludwig gab mir das Gefühl, schon ein bisserl erwachsen zu sein. Und er war der netteste aus der Habsburger Verwandtschaft, die mir allesamt recht steif vorkamen.
„Ich schreib dir“, hatte Karl Ludwig beim Abschied ganz laut gerufen und wild an die Kutsche geklopft, die andere Hand am Herzen. Und er hatte Wort gehalten.
Ich erinnere mich immer noch daran, wie Néné mich damals albern und kindisch nannte und der Meinung war, dass keiner aus dem Kaiserhaus eine von uns, eine aus der armen bayerischen Verwandtschaft, heiraten würde.
Jetzt anscheinend doch!
Ich schaue nachdenklich zum Fenster hinaus und freue mich über diese Reise. Eigentlich bin ich ja nur dabei, weil Papa nicht wollte, obwohl er und nicht ich eingeladen war und alle meinten, ich würde mich freuen, den Karl Ludwig wiederzusehen. Vielleicht hatte Sophie auch uns beide eingeladen, damit der Kaiser die freie Auswahl bei uns Schwestern hat? Ich weiß es nicht und es interessiert mich nicht, denn ich werde ihn ohnehin nicht heiraten, weil ich nicht in Wien leben will. So einfach ist das!
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