Die Kreatur namens Gryxela schüttelte den Kopf und verzog den Mund zu einer Grimasse, welche wohl ein Lächeln darstellen sollte. »Nix aufesse! Gryxela mag hübsch Hohlefr… Hohlefra… Hohl-Mann-Ding. Gryxela werde Weib von hübsch Hohlmann-Ding.«
Nun konnte auch der Barbarenkönig sein Lachen nicht mehr unterdrücken. Dröhnend und schallend brach es aus ihm heraus. »Meinen Glückwunsch, edler Recke! Die liebliche Maid hat sich wohl in Euch verguckt, als sie Euch mit entblößter Kehrseite hinterm Busch hat hocken sehen. Ich bin gespannt darauf, wie diese Anekdote in Eurem Heldenlied Erwähnung finden wird.«
»Euer Humor ist mitunter recht derb«, stellte der Paladin etwas pikiert fest. Dann klappte er sein Visier herunter, da ihm die lustvollen Blicke der Schamanin allmählich unangenehm wurden.
Selbige verlor augenscheinlich die Geduld. »Ihr gebe Gryxela hübsch Hohlmann-Ding!«, verlangte sie barsch. »Ihr gebe, dann Goblins nix mehr kämpfe. Wenn Ihr nix gebe, dann wir uns einfach nehme und andere beide Mensche töte!«
Ihre Drohung vermochte es nicht wirklich, den König in Furcht zu versetzen.
»Na, dann ist ja alles klar!«, stellte er fröhlich fest. »Wir geben ihnen unseren jungen Freund, dann können wir endlich weiterziehen. Klingt nach einem prima Handel. Ein dreifach Hoch dem glücklichen Paar!«
Hohlefried sah erst ihn an, dann den Magier und dann wieder ihn. Seine Beunruhigung konnte er trotz des geschlossenen Visiers nicht verbergen.
»Aber das könnt Ihr doch nicht machen! Ich will nicht der Gemahl dieser garstigen Vettel werden. Wir sind doch Kampfgefährten, wir …«
»Beruhigt Euch«, bat ihn der Erzmagier. »König Storne hat sich nur einen kleinen Scherz mit Euch erlaubt.« Nach einem kurzen Zögern wandte er sich an den Barbaren. »Ist doch so, oder?«
Storne antwortete nicht direkt, sondern richtete sein Wort an die adipöse Schamanin. »Auch wenn ich damit vielleicht einer hoffnungsvollen Romanze den Todesstoß versetze, werde ich mich wohl kaum von so einer missgestalteten, grünen Kartoffel wie dir erpressen lassen. Also verschwinde, bevor ich deinen widerlichen, schwammigen Leib in tausend kleine Stücke zerhacke, die ich dann irgendeinem Aasfresser als Festmahl kredenze. Und besorg dir mal 'nen Büstenhalter!«
Zorn in seiner reinsten Form verunstaltete nun die Miene der Goblin-Frau. Dass sie diese Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen würde, war wohl jedem Anwesenden klar.
»Ihr tot!«, zischte sie nur noch, dann verschwand sie wieder im Gebüsch.
In Erwartung weiterer Angriffe stellten sich die drei Weggefährten nun mit erhobenen Waffen Rücken an Rücken, um sich nach allen Seiten abzusichern. Die lauter werdende Geräuschkulisse um sie herum überzeugte sie von der Notwendigkeit, dies zu tun.
»Ein sprechendes Goblin-Weib auf Partnersuche und eine ganze Armee dieser kleinen Biester als ihre Kuppler«, fasste Teophus die augenblickliche Situation in wenigen Worten zusammen. »Diese Sache wird immer abstruser.«
Der König stimmte ihm zu. »Normalerweise verwenden diese Nacktaffen noch nicht mal Waffen. Die haben eigentlich nur geringfügig mehr Verstand als eine Wildsau – gerade mal so viel, um aufrecht laufen zu können. Mit Werkzeugen können die nicht umgehen und mit Säbeln, Dolchen oder Knüppeln schon mal gar nicht.«
So als würde er die Aussage des Barbaren widerlegen wollen, stürzte sich ein besonders forscher Goblin aus einem der umstehenden Bäume auf die drei Menschen herab. Die zwei Dolche in seinen Händen wusste er dabei sehr wohl zu führen.
Der Magier stoppte seinen Fall etwa einen halben Meter über ihren Häuptern. Dort ließ er ihn einen kurzen Moment lang hilflos mit den Armen rudernd in der Luft verweilen. Dann überantwortete Teophus den Goblin wieder der Schwerkraft und er fiel auf die Spitze des Schwerts, das Hohlefried ihm in weiser Voraussicht entgegengestreckt hatte.
»Könnte dieses seltsame Verhalten nicht auch auf den Einfluss des Vampirlords zurückzuführen sein?«, fragte der Paladin, während er den kleinen, grünen und natürlich toten Körper von seiner Klinge schüttelte. Da selbige mittlerweile gut geschmiert von all dem Blut war, gelang ihm dies auch mühelos.
»Das ist gut möglich. Wer vermag schon zu sagen, wie sich die Präsenz des Blutsaugers auf niedere Wesen auswirkt. Im Gegensatz zu intelligenten Lebensformen, die durch die Aura des Vampirlords ja anscheinend eher friedlicher werden …«
Teophus Redefluss wurde von zwei heranpreschenden Störenfrieden gestoppt. Diesen hatte man wohl nicht beigebracht, dass man Gespräche unter Ehrenmännern nicht einfach so unterbrechen darf. Dieser Mangel an Erziehung sollte ihr Verhängnis werden. Die horizontal geschwungene Axt des Barbaren schlitzte ihnen ihre Bäuche auf, sodass ein Großteil ihrer Gedärme unverzüglich ihren Körper verließ. Dies mit anzusehen war freilich nicht sehr angenehm – so zu sterben wahrscheinlich noch viel weniger.
»Diese Art des Kampfes sagt mir überhaupt nicht zu!«, beschwerte sich Storne. »Wenn sich diese Feiglinge weiterhin so zieren und sie nur peu à peu hier auftauchen, wird sich dieser Unsinn hier noch über Stunden ziehen. Teophus, könnt Ihr den Wald hier nicht einfach mit ein paar Feuerbällen abfackeln oder zumindest die Goblins damit aufscheuchen?«
Der Erzmagier erhob seine freie Hand als Geste der Entschuldigung. »Tut mir sehr leid, aber Feuerbälle sind nicht so mein Ding. Ich bin auf Levitation spezialisiert und um Objekte schweben lassen zu können, muss ich diese auch sehen.«
Der König knurrte verstimmt. »Na super! Diese Verzögerung ist echt unerfreulich. Wir haben schließlich wichtigere Dinge zu erledigen und die Zeit drängt. Ich habe allerdings auch keine Lust, mich auf unserer Weiterreise ständig umdrehen zu müssen, weil uns diese Stinker im Nacken sitzen.«
Der Barbar dachte kurz nach, dann richtete er lautstark seine Worte an die Wesen, die ihn und seine Begleiter belauerten. »Hört mal, ihr Doofmannsgehilfen! Wir machen uns jetzt vom Acker! War ja ganz nett mit euch, aber wir müssen dringend weiter. Hübsch Hohlmann-Ding nehmen wir natürlich mit. Falls ihr noch irgendwas von uns wollt, solltet ihr jetzt mal in die Puschen kommen.«
Seine Axt lässig über die Schulter gelegt und unbekümmert wandte sich Storne ab, so als würde er nach einem angenehmen Einkaufsbummel heimwärts spazieren. Wie er es sich bei Grahlum abgeschaut hatte, pfiff er dabei eine fröhliche Melodie. Obwohl Hohlefried und Teophus seinen Plan nicht zur Gänze durchschauten, taten sie es ihm schulterzuckend gleich.
Lediglich einige Meter waren sie gegangen, als hinter ihnen eine ganze Horde Goblins aus den Büschen sprang. Sie schienen nicht gewillt zu sein, den vermeintlichen Bräutigam ihrer Schamanin einfach so davonkommen zu lassen. Grölend, krakeelend und ihre Waffen bedrohlich über ihren Köpfen schwenkend nahmen sie die Verfolgung der drei Menschen auf.
Storne grinste breit und zuckte mit den Augenbrauen. »Na, geht doch! Übermäßig viel Intelligenz hat ihnen die Gegenwart des Vampirs scheinbar nicht verliehen.«
Er wendete sich den nahenden Feinden zu und frohen Mutes stieg er in eine nonverbale Diskussion ein. In dieser ließ er ausnahmslos seine Axt für sich sprechen. Dieses messerscharfe, von einem kraftstrotzenden Barbaren ins Feld geführte Argument wirkte sich natürlich verheerend auf das Allgemeinbefinden der Goblins aus. Nahezu im Sekundentakt mussten sie sich von den unterschiedlichsten Körperteilen verabschieden. Da der König aber kein Freund unvollendeter Sachen war, blieb ihnen zumeist kaum die Zeit für ein Lebewohl.
Beim Anblick der vielen grünen Gliedmaßen, die nun durch die Luft wirbelten, erwachte auch in den Begleitern Stornes das Bedürfnis, sich wieder diesem kurzweiligen Spaß hinzugeben.
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