Ingrid Sonnleitner
Gnade war gestern
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Gnade war gestern ©
... sie schrie das „tot“ hysterisch in die Leitung ...
... ich zog mich am Stiegengeländer hoch ...
... für einen winzigen Augenblick ...
... das Plastik legt sich um seinen Mund ...
... die Augen eines Toten ...
... Blut sammelte sich zu einer kleinen Lacke ...
... er kann gar nicht tot sein ...
... langsam streift sie ihr Kleid ab ...
... Brandeisen, wie Relikte aus alten Tagen ...
... erschrocken springt sie auf ...
… es wäre richtig schön geworden ...
… langsam wird sie zum Kontrollfreak ...
… übrigens, die neue Frisur steht Ihnen gut ...
… „Bullshit!“, schreit sie laut ...
… eine stinknormale Wasserleiche ...
… rot wie eROTisch ...
… so wie der Hergott ihn schuf ...
… sorry, aber da war kein Anruf ...
… und haben Sie ihn umgebracht ...
… das hatte er nicht verdient ...
… fünfundzwanzig Jahre Blümchensex ...
… ihr Gesichtsfeld engt sich ein, sie wankt …
… ich habe nur gedacht, der spinnt, der Huber ...
… erinnert sie an Porzellan, kalt, tot ...
… wie habe ich ihn gehasst dafür ...
… wieder ruft sie Kathrins Namen, hofft ...
… die grausame Wahrheit wurde plastisch ...
… wir müssen das zu Ende bringen ...
… wussten die Kolleginnen von Kathrins Doppelleben ...
… du willst es doch auch, gib es zu ...
… gut möglich, dass es doch ein Auftragsmord war ...
… echte Tränen, gespielte Trauer ...
... eine Riesin beim Verhör...
… bis der Glanz darin verschwunden ist ...
… komm sei ein braves Mädchen ...
… sie liebt Daiquiri genauso wie Hemingway …
… Bondage war in aller Munde seit diesem Film ...
… sie hat es als „MESS“ bezeichnet …
… erraten, ‘ne Transe eben ...
… sie alle bewegen sich im Rhythmus zu Je t‘aime ...
… mal die Nase zu klein, die Haare zu kraus ...
… eine surreale Fröhlichkeit ...
… der V8-Motor seiner Corvette heulte auf ...
… eine Skurrilität, treten sie näher...
… wie in einer Geisterbahn liegt er da ...
… er zuckte zusammen als er den Toten sah ...
Impressum neobooks
Doreen sitzt an ihrem Schreibtisch. Ungeduldig fingert sie aus der Brusttasche ihrer Jeansbluse einen Schlüssel heraus und steckt ihn in das Schloss der Schublade. Ein hohles Stöhnen ist zu hören, als sie diese langsam herauszieht. Sie sieht die rosa Mappe, lächelt. Legt sie auf den Tisch und streicht behutsam mit den Fingerspitzen der rechten Hand über die schwarze Seidenschleife. Löst das Band. Bald würde ein Weiß dieses Schwarz endgültig verbannen. Lose Fotos fallen beim Öffnen der Mappe heraus. Sie zieht ihre Augenbrauen hoch, das Lächeln friert ein. „Magdalena und Helmut, Hand in Hand! Wie romantisch“, sagt sie und kann die Wut in sich spüren. Mit dem Handrücken wischt sie eine Träne aus dem rechten Augenwinkel. Sie nimmt das Foto und reißt es in der Mitte entzwei und es fühlt sich besser als gut an.
Rechts Magdalena: in weißen Leinenshorts mit Matrosenbluse, ihre langen, blonden Haare zu einem kunstvollen Flechtwerk aufgetürmt, ungetrübtes Glück, wie an einem Hochzeitstag.
Links: er, Helmut, ein Hüne von einem Mann, braungebrannt von der Feldarbeit, das karierte Hemd gleich einer zweiten Haut auf seinem Körper, lässt jeden Muskel erahnen. Er ist es, der Frauenherzen in Sekunden erobern konnte. Doreen knüllt sein Bild zusammen, katapultiert es in den Papierkorb. Zum wievielten Mal sie dieses Protokoll liest, sie weiß es nicht.
Spürt: Das Finale naht.
Protokoll: Magdalena Huber
Aufnahme: Dienstag, 2. Mai
An seinen Schritten konnte ich längst erkennen, wie er gelaunt war. Seine Stallstiefel polterten die Treppe herauf, traten gegen die angelehnte Schlafzimmertür und schon stand er im Zimmer, dazu dieser Blick. Ich wusste sofort, was wieder passieren würde. Sein Mund verzog sich zu diesem tetanischen Grinsen. Dabei riss er mir die Decke weg, packte mich an den Haaren, zerrte mich aus dem Bett. „Begrüßt man so seinen treuen Ehemann?“ Sein heißer Atem dicht an meinem Gesicht. Ich roch den Alkohol, blickte in seine Augen, die mich an die Augen eines Raubtieres erinnerten, das sein Opfer fixierte. „Ich habe versucht dich anzurufen“, sagte er und es klang beinahe sanft. „Magdalena, ich liebe dich doch und du, du hintergehst mich, betrügst mich.“ Dabei ließ er die Zunge ein paar Mal auf seinen Gaumen schnalzen, schüttelte seinen Kopf. „Nein, nein Magdalena, ich versteh dich einfach nicht. Warum machst du mir immer solchen Kummer? Du weißt doch, dass du ein böses Mädchen gewesen bist.“ Sein Griff wurde fester und er bog meinen Kopf zurück in den Nacken. „Willst du wieder brav sein?“, fragte er mich und sein Blick wurde lauernd. „Ja, Helmut, ja ich will brav sein“, schrie ich, „bitte Helmut lass uns morgen darüber reden. Es ist spät und du bist sicher müde, musst dich ausruhen.“ Ich wollte ihn besänftigen - und manchmal ist er darauf eingestiegen - aber diesmal ...
Protokoll - Aufnahmestopp: Klientin weint, ist nicht in der Lage weiterzusprechen.
Protokoll - Aufnahme
„Magdalena“, flüsterte er, den Mund dicht an meinem Ohr, und für eine Winzigkeit lockerte er dabei seinen Griff an meinen Haaren, „das würde ich liebend gerne, aber du weißt so gut wie ich, dass ich dich dafür bestrafen muss.“ Ich wusste es und ich wusste auch, dass er in diesem Zustand keine Gnade kannte. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da schleuderte er mich mit einer Wucht, die mir fast den Atem nahm, gegen die Wand. Hart schlug ich mit dem Kopf gegen den Heizkörper und spürte gleich darauf einen warmen Rinnsal über die Wange laufen. Mit dem Arm wischte ich mir über das Gesicht, die weißen Blümchen auf meinem Nachthemd färbten sich rot. Er torkelte durch das Zimmer, baute sich vor mir auf, breitbeinig, die Hände in seine Hüften gestützt, den Oberkörper leicht nach vorne gebeugt wie ein Torero vor seinem Stier, bereit zum Angriff. Seine Stimme hatte wieder diese gefährlich säuselnde Schattierung angenommen. „Dürfte dein liebender Ehemann jetzt vielleicht erfahren, wo du dich den ganzen Nachmittag herumgetrieben hast und warum Madam nicht ans Handy gegangen ist?“ „Ich habe im Garten gearbeitet und vergessen das Handy mitzunehmen“, sagte ich und versuchte ihn zu beruhigen. „Bitte glaub mir Helmut, das ist die Wahrheit. Ich habe mir beim Gärtner Kräuter geholt und sie eingepflanzt.“ „Sie war beim Gärtner und hat vergessen ihr Handy mitzunehmen“, äffte er mich nach.„Wozu, glaubst du, ist ein Handy gut? Ein Handy“, er schrie das Wort geradezu heraus, „ist dazu da, um es jederzeit in der Hand zu haben, aber wahrscheinlich hast du mit diesem Gärtner rumgevögelt, du Schlampe.“
Er zerrte mich vom Boden auf, fingerte aus seiner Hosentasche Handschellen und noch ehe ich die Situation erfasste und mich wehren konnte, war ich mit einer Hand an die Messingstange unseres Ehebettes gefesselt.
„Ich ermögliche dir ein sorgenfreies Leben, schinde mich ab Tag für Tag und Madam vögelt mit dem Gärtner rum. Ich werde dir noch Manieren beibringen.“
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