Zerbst
liegt im Bundesland Sachsen-Anhalt, 13 km nördlich der mittleren Elbe, ungefähr auf halben Weg zwischen den Städten Magdeburg und Wittenberg. Bemerkenswert ist das die in Zerbst beheimatete Prinzessin Sophie Auguste Friedrich von Zerbst-Anhalt 1745 den russischen Thronfolger Peter III. heiratete. Sie bestieg den Zarenthron und regierte Russland von 1762-96. Zerbst wurde 1797 dem Fürstentum Anhalt Dessau zugeordnet. Ab dem Jahr 1935 wurde in unmittelbarer Nähe der Stadt ein Militärflugplatz der deutschen Luftwaffe angelegt. Die Fertigstellung erfolgte 1936 und war zu dem Zeitpunkt der größte Militärflugplatz in Europa. Das Areal erstreckte sich auf vierhundertzwanzig Hektar Fläche. Die Start und Landebahnen sind jeweils eintausend zweihundert Meter lang und sechzig Meter breit. Zwischen Herbst 1940-44 war in Zerbst die Jagdfliegerschule 2 stationiert, die mit der Pilotenschulung betraut war. Das Kampfgeschwader (J) 54 und die Nahaufklärungstruppe 1 vervollständigen den Personalbestand des Flugplatzes. Weiterhin befanden sich zu Kriegsende, im März und April 1945, Luftwaffeneinheiten auf dem Flugplatz Zerbst, die mit Strahljägern des Typs Me 262 ausgerüstet waren. Übrigens eine von Hitlers Wunderwaffen. Die Alliierten Streitkräfte bombardierten Zerbst am 16. April 1945 derart das danach achtzig Prozent der Stadt zerstört war. Ebenfalls zu Kriegsende wurde am Rande des Militärflugplatzes ein Arbeitslager errichtet. Dafür zeichnete die Organisation Todt verantwortlich. Jüdische Mischlinge wurden von dort zum Straßen- und Flughafenbau eingesetzt. Nach Beendigung des Krieges übernahm die Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland den Flugplatz und stationierte die 126. Jagdfliegerdivision. Weiterhin befand sich bei Zerbst das 56. Gardepanzerregiment. 1992 zogen die sowjetischen Truppen ab. Ab Herbst 92 wurde der Flugplatz in deutsche Verwaltung übergeben und wird heute privat genutzt.
Als Richie die letzte Zeile gelesen hatte fühlte er sich so richtig Bettschwer. Und kaum das er sich hingelegt hatte und das Licht gelöscht war fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Es war schon acht Minuten nach sechs als er aufwachte. Er brauchte ein paar Minuten um sich ins Gedächtnis zu rufen wo er sich befand und was er hier tat. Dann gab er sich einen Ruck und absolvierte die Morgentoilette. Irgendwie hatte er Hunger. Da fiel ihm ein, dass er gestern Abend kein Abendbrot zu sich genommen hatte. Nach den letzten Ereignissen hatte er da auch keinen Hunger gehabt. Doch jetzt verspürte er Hunger wie ein Bär. Dennoch machte er zuerst einen Abstecher in die Zentrale und traf Benno schon wieder vor den Computern an.
„Guten Morgen Benno, du machst wohl nie Feierabend.“
„Hallo Ric, wenn man nicht mehr die Bewegung hat wie ich, dann braucht man nicht mehr so viel Schlaf um sich zu regenerieren. Mir reichen ein paar Stunden. Außerdem hatte ich noch auf eine wichtige Nachricht gewartet, um den Bericht für dich fertig stellen zu können.“
„Welchen…?“
„Über euer Funkproblem. Geh nur was essen. Im Speiseraum ist schon alles vorbereitet.“ Mit Speiseraum meinte Benno den Raum, wo sie am Vortag das Mittagessen eingenommen hatten. Kaum das Richie die Tür dahin geöffnet hatte stieg ihm der Duft von frischem Kaffee in die Nase. Und das Frühstücksangebot stand auf einem großen Buffet. Flüchtig erinnerte es an Urlaub, aber für solche Gedanken gestattete er sich keine Zeit. Mehrere Tische mit vier Stühlen standen dem Buffet gegenüber. An einen von ihnen setzte er sich und frühstückte allein. In Gedanken ging er seinen Tagesablauf durch und fand, dass er jede Menge zu tun hatte. Viel lieber wäre er hier geblieben und hätte sich alles genau angesehen. Es ist immer reizvoll beim Einrichten einer neuen Basis mitzuwirken. Dabei würde er auch die Mitarbeiter genauer kennenlernen. Aber leider musste er diese angenehme Aufgabe mit seiner Eigenen tauschen. Doch er hoffte, dass in absehbarer Zeit Gelegenheit sein würde das mal alle hier zusammenkamen um über ihre gemeinsame Zusammenarbeit zu sprechen. Wieder in der Zentrale angelangt fragte er seinen Bruder: „Was hast Du wegen dem Funkproblem heraus gefunden?“
„Was euch Probleme bereitet hat? Sonnabend in der Zeit als ihr an der Abfahrt Dessau wart ist in der ganzen Gegend von Empfangsproblemen geredet worden. Von Funk als auch Rundfunk und TV. Die Probleme hatten eine Zeitdauer von ca. zwei Stunden. Danach war wieder alles in Ordnung. Beim Technischen Dienst von Sachsen-Anhalt habe ich mir Informationen geholt. Sie wissen nur, dass es aufgetreten ist, kennen aber die Ursache nicht. Das sind auch die Auskünfte von Kabelbetreibern. Unsere Technik wurde von Anton überprüft. Dieser sagt das nicht die geringste Abweichung von der Normalfunktion festgestellt werden kann.“
„Und hat er einen Verdacht? Irgendwas das dazu geführt haben kann?“
„Er sagt, dass es ein Störsender gewesen sein kann. Aber das muss ein ziemlich starker gewesen sein.“
„Wenn ich vor Ort bin, werde ich das klären. Erst mal mein Treffen mit Hartig und Wollmer. Danach werde ich der Darkow noch einen Besuch abstatten. Vielleicht hat sich bei ihr etwas Neues ergeben.“
„Du meinst ihr Mann ist wieder aufgetaucht?“
„Das vielleicht nicht gerade. Aber vielleicht hat sie was von ihrem Mann gehört, oder einen Anruf erhalten? Um sicher zu gehen muss ich einfach hin und dann wissen wir woran wir sind.“
„Mach es doch telefonisch, dann sparst du dir die Zeit.“ Richie druckste herum bevor er sprach. „Du kennst mein Prinzip?“
„Ja verstehe, du willst ihr das Geld zurückgeben.“ Richie nickte.
„Und dann noch Danielas Mutter aufsuchen. Das wird das Schwerste.“
„Wird es nicht. Ihre Mutter ist vor einem knappen Jahr gestorben, sagt Maier. Und der weiß Bescheid. Bevor du abhaust, sollst du noch bei Cornelia vorbeischauen. Die wartet auf dich im Medizintrakt.“
„Was unsere Schwester ist auch hier. Es sind wohl jetzt alle hier eingezogen?“
„Nein, außer dir vielleicht.“
„Ich finde es witzig. Aber ich habe Termine und möchte nicht zu spät kommen.“
„Dauert auch nicht lange, aber es ist wichtig.“ Nachdem Richie von Benno die Wegbeschreibung bekommen hatte ging er los. Er stellte schon wie gestern fest, dass dieses gewaltige Gebäude bestens geeignet ist sich zu verlaufen. Doch er fand die Tür wo stand: -„Doktor med. Cornelia Zender“-. Er klopfte und betrat den Raum. Es roch alles nach frisch gestrichenen Wänden.
„Guten Morgen Conny, Benno sagt du wolltest mich sehen.“
„Hallo Ric, schön das du dir die Zeit genommen hast. Ich muss dich mal kurz an die Apparatur hier anschließen und deine Gehirnströme messen.“ Sie wies auf die Liege im Nachbarzimmer. Irritiert sagte Richie: „Ich bin aber nicht krank.“
„Das weiß ich aber es ist wichtig.“
„Ich sehe du willst mir nicht sagen. Warum? Was soll die Geheimnistuerei?“ Trotz des leichten Protestes legte er sich auf die Liege und lies Cornelia schalten und walten. Da nicht gesprochen wurde lenkte er sich damit ab den Raum etwas gründlicher unter die Lupe zu nehmen. Beide Zimmer hatten große Fenster die viel Tageslicht herein ließen. Die Zimmer waren ungefähr gleich groß. Betreten konnte man sie nur durch die Tür, welche in Cornelias Büro führte. Der Raum, hier wo er lag, diente offensichtlich mehr für die technischen Zwecke, denn an den Wänden standen Apparaturen deren Verwendungszweck er nicht im Einzelnen kannte. Er sah auf die Uhr, was seine Schwester mitbekam.
„Ich kann dich gleich von den Kabeln erlösen.“
„Und du willst mir wirklich nicht sagen warum du das machst?“ Cornelia lächelte.
„Du benimmst dich wie ein Kind zu Weihnachten, das die Bescherung nicht abwarten kann. Vielleicht verrate ich es dir, wenn du heute gegen fünfzehn Uhr noch mal vorbei kommst. Ich glaube es soll eh eine Besprechung stattfinden. So nun kannst du wieder verduften und bleib schön Neugierig.“
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