Jon Pan - Der Meuchler

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Dieser spannungsgeladene Thriller spielt während des 2. Weltkriegs in der Schweiz, direkt an der Grenze zum damaligen Deutschen Reich. August Golaz, ein skurriler Einzelgänger mit Klumpfuss und auf dem einen Auge blind, betreibt ein heruntergekommenes Fahrradgeschäft. Ab und zu ist er für einen ominösen Auftraggeber als Spitzel tätig. Eines Tages dringt er unbemerkt in ein Haus ein, das er nur von aussen zu beobachten hat, und belauscht dort heimlich zwei Deutsche, die einen Plan besprechen. Es geht um Gelder, die konspirative Kreise illegal in die Schweiz bringen wollen, als Putschfond für und nach einem möglichen Sturz Hitlers. Das Geld soll in mehreren Teilen in Basel über die Grenze gebracht werden, in Säcken unter einem Laster versteckt, wobei der Fahrer nichts von der wertvollen Fracht weiss. In einem weiteren Schritt sollen diese Gelder – Millionenbeträge – in einer Schweizer Bank in Gold umgetauscht werden. Golaz witterte das grosse Geschäft. Doch unvorhergesehene Ereignisse treiben ihn in eine verzweifelte Suche nach dem Geld. Er wird zum gefährlichen Täter, der meuchelnd seine Spuren hinterlässt. Unter seinem langen, schwarzen Ledermantel versteckt eine selbstgefertigte Waffe – eine stabile und vorne zugespitzte Fahrradspeiche, an der er unten einen hölzernen Griff befestigt hat. Doch er verstrickt sich mehr und mehr in einem Netz von Zusammenhängen, die er immer weniger durchschaut und wird so vom gnadenlosen Jäger zum Gejagten von undurchsichtigen Personen, die selber zu allem bereit sind …

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Jon Pan

Der Meuchler

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Inhaltsverzeichnis Titel Jon Pan Der Meuchler Dieses eBook wurde erstellt bei - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Impressum

Kapitel 1

Der Feldweg war vom Regen aufgeweicht, und die Dunkelheit stahl den vielen Pfützen den Glanz. Kein Licht, nichts, nur das Geräusch von zwei Rädern, die sich unruhig ihre Bahn im matschigen Untergrund suchten. Weiter oben saß, mit krummem Rücken, den Kopf eingezogen, ein Mann auf dem Sattel und trat schnell und kräftig in die Pedale. Der Regen prallte gegen seinen schwarzen Ledermantel, der durch die Nässe an Festigkeit verloren hatte. Die wollene, mit Wasser vollgesogene Mütze, die der Radfahrer auf dem Kopf trug, hing ihm vorne ins Gesicht, war schwer wie dicker Brei. Aber er kam gut voran, sehr gut sogar.

Etwa zehn Kilometer hatte August Golaz nun hinter sich. Es musste nach acht Uhr sein. Fünf Kilometer lagen noch vor ihm. Das war in einer Viertelstunde zu schaffen. Er durfte einfach nicht stürzen. Und niemandem begegnen.

Wie immer hatte er die Anweisung an der vereinbarten Stelle abgeholt. Ein Zettel, auf dem in knappen Worten der Auftrag stand, dazu eine Zwanzigfrankennote, alles durch ein Stück Zeitung geschützt. Man schien inzwischen Vertrauen zu ihm zu haben. Sie wussten eben, dass sie sich auf August Golaz verlassen konnten!

Der Regen verstärkte sich. Windböen fegten in die Wasserfäden, peitschten sie auseinander. Golaz schnaubte vor Anstrengung. Die Beine bewegten sich in gleichmäßigem Tempo, immer an der Grenze zur Hast. Er tauchte in gefährlicher Schräglage in ein kleines Waldstück ein, trat weiter in die Pedale, obwohl der Weg nun abwärts führte. Die Lenkstange vibrierte durch die Erschütterungen, die der nun härtere Boden verursachte. Golaz hielt sie mit eisernem Griff umklammert. Was er einmal in den Händen hatte, ließ er nicht mehr so schnell los.

Schon befand er sich wieder auf einem freien Feld. Er kannte die Strecke genau. Von hier aus hätte er nun die Lichter der Ortschaft, in die er unterwegs war, sehen können. Doch kein Schimmer drang zu ihm durch. Und das lag nicht am Unwetter. Es war Krieg, was ohne Verdunkelung der Fenster, nahe an der deutschen Grenze auf Schweizerseite des Rheins, kritisch hätte werden können.

Golaz erreichte die ersten Häuser. Er hatte absichtlich einen kleinen Umweg gemacht, um nicht bei zwei Bauernhöfen vorbeifahren zu müssen. Dort gab es Hunde, und er durfte um nichts in der Welt auffallen. Wie ein Schatten schoss er durch Nacht und Regen. Bremste ab. Schob das Rad hinter eine Mauer, wo er es auf den Boden legte. Dann richtete er sich auf und blieb stehen, lauschte, trat hinter der Mauer hervor.

Kein Mensch war zu sehen. Die Fenster der Häuser verschmolzen mit der Nacht, verdunkelt, sollte hinter ihnen Licht brennen. Golaz machte einige Schritte. Das eine Bein zog er leicht nach, die Folge eines Klumpfußes, unter dem er seit seiner Geburt litt. Seine Hand griff in die Tasche des Ledermantels und umschloss die Pistole vom Kaliber 6,35 Millimeter.

Golaz schlich die Friedhofsmauer entlang, verließ sie, überquerte einen Schulhof. Noch immer regnete es.

Das Haus lag seitlich des Dorfausgangs. Eine hohe Hecke zäumte es ein. Es handelte sich um eine Villa. Wer hier wohnte, war nicht arm. Doch wer wohnte hier? Golaz wusste es nicht. Das gehörte nicht zu seinem Auftrag.

Noch immer hielt er die Pistole in der Manteltasche umschlossen. Jetzt wurde genaues Beobachten von ihm gefordert, was ihm nicht leicht fiel, denn Golaz war auf dem einen Auge fast blind, das ebenfalls seit seiner Geburt. Er schaute sich um, suchte eine geeignete Stelle, die ihm Schutz, aber auch eine gute Aussicht bot. Er entschloss sich, hinter einem der auf der anderen Straßenseite stehenden Kastanienbäume Posten zu beziehen.

Sein Auftrag lautete: Haus observieren ab 20.30 Uhr. Genaue Uhrzeit, wann männliche Person, vermutlich mit Wagen unterwegs, das Haus verlässt . Auch andere Vorkommnisse wie zusätzliche Personen, die kommen oder gehen, musste er aufschreiben. Diese schriftliche Anweisung hatte Golaz natürlich längst verbrannt.

Es konnte eine lange Nacht werden, das war er sich bewusst. Warum bekam er nicht endlich bessere Aufträge, vor allem welche, die mehr Geld einbringen würden? Doch gab es solche Aufträge überhaupt? Golaz zog sich die Nase hoch, schob sich die klatschnasse Wollmütze aus der Stirn. Warum tat er das hier? Weil er sein Land von den Nazis beschützen wollte? Weil er ein Patriot war, einer, dem etwas an seinem Vaterland lag? Oder tat er es bloß wegen des Geldes? Ja, es ging ihm finanziell nicht gut. Sein kleines Fahrradgeschäft brachte kaum etwas ein. Die Zeiten waren eben schlecht. Doch allein daran lag es nicht. Schon als er vor acht Jahren aus seiner Geburtsstadt Genf hierher an den Rhein gezogen war, hatte er nichts als Schulden gehabt. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, zwei Jahre später ein eigenes Fahrradgeschäft zu eröffnen und bis heute zu behalten. Wie lange noch? Die Generalmobilmachung hatte ihn nicht erfasst. Und trotzdem arbeitete er nun für sein Land.

»Merde!«, fluchte er, was er immer auf Französisch tat. Mit der einen Hand stützte er sich am Kastanienbaum ab. Das Haus schien zwischendurch gar nicht vorhanden zu sein. Und wenn sich seine Umrisse für Golaz Auge aus dem Regendunkel herausschälten, wirkte es unbewohnt.

Zwei Stunden verstrichen. Golaz hatte zwischendurch einige wenige Schritte zur Entlastung seiner Beine unternommen, vom einen Kastanienbaum zum anderen und wieder zurück. Sollte er denn die ganze Nacht hier stehen? Für zwanzig Franken! Er wusste ja nicht einmal, um was es hier ging! Wenn schon, dann wollte er weiterkommen, mehr wissen, um mehr unternehmen zu können. Ewig den kleinen Spitzel zu spielen, lag ihm nicht. Er war doch kein Idiot, den sie für ein paar lumpige Franken ausnützen konnten und den sie dann im entscheidenden Moment so oder so fallen ließen.

Golaz trat hinter dem Kastanienbaum hervor und schritt auf die Hecke zu. Dort angekommen, bückte er sich. Der Ledermantel gab mit wässerigem Knirschen nach. In geduckter Haltung schlich er die Hecke entlang, was mit seinem Klumpfuß nicht einfach war. Mit der einen Hand tastet er ins Gebüsch hinein und suchte nach einer Stelle, an der er durchschlüpfen konnte. Als er eine Öffnung fand, zwängte er sich auf die andere Seite.

Jetzt musste er besonders vorsichtig sein. Einen Moment lang zögerte Golaz sogar, überlegte, ob er nicht besser zurückkriechen sollte. Seine Hand holte jedoch die Pistole aus der Tasche. Er entsicherte sie. Es war nicht auszuschließen, dass hier ein Hund zur Bewachung des Hauses gehalten wurde. Nur hätte der sich längst bemerkbar machen müssen! Golaz zielte mit der Pistole in die Dunkelheit, verharrte in gebückter Stellung, horchte die Gegend nach einem verdächtigen Geräusch ab. Dann erhob er sich und eilte mit schnellen Schritten auf das Haus zu, presste sich dort gegen die Wand.

Direkt neben ihm war ein Fenster. Golaz kauerte sich darunter, ging mit dem Kopf höher, suchte nach Ritzen, durch die Licht schimmern könnte. Dunkelheit. Sofort beschäftigte er sich mit weiteren Fenstern, die im Parterre alle vergittert waren. Auch hier: Dunkelheit. Golaz kam auf die hintere Seite des Hauses und wandte sich dort den unteren Fenstern zu. Es gab auch eine große Veranda, der er sich besonders vorsichtig näherte. Vom Garten her führte keine Treppe in sie hinein. Verdammt verlassen wirkte das alles. Golaz störte es nicht, dass er bei seiner Sucherei in die Rosenbeete trampelte. Die Pistole hielt er schussbereit in der Hand.

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