Der Spaten, den er bei einem Seitenblick im Boden stecken sah – und den wer auch immer perfekt dort vergessen hatte – würde ihm aber ganz sicher dabei weiterhelfen.
Ohne zu zögern zog er ihn aus der Erde. Kaum hielt er ihn in den Händen, hörte er auch schon, wie Jemand in seine Richtung kam.
Er duckte sich, konnte die Person so besser durch das Blattwerk sehen, erkannte, dass es nicht Christopher, sondern die vermummte Gestalt war, wartete noch einen Moment auf den richtigen Augenblick, dann spritzte er in die Höhe, machte einen halben Schritt nach vorn und donnerte die flache Seite des Spatens mit derber Wucht in das maskierte Gesicht des Fremden.
Ein dumpfer Schlag, ein schmerzhaftes, überraschtes Aufstöhnen und schon wurde die Gestalt aus dem Lauf heraus abrupt abgebremst, ihre Beine zuckten in die Höhe und sie krachte wuchtig und hilflos mit dem Rücken voran zu Boden, wo ihre Luft schlagartig aus den Lungen wich, sie nochmals aufstöhnte und dann endgültig die Besinnung verlor.
Er schaute auf sein Opfer hinab, brummte dabei zufrieden und warf den Spaten beiseite. Dann beugte er sich herab und nahm der Gestalt ihre Gesichtsmaske ab.
Als er in das wirklich hübsche und attraktive Gesicht einer jungen Frau, mit blonden Haaren und ebenmäßigen Gesichtszügen – er schätzte ihr Alter auf etwa dreißig – schaute, war er sichtlich überrascht und zog die Augenbrauen in die Höhe.
„Das ist ja ein Mädchen!“ stieß er überrascht hervor. Dann atmete er gestresst aus. „Verdammt, Chris. Du Idiot!"
Mit einem weiteren Schnaufen drehte er die junge Frau auf den Bauch und griff im Rücken den Gürtel ihres schwarzen Overalls. Dann erhob er sich wieder, wobei er sie ebenfalls mit anhob und ging so, als trage er ein langes Paket in der rechten Hand, weiter auf das Grundstück. Der bewusstlose Körper der Frau knickte natürlich im Beckenbereich ein und sowohl ihre Füße, als auch ihre Arme schleiften auf dem Boden, doch das ignorierte er.
Als er auf die Rasenfläche hinaustrat und nur weinige Meter weiter den bewusstlosen Christopher sah, hielt er kurz inne und grollte verärgert. Dann trat er zu ihm und ließ die Frau einfach auf den Rasen fallen.
Er beugte sich zu Christopher herab und schaute ihm einen Moment stumm und ausdruckslos in sein Gesicht, dann atmete er tief durch. Das heißt, er wollte es, doch er hielt unvermittelt inne. „Wonach zum Teufel...?“ Er beugte sich weiter zu Christopher herab und schnüffelte. „Das ist...Whiskey...!“ Mit einem verärgerten Brummen zog er seinen Oberkörper wieder zurück. „Na, warte...!“ Er hob seine rechte Hand an und ohne lange zu zögern, verpasste er seinem Gegenüber einige sehr... sehr… kräftige Ohrfeigen, dass es nur so knallte und Christophers Kopf hin und her geschleudert wurde.
Nach dem dritten Schlag war ein leises Stöhnen zu hören, nach dem fünften Schlag wurde es schon lauter. Nach dem achten Schlag mischte sich Verärgerung mit hinein, doch erst nach dem elften Schlag öffnete Christopher seine Augen. Es dauerte aber nochmals fünf Schläge, bevor er wohl begriff, was hier passierte. Dann stieß er einen erstickten Schrei aus, schlug in einem Reflex die Schlaghand seines Peinigers beiseite und richtete ruckartig seinen Oberkörper auf. Mit weit geöffneten Augen und schwerem Atem starrte er in das Gesicht des Mannes neben ihm. Für ein paar Momente trat eine bedrückende Stille ein, in der man nur den rasselnden Atem Christophers hörte.
Dann klärte sich sein Blick wieder und er erkannte den Mann vor sich. Doch sofort war er sichtlich überrascht, aber auch unsicher, ob das was er sah, auch tatsächlich real war. „Doug?“ Christopher beugte sich näher zu ihm. „Douglas?“
Ja, es war in der Tat sein alter Freund und Partner Douglas Maroon, der da neben ihm hockte und ihn ausdruckslos anschaute.
Doch als Christopher noch näher kam, verzog sich sein Gesicht zu einer gequälten Miene. „Gott, du stinkst erbärmlich, Alter!“ Douglas drückte ihn von sich weg.
„Ich...!“ Christopher war scheinbar noch nicht vollkommen wieder in die Wirklichkeit zurückgekehrt. „Aber....!“ Er grinste kurz breit, dann war da wieder Unsicherheit, Irritation und Erstaunen. Schließlich riss er seine Augen noch weiter auf. „Au Scheiße!“ stieß er hervor und sein Gesicht verformte sich ebenfalls zu einer gequälten Grimasse.
„Was?“ Jetzt war Douglas doch ziemlich überrascht. „Ja, danke auch, du Arsch!“ Ein bisschen mehr Freude hätte er sich schon gewünscht.
Doch schon in der nächsten Sekunde schob ihn Christopher beiseite, sein Oberkörper zuckte nach vorn, klappte vornüber und ehe sich Douglas versah, erbrach sich sein ehemaliger Partner wuchtig und ausgiebig – mitten auf dem Rücken der Einbrecherin.
„Gott, das ist ja... bah …widerlich!“ stöhnte Douglas beinahe entsetzt auf und rutschte noch ein Stück weiter weg, um keinen Spritzer abzubekommen. Die bewusstlose, junge Frau, bekam davon natürlich nichts mit, tat Douglas aber sofort irgendwie leid.
Nach wie es ihm schien ewig langen Momenten, stöhnte Christopher schwer auf, holte tief Luft und setzte seinen Oberkörper wieder aufrecht. Dabei entwich ihm ein tiefer, ausgiebiger Rülpser, gefolgt von weiteren schweren Atemzügen.
Douglas schaute ihn in diesen Momenten nur ziemlich geschockt an, was Christopher letztlich nicht entging. „Was?“ rief er atemlos und gereizt.
„Bist du...fertig?“ erwiderte Douglas mit einem gequälten Gesichtsausdruck. Er zwang sich, nicht auf den Rücken der Frau zu schauen, sah es aber stattdessen feucht auf Christophers Lippen und auf seinem Kinn schimmern. Sogleich wurde auch ihm ein wenig übel.
Christopher nickte. „Ich hätte den Burger nicht essen sollen!“
Jetzt lachte Douglas leise verächtlich auf. „Du hättest dich nicht besaufen sollen!“
Christopher musste ebenfalls auflachen und nicken, dann aber wurde sein Blick hasserfüllt. „Aber er hat selber schuld!“ Er deutete auf die Frau. „Er hat mir sein Knie in den Bauch gerammt!“
Douglas schaute Christopher mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Dein Er ist eine Sie !“ Er griff nach ihrem linken Arm und drehte sie auf den Rücken, wobei er sehr darauf achtete, dass er nicht mit Christophers Kotze in Berührung kam. Dennoch stieg ihm ein widerlicher Geruch in die Nase und er musste stöhnen.
„Was?“ Christopher schien im ersten Moment böse geschockt und starrte stumm auf das hübsche Gesicht der Frau, auf dem sich jedoch bereits auf dem rechten Wangenknochen und rund um das rechte Auge eine deutliche Schwellung und rötliche Hautverfärbung zeigte – die Folgen des Spatenschlags. Dann aber entspannte er sich wieder. „Hab ich also doch richtig gesehen!“ Er schaute zu Douglas und grinste. „Ich hab das schon früher bemerkt!“ Er blickte zurück zu der Frau und lächelte in sich hinein. „Diese kleine Ratte!“
„Ey Mann!“ Douglas war ernst und genervt. „Blickst du es noch?“ Er wartete, bis Christopher ihn ansah, dann deutete er auf die Frau. „Das ist ein Mädchen! Und...!“
„Und was?“ erwiderte Christopher gerade heraus.
„...du...bist ein Kerl!“
„Ja, und?“ Christopher schien nicht zu verstehen.
„Früher, da...!“ Douglas war etwas nervös.
„Früher...was?“ Christopher Stimme klang jetzt gereizt und sein Blick verfinsterte sich. Gleichzeitig zog er seine Beine an und stützte sich auf seinen rechten Arm.
„Ich...!“ Douglas Körper spannte sich an und auch er machte sich bereit, schnell aufzustehen. „...meine nur, dass...!“
„Was?“ Christopher spritzte unerwartet schnell auf die Beine und war sichtlich wütend. Douglas musste blitzschnell reagieren und kam nur einen Wimpernschlag nach ihm auf die Beine. So standen sie sich dicht gegenüber und funkelten sich böse an. Dann nickte Christopher. „Los komm schon!“
Читать дальше