Nicolas Bjausch
Lila Blitz - Das Geheimnis der Snirq
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Inhaltsverzeichnis
Titel Nicolas Bjausch Lila Blitz - Das Geheimnis der Snirq Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Kapitel: „Der Biss des Nachtvogels“
2. Kapitel: „Als Frau Spitzhak verschwand“
3. Kapitel: „Die Gestalten“
4. Kapitel: „Eine Stadt“
5. Kapitel: „Die Mutprobe“
6. Kapitel: „Zum Hafen“
7. Kapitel: „Tyrann“
8. Kapitel: „Fallende Masken“
9. Kapitel: „Sturm“
10. Kapitel: „Siljo“
11. Kapitel: „Die Heimkehrer“
12. Kapitel: „Die Schlucht der Schmetterlinge“
13. Kapitel: „Die Snirq“
14. Kapitel: „Erwin“
15. Kapitel: „Franc“
16. Kapitel: „Der Eindringling“
17. Kapitel: „Die Festung“
18. Kapitel: „Der Prozess“
19. Kapitel: „Lilas Schrei“
20. Kapitel: „Sonnenschwämme“
21. Kapitel: „Die zerstörten Snirq“
22. Kapitel: „Theaskys Geschichte“
23. Kapitel: „Lila Blitz“
24. Kapitel: „Vierundzwanzig Stunden“
25. Kapitel: „Suoltary“
26. Kapitel: „Operation“
27. Kapitel: „Die unbändige Wut“
28. Kapitel: „Schaltzentrale“
29. Kapitel: „Die Tauben“
30. Kapitel: „Rache“
31. Kapitel: „Zum Feuer“
32. Kapitel: „Notfallkonferenz“
33. Kapitel: „Loslassen“
34. Kapitel: „Nacht“
Impressum neobooks
1. Kapitel: „Der Biss des Nachtvogels“
Lila spürte den feuchten, kühlen Sand unter ihrer Wange. Ihre Finger hatten sich rechts und links von ihrem Körper in den Schlick gegraben. Als ob sich Lila an etwas festhalten wollte. Der Boden unter ihr war weich. Ihr Körper fühlte sich so schwer an, als ob er in der Erde versinken wollte.
Das Aroma von Salz und Algen drang Lila in die Nase. Lila zuckte zusammen, als sie den beißenden Geruch wahrnahm. Sie hatte die Augen geschlossen. Ihre Lider waren schwer wie Blei. Das tosende Krachen der Brandung ließ den nassen Boden erzittern. Die brechenden Wellen konnten nur einige Meter entfernt sein. Lila spürte die Bewegung des Wassers hinter sich.
Lila versuchte, sich zu bewegen. Ihre Arme, ihre Beine, eigentlich der ganze Körper schmerzte. Sie fühlte sich, als ob sie mitten aus dem tiefsten Schlaf gerissen worden war. Auf all ihren Muskeln schien das Gewicht von tausend Tonnen zu lasten.
Jetzt entschloss sich Lila, gegen die wahnsinnige Müdigkeit zu kämpfen, die auf ihr lag. Sie sammelte ihre Kraft. Doch in diesem Moment reichte sie allein dazu, ihre Augen zu öffnen. Durch einen Schleier sah Lila nur ein dunkles Grau. Erst als sie es geschafft hatte, sich wenigstens auf ihre Ellbogen zu stützen, nahm sie wahr, was um sie herum passierte.
War es Nacht? Oder brach bereits das Morgengrauen über dem Strand herein? Die grauschwarzen Wolkenberge türmten sich gigantisch über Lila auf. Nur an wenigen Stellen blitzte weißes, aber trübes Licht am Himmel hervor. Langsam, ganz langsam ließ Lila ihren Blick über den Strand gleiten. Vor ihr lag körniger Sand, der in einiger Entfernung bis an eine graue Wand aus Kreidefelsen reichte. Das Meer hatte die Felsen über viele Jahre hin ausgespült. Noch vor kurzer Zeit musste die Flut an der Stelle gewütet haben, an der Lila jetzt lag. Darum war der Boden unter ihr nass. In kleinen Prielen stand schaumiges Meerwasser. Lila drehte sich um. Hinter ihr lag der Ozean. Die Wucht der tobenden Wellen beruhigte sich erst kurz vor dem Strand.
Lila stöhnte, als sie sich auf ihre Knie setzte. Was war ihr nur geschehen? Warum fühlte sie sich so erschlagen? Wie war sie hier hergekommen? Aber so sehr Lila auch nachdachte, es fiel ihr nicht ein. Sie erinnerte sich nicht. Lila schaute nach rechts und nach links, auf den Ozean und an den Felswänden entlang. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, sofern Lila das in der bleiernen Finsternis beurteilen konnte.
Endlich gelang es Lila, sich auf ihre Füße zu stellen. Sie taumelte, bevor sie ihr Gleichgewicht fand. Sie sah an sich herab. Ihre Kleider waren zerschlissen. Ihr langes, violettes Haar hing strähnig über ihre Schultern herab. Überall war Sand. Auf ihrer Hand klaffte ein Schnitt. Er blutete. Hilflos suchte Lila in ihren Hosentaschen. Ein zerknülltes Taschentuch war darin. Es war feucht. Als Lila es sich um die Hand band, brannte es. Das Tuch war voller Salzwasser.
Lilas Kopf dröhnte. Sie wünschte sich, dass das ohrenbetäubende Donnern der Brandung verstummen würde. Aber das tat es nicht.
Wohin sollte sie gehen? Nach rechts? Nach links? Sollte sie versuchen, die Kreidefelswand hinaufzuklettern? Wenn sie sich doch nur erinnern konnte, was geschehen war! Dann hätte sie vielleicht auch gewusst, wo sie sich überhaupt befand. Weder rechts noch links konnte Lila ein Ende des Strandes erkennen. Jeder Schritt kostete Kraft. Sie hatte keine Idee, was sie tun konnte. Was war vernünftig? Vielleicht sollte sie besser bleiben wo sie war. Vielleicht suchte jemand nach ihr und würde sie retten.
Lila blickte zum Himmel. So bedrohlich die gewitterschweren Wolken über ihr auch schienen, so boten sie ihr doch Schutz. Noch drang kein wirkliches Tageslicht hinab. Aber was sollte geschehen, wenn es hell würde? Lila entschied sich, sich in die Nähe der Kreidefelsen zu begeben. Vielleicht gab es dort eine Höhle, eine Grotte, in der sie sich verstecken konnte, wenn es sein musste.
Sie schleppte sich über den Strand. Erst jetzt spürte Lila, wie durstig sie war. Außerdem wurde der Weg mit jedem Schritt beschwerlicher. Über den nassen Sand zu laufen, war nicht so schwer. Aber in den weichen, staubigen Sand sank sie mit jedem Schritt ein bisschen in den Boden ein.
Endlich, nach Minuten, die Lila wie Stunden vorkamen, hatte sie die Felswand erreicht. Sie drehte sich wieder nach dem Meer um. Der Ozean wütete am ganzen Horizont entlang. Die ganze Welt schien unter den Wolkenriesen zu liegen.
Lila lehnte sich mit dem Rücken an die Felswand. Jetzt, da sie ein wenig Erleichterung spürte, gaben ihre Knie wie von selbst nach. Sie rutschte mit dem Rücken an dem glatten Felsen nach unten. Plötzlich saß sie wieder auf der Erde im weichen Sand.
Was um alles in der Welt war denn nur geschehen? Ganz alleine war sie hier an diesem Strand. Plötzlich konnte Lila es nicht mehr zurückhalten: Sie begann zu weinen. Niemand war da, der erklären konnte, was passiert war. Niemand war da, der sie tröstete. Und niemand, der ihr einen Rat geben konnte, was sie tun sollte. Frau Spitzhak hätte Lila sicherlich einen Rat geben können.
Richtig – Frau Spitzhak! Vor nicht allzu langer Zeit war Lila noch bei ihr gewesen, bis sie – Jetzt fiel es Lila wieder ein. Ihr war, als hätte sie seit Tagen nicht an Frau Spitzhak gedacht. Dabei hatte Lila doch eigentlich ihr ganzes Leben bei der alten Frau verbracht. Wie sehr wünschte sich Lila jetzt in das gemütliche Haus zurück. Für andere Menschen mochte es wohl ein bisschen ungewöhnlich dort gewesen sein. Aber Lila war immer glücklich dort gewesen. Dafür hatte Frau Spitzhak immer gesorgt.
Es war wahrlich kein gewöhnliches Leben, was Lila dort führte. Aber ein „normales“ Leben konnte Lila wegen ihrer Krankheit sowieso nicht führen. Das hatte Frau Spitzhak ihr von klein auf erzählt. Dass Lila immer achtsam sein musste, dass ihr nichts geschah. Was für ein Glück es gewesen war, dass Frau Spitzhak Lila damals als Baby auf ihrer Türschwelle gefunden hatte. Denn Frau Spitzhaks Haus war ideal für ein Kind wie Lila.
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