1 ...6 7 8 10 11 12 ...16 Die “ Zukunftspraxis” (18%) zeichnet sich durch eine hohe Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Praxis aus, pflegt intensive Patientenbindungen und nutzt die zur Verfügung stehenden finanziellen Spielräume optimal aus.
2 Führung und Zusammenarbeit
2.1 Führung in Arztpraxen: Wenig hilft noch weniger
Best Practice: Qualitätsmanagement ersetzt nicht die Führung!
Bestimmt man Art und Intensität der in Arztpraxen eingesetzten Führungsinstrumente (Leadership materialization score, LMS) und stellt dem Einsatz die Wirkung aus Sicht der Mitarbeiterinnen (Leadership impact score, LIS) gegenüber, ergibt sich in den meisten Arztpraxen diese Bilanz: mit einem gering ausgeprägten Führungsinstrumentarium wird ein noch geringerer Effekt erzielt, u. a. auch, weil Teile der als vorhanden deklarierten Instrumente unzureichend eingesetzt werden. Eine Ursache hierfür ist - neben fehlendem Wissen über Führungsmechanismen und dem Glauben an die Selbststeuerungskräfte des Personals - eine durch das Qualitätsmanagement angestoßene Pro-Forma-Mentalität. Viele Praxisinhaber - die sehr offen hierüber sprechen - haben die verbindliche QM-Einführung als Reglementierung ihrer Arbeitet betrachtet und Instrumente zwar dokumentiert, aber nicht realisiert. Leidtragende sind die Mitarbeiterinnen, aber auch die Praxisinhaber selbst, denn die Leistung ihrer Praxen ist deutlich schlechter als sie sein könnte. Bereits ab einer Mitarbeiterzufriedenheit von „3“ (Schulnoten-Skalierung“) - und auf diesem Niveau liegen die meisten Mitarbeiter-Befragungsergebnisse - ist die Arbeitsproduktivität um mehr als ein Drittel niedriger als in einem optimierten Zustand.
2.2 Dr. med. Darwin
Best Practice: Mitarbeiter können und wollen sich nicht grundsätzlich selbst steuern!
"Auch mal seinen eigenen Arbeitsplatz verlassen, wenn man keine Arbeit hat und anderen Hilfe anbieten!"
"Offener über Unstimmigkeiten reden, ohne dass sich jemand gleich plötzlich angegriffen fühlt!"
"Bessere Absprache zwischen den Kolleginnen, auch bei der Urlaubsplanung!"
"Ordentliche Antworten auf ordentliche Fragen!"
"Freundlicherer Umgang miteinander!"
Diese Verbesserungsvorschläge, die von den Mitarbeiterinnen einer Augenarzt-Praxis im Rahmen einer Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragung aufgestellt wurden, erklären die parallel feststellbare, äußerst gering ausgeprägte Teamharmonie. Benchmarking-Praxisanalysen, die dieses Befragungsmodul enthalten, zeigen immer wieder derartige Resultate: die praxisintere Kollegialität ist gestört. Auf der Suche nach den Gründen verweisen die einzelnen Mitarbeiterinnen meist auf das Verhalten der Kolleginnen und sehe sich selbst in der "Opfer-Rolle". Die Praxisinhaber stören derartige Verhältnisse kaum, solange ihre Arbeit hierdurch nicht beeinträchtigt wird. Die meisten sind der Meinung, dass mit der Verteilung der Aufgaben an das Personal der zentrale Führungsrahmen gesetzt ist und sehen darüber hinaus auch keinen Handlungsbedarf, da sie - so eine häufige Begründung - von Mediziner-Kollegen immer wieder hören, dass es in deren Praxen nicht anders ist: "Irgendwie einigen die sich doch immer, die besseren Argumente setzen sich durch und die Arbeit läuft ja!". So ist in Fachkreisen eine Art "minimalistische (Nicht-) Führungstheorie für Arztpraxen" entstanden, die fast darwinistische Züge trägt. Die Leidtragenden sind die Mitarbeiterinnen, denn - von durchaus existierendem unkollegialem Verhalten abgesehen - ist vor allem mangelnde Führung der Grund für interpersonelle Fehlsteuerungen in Praxisbetrieben. Auf den Gedanken, dass die Nicht-Führung mit ihrer Wirkungs-Kaskade "Mitarbeiter-Produktivität- Patientenzufriedenheit-Image" Praxisgewinn kostet, wird nicht bedacht.
2.3 Regel-gerecht erfolgreich
Best Practice: Mitarbeiter wünschen sich eine klare Ordnung!
Regeln sind erwünscht
Mitarbeiterbefragungen zeigen immer wieder: Medizinisch Fachangestellte wünschen sich vor allem klare, für das gesamte Praxisteam verbindliche Regeln, die das Miteinander strukturieren.
Ärzte setzen auf Eigeninitiative
Praxisinhaber, besonders in kleineren Praxisbetrieben, sind jedoch der Ansicht, dass die Mitarbeiterinnen diese Ordnung am besten selbst herstellen können / sollten, denn das Grundgerüst ergäbe sich ja - mehr oder weniger von selbst - aus den täglich anfallenden Arbeiten. Aber Team-Selbststeuerungen kommen schnell an ihre Grenzen, wenn unterschiedliche Fähigkeiten, Sichtweisen und Motivationen aufeinandertreffen. Hier bedarf es - wie die positiven Erfahrungen in Best Practice-Praxisbetrieben zeigen - eines für alle Helferinnen geltenden Werte- und Verhaltenskodexes.
Wenig Motivation durch Freiheit
Manche Mediziner verzichten auch aus motivatorischen Gründen auf die Festlegung von Strukturen, aber die hieraus entstehenden Probleme und Konflikte überwiegen in ihrer negativen Wirkung bei weitem den angestrebten positiven Effekt. Zudem widersprechen sich Regeln und Motivation nicht, wenn die Mitarbeiterinnen in die Entwicklung des Regelwerks eingebunden werden, es ihnen genügend "Luft zum Atmen" bietet und alle Mitarbeiterinnen nach den gemeinsam beschlossenen Vorgaben gleich behandelt werden.
Regelwerke im Wandel
Berücksichtigt werden muss zudem, dass Arbeitsstrukturen zwar eine stabile, aber keine auf ewig festgeschriebene Grundlage sind. Sie müssen regelmäßig überprüft und bei sich verändernden Verhältnissen angepasst werden. Deshalb sollte die Bedingungsfaktoren der Zusammenarbeit einen festen Platz in Teambesprechungen haben. So ist nicht nur gewährleistet, dass alle immer wieder an den Handlungsrahmen erinnert werden, sondern auch ihre persönlichen Sichtweisen einbringen können.
2.4 Ein Hauch von Nichts: Führung in der Arztpraxis
Best Practice: Lob und Kritik müssen ausbalanciert sein!
"Wir alle im Team leisten sehr gute Arbeit, meist unter Stress, und möchten nicht für Kleinigkeiten 'runtergeputzt werden!" Diese Forderung einer Medizinischen Fachangestellten aus einer Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragung ist charakteristisch für ein Problem, unter dem viele Arzthelferinnen leiden: die Praxisinhaber geben ihrem Personal keine Rückmeldung, wie sie dessen Arbeitsqualität sehen, machen aber in nicht vorhersehbaren Situationen und aus nichtigen Gründen - so ist zumindest die Sicht der Arzthelferinnen - ihrem Ärger Luft. Ein Beispiel ist die häufig verwendete Frage: “Muss ich denn hier wirklich alles alleine machen?”. Diese und ähnliche Aktionen wären einigermaßen erträglich, wenn motivatorische Elemente eine Balance herstellten, doch diese fehlen häufig vollständig und so entstehen Unsicherheit und manifeste Demotivation. In einem früheren Beitrag wurde bereits auf das Schweigen der Chefs eingegangen. Es ist der u. a. auch der Ausdruck eines grundlegenden Verständnisses vieler Mediziner von Führung: nach ihrer Meinung reicht es aus, Aufgaben zu definieren und das Gehalt zu zahlen, der Rest ergibt sich von selbst. Diese Einstellung dokumentieren u.a. die Anfragen aus der an Medizinische Fachangestellte gerichteten Aktion "Kummerkasten". Aber auch Ärzte sind in Befragungen oft sehr ehrlich: "Zielvereinbarungen schließen? Zu aufwändig!", "Mitarbeitergespräche führen? Zu anstrengend!", "Mitarbeiter motivieren? Wozu?". Ein Blick auf "führungsaktive" Kollegen und ihre überdurchschnittlich erfolgreichen Praxen könnte hilfreich sein.
2.5 Augen zu und durch! – Ergebnisse des Coaching-Projektes „Führungshilfe“ für niedergelassene Ärzte
Best Practice: Seien Sie sich bewusst, dass die „Dienstleistung Arztpraxis“ personendominiert ist!
Ausgangssituation: Die Mitarbeiterführung ist die zentrale Steuerungsgröße des Praxiserfolges, denn die meisten im Arbeitsalltag auftauchenden Probleme resultieren aus einem unzureichenden oder falschen Führungsmanagement. Aufgrund dieser Erfahrung aus Praxisanalysen wurde das Coaching-Projekt „Führungshilfe“ gestartet. Sein Ziel ist, Praxisinhaber zu unterstützen, problematische Führungssituationen besser zu bewältigen.
Читать дальше