Und doch waren es nicht diese Gedanken, die ihr jetzt die Tränen ins Gesicht trieben. Nein, es waren gute Gedanken. Gedanken, an die Menschen, die sie in den letzten zwei Tagen hatte kennenlernen dürfen. Menschen, die wie sie auf der Flucht waren, die ähnlich wie sie alles verloren hatten und die dennoch alles versuchten, um sich gegen diesen schier übermächtigen Gegner zu stellen und diesen widerlichen Krieg zu beenden.
Kendig, Rimbo, Captain Cosco, Shamos – und allen voran natürlich Jorik!
Und es war genau der Gedanke an diesen Mann, den sie jetzt nicht mehr loswurde.
Wo er wohl war? Wie es ihm wohl ging? Ob er auch einen Gedanken an ihr Wohlergehen formulierte?
Sie wusste es nicht, doch war ihr klar, dass ihre Gedanken, speziell aber das Gefühl der Sehnsucht nach ihm, weder hier und jetzt, noch überhaupt richtig waren.
Aber sie wusste auch, dass er es war, an den sie denken würde, wenn das Furchtbare wirklich geschehen und sie die Waffe an ihre Stirn halten würde, um sich selbst zur richten.
Und mit dieser Gewissheit ging sie zurück in die Höhle.
III
Melia konnte nicht schlafen.
Obwohl sie körperlich ziemlich erschöpft war und es in der großen Höhle, in die sich die Menschen nach der Flucht von Adi Banthu zurückgezogen hatten, sehr still war, fand sie nicht die nötige Ruhe, um in den Schlaf zu sinken.
Die Gründe hierfür waren auf der einen Seite natürlich sehr einfach, denn das Erlebte in den letzten beiden Tagen war sicherlich für jeden Menschen eine absolut schreckliche Erfahrung, die der Verstand zu diesem Zeitpunkt gerade einmal im Ansatz begreifen, sicher aber noch lange nicht ernsthaft verarbeiten konnte.
Bei Melia kam noch hinzu, dass sie sich an eine Zeit oder besser ein Leben vor dem Angriff der Fremden nicht mehr erinnern konnte. Es gab nur einige wenige Szenen, die wie Flashlights in ihr Gehirn zuckten und ihr Dinge und auch Menschen zeigten, die sie nicht - oder besser - nicht mehr kannte. Dann folgte eine kurze Phase mit Erlebnissen, die wie durch einen milchigen Schleier zu sehen waren und Ara Bandiks Straßen in Schutt und Asche zeigten und mit dem Blick von einem Schiff auf das unfassbare Schlachtfeld einer einstmals prachtvollen Stadt endeten.
Erste richtige, klare Erinnerungen hatte sie dann erst wieder, als sie auf dem Schiff mitten auf dem galpagischen Meer erwachte.
Seither versuchte sie das, was um sie herum geschah, zu verstehen und sich nicht davon überrollen zu lassen und gleichzeitig, sich an mehr aus ihrer Vergangenheit zu erinnern, was ihr aber ausnahmslos schon nach wenigen Momenten irrsinnige Kopfschmerzen verursachte.
Ein Mann hatte ihr dabei sehr geholfen, nicht völlig hilf- und haltlos durch die Gegend zu laufen. Sein Name war Nimas. Er war einige Jahre jünger als Melia. Als Mitglied einer Rettungstruppe hatte er sie und andere in den Straßen nahe dem Stadion in Ara Bandiks aufgelesen und zum Hafen gebracht. Da er gesehen hatte, wie schlecht es ihr ging, hatte er letztlich beschlossen, sie auf ihrer Reise zu begleiten.
Und er hatte sich wirklich rührend um sie bemüht, sie aufgebaut, sie versorgt und sie beschützt.
Ohne ihn, da war sich Melia sicher, wäre sie jetzt nicht mehr am Leben und sie war ihm unendlich dankbar für alles, was er für sie getan hatte.
Dass er jetzt tief schlafend dicht neben ihr lag und seinen rechten Arm über ihre Hüfte gelegt hatte, hatte jedoch noch einen anderen Grund und es war auch dieser, der Melias Gedanken nicht zur Ruhe kommen ließ und ihr den notwendigen Schlaf verweigerte.
Denn sie hatte vor wenigen Stunden erst mit Nimas Geschlechtsverkehr gehabt.
Es war, als sie ebenfalls nicht recht schlafen konnte und deshalb die Einsamkeit in der kleinen Grotte im hinteren Teil der Höhle gesucht hatte. Dort, wo der unterirdische See war. Da sie glaubte, vollkommen allein zu sein, weil alle anderen schliefen, hatte sie ihre Kleider abgelegt und war schwimmen gegangen.
Nach ein paar Momenten, in denen sie ihren Kopf tatsächlich von allen schlimmen und quälenden Gedanken befreien konnte und sich nur auf die Stille um sie herum und die kalte Reinheit des Wassers konzentrierte, musste sie feststellen, dass Nimas ihr offensichtlich gefolgt war.
Und nicht nur das: Als sie ihn erkannte, hatte auch er sich bereits entkleidet und stand am Ufer nackt vor ihr. Mit einem breiten Grinsen und einem Funkeln in den Augen machte er sich über ihren sichtlichen Schock lustig und blieb eine ganze Zeit, wo er war, sodass Melia seinen muskulösen, gut trainierten und wirklich attraktiven Körper deutlich sehen konnte.
Dann erst ging er ebenfalls ins Wasser, schwamm zu ihr und machte von der ersten Sekunde an keinen Hehl daraus, dass er nicht nur zur Abkühlung hierhergekommen war.
Anfangs war sich Melia absolut nicht sicher, ob sie seinem direkten, aber dennoch höflichen und niemals fordernden Werben nachgeben sollte und so verbrachten sie einige Zeit im See, wo sie sich locker unterhielten und Nimas einige Späße mit ihr trieb, die in erster Linie darauf ausgelegt waren, Körperkontakt zu ihr zu erlangen.
Melia ließ ihn gewähren, obwohl etwas in ihr sagte, sie sollte es nicht tun. Doch eine andere Stimme dort war lauter und die sagte ihr, dass sie Nimas wirklich sehr viel zu verdanken hatte und sie ihn deshalb nicht von sich weisen durfte.
Außerdem – und da war sie wirklich ehrlich – fühlte sich sein Körper gut an und auch seine Hände auf ihrem Körper empfand sie als nicht unangenehm.
Also kam es, wie es kommen musste. Sie verließen den See und suchten sich ein verborgenes Plätzchen hinter einem großen Felsbrocken im hinteren Teil der Grotte. Nimas verlor wirklich keine Zeit und begann sofort, ihren Körper zu streicheln und mit seinen Lippen zu liebkosen. An den entscheidenden Stellen nahm er seine Zunge zur Hilfe.
Melias Zweifel waren zwar noch immer da, doch erkannte sie sehr schnell, dass Nimas seine Sache sehr gut machte und ihre Erregung stieg.
Schließlich schob er seinen Unterleib zwischen ihre Beine und drang in sie ein. Eine ganze Zeit lang nahm er sie in dieser Position, bevor er sie zu sich zog, sich selbst hinsetzte und sie sich schließlich auf ihm zu bewegen begann.
Das gefiel Nimas offensichtlich ganz besonders, denn sein Stöhnen wurde deutlich lauter, bis er schließlich nach einiger Zeit einen ziemlich wuchtigen Orgasmus hatte.
Mit einem zufriedenen Grinsen schob er Melia wieder von sich und sie legten sich nebeneinander, um sich auszuruhen.
Später schien es ihr, als würde Nimas noch ein zweites Mal Sex haben wollen, doch sie reagierte frühzeitig und sagte, ihr wäre kalt, was auch stimmte, und sie wollte nach Chalek sehen.
Nimas willigte widerstrebend ein und sie kehrten zurück in die große Höhle.
Den ganzen Tag über hatte Melia dann genug Arbeit zu erledigen und wenig Gelegenheit, sich über das Erlebte Gedanken zu machen.
Doch jetzt, als alles langsam wieder ruhiger wurde, kamen ihre Eindrücke zurück.
Noch immer wusste sie nicht, ob sie das Richtige getan hatte, als sie Nimas Werben nachgegeben hatte. Aber es wäre gelogen, wenn sie sagen würde, dass der Sex mit ihm schlecht gewesen wäre, denn das war er nicht. Nimas war ein wirklich sehr guter Liebhaber gewesen, wusste was und wo er Dinge bei einer Frau tun musste, um sie zu erregen, was ihm letztlich ja auch gelungen war, wenn er Melia am Ende auch nicht zu einem eigenen Höhepunkt hatte bringen können.
Dennoch war es guter Sex gewesen, auch wenn sie sich an vergleichbare Erlebnisse ja leider nicht mehr erinnern konnte. Innerlich aber empfand sie es so.
Für Nimas jedenfalls war es guter Sex gewesen. Das hatte sie gehört, gespürt und er hatte es ihr letztlich auch bestätigt. Und auch kein Geheimnis daraus gemacht, dass er hoffte, nein, eigentlich schon eher davon ausging, dass es nicht bei diesem einen Mal bleiben würde.
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