M.P. Anderfeldt - Dunkelheit über Tokyo

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Ein junger Mann hat das einsame Leben in einem Shinto-Schrein in den Bergen Nordjapans satt und fängt in Tokyo ein neues Leben an. Er findet Freunde, einen Job und trifft eine junge Frau.
Doch Etwas ist ihm gefolgt aus den Bergen, etwas Gefährliches. Der Tod kommt nach Tokyo und droht sein neues Leben zu zerstören. Und welches Geheimnis verbirgt die junge Frau?

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M.P. Anderfeldt

Dunkelheit über Tokyo

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Inhaltsverzeichnis Titel MP Anderfeldt Dunkelheit über Tokyo Dieses ebook - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel M.P. Anderfeldt Dunkelheit über Tokyo Dieses ebook wurde erstellt bei

Dunkelheit über Tokyo Dunkelheit über Tokyo Anmerkung: In diesem Buch kommen viele japanische Ausdrücke vor. Die wichtigsten werden im Kapitel Erkl ä rung der japanischen Begriffe am Ende des Romans erklärt.

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Naosuke, 1868

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Will, 1945

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Tsubasa, 1985

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Naoki, heute

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Erklärung der japanischen Begriffe

Nachwort des Autors

Nur zehn Tage – Leseprobe

Die Prinzessin der Lilien – Leseprobe

Impressum neobooks

Dunkelheit über Tokyo

Anmerkung: In diesem Buch kommen viele japanische Ausdrücke vor. Die wichtigsten werden im Kapitel Erkl ä rung der japanischen Begriffeam Ende des Romans erklärt.

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Noch einmal, ein letztes Mal, strich Takeo beinahe zärtlich über das verwitterte Holz des Torii, des uralten Tors, das zum Schrein führte. Seine Fingerkuppen ertasteten eine kleine Mulde, ein Astloch. Wie lange mochte es her sein, dass aus diesem Stamm ein frischer Trieb gesprossen war?

Er trat hindurch und wandte sich um. Am oberen Ende der steinernen Treppe mit den unregelmäßigen Stufen lag der Platz mit dem Haiden, dem Hauptgebäude. Unzählige Male, in der Kälte des Winters ebenso wie bei brütender Hitze, war er auf das Dach geklettert um es auszubessern, doch konnte er sich nicht erinnern, dass es jemals richtig dicht gewesen wäre.

Der Fensterladen des kleinen Stands daneben, in dem sie Amulette und Glücksbringer wie Ema, Omikuji und Omamori verkauft hatten, würde sich nun nie wieder öffnen. Naja, außer zu Neujahr war sowieso nie viel los gewesen – und auch das hatte nachgelassen. Viele machte es nichts aus, in den größeren Schrein in Stadt zu fahren.

Alles wirkte leer und verlassen. Einzig das Wasser im Chozuya, dem kleinen Springbrunnen, plätscherte fröhlich wie eh und je. Nur würde kein Gläubiger mehr eine der hölzernen Kellen zur Hand nehmen, um sich zu reinigen. Nie wieder.

Oder doch? Vielleicht würde die alte Teru ja noch mal vorbeischauen. Früher war sie regelmäßig gekommen, sie hatte immer erzählt, wie wichtig das sei. Die meisten anderen regelmäßigen Besucher waren inzwischen gestorben, und auch Teru war schon über 80 Jahre alt und hatte Mühe, den Weg zum Heiligtum zu erklimmen.

Durch die Baumkronen konnte er die strahlend weiße Fassade des Luxushotels erkennen, das seit ein paar Jahren unten an der Küste stand. Es schien so nah.

Sein Vater war ganz aufgeregt gewesen, als das Hotel geöffnet hatte und tatsächlich war eines Tages ein Angestellter gekommen, hatte sich geduldig den Schrein zeigen lassen und dann noch lange mit seinem Vater gesprochen. Der hatte daraufhin gehofft, dass nun viele Touristen kämen. Er hatte sogar davon gesprochen, wieder ein Mädchen als Miko einzustellen.

Doch das war lange her. Die Touristen waren ausgeblieben. Während Takeo die verwitterten Stufen mit traumwandlerischer Sicherheit herabsprang, erinnerte er sich, dass er einmal das Hotel besucht hatte. Er war in einer großen Halle gestanden, die mit einem dicken, dunkelgrünen Teppichboden ausgelegt war. Ein Grüppchen junger Frauen in weißen Bademänteln mit dem Hotel-Logo war schnatternd und lachend an ihm vorübergegangen. Sie hatten gegackert wie Hühner, und schnell gesprochen wie die Moderatoren im Fernsehen. Eine hatte ihm einen Blick zugeworfen und ein wenig gelächelt. Zumindest hatte er sich das eingebildet, vielleicht hatte sie auch nur über einen Witz gelacht, den er nicht verstand.

Takeo hatte die schönen Fotos des Onsen betrachtet, die an der Wand hingen. Man konnte im dampfend heißen Wasser liegen und dabei das Panorama der Küste und der Berge genießen. Texte priesen die Qualitäten des Wassers, das wohltuend und heilsam sein sollte. Auf den Fotos sah man, wie Männer behaglich im dampfenden Wasser lagen und, ein Glas Sake in der Hand, die schneebedeckten Gipfel betrachteten.

Daneben hingen Poster, die für organisierte Ausflüge warben: »New Fashion Outlet Center – 35 Designergeschäfte in einer einzigen Mall«, »Unvergessliche Apfelblüte«, »Island-hopping mit einem traditionellen Fischerboot« und »Tour der 12 Tempel und Schreine«. Die 12 waren auch einzeln aufgeführt, Fotos zeigten eindrucksvolle Gebäude, Priester und Maikos in prächtigen Gewändern. Der Schrein seines Vaters war natürlich aber nicht dabei. Er kannte die anderen Heiligtümer, alle waren viel größer und bestens auf Touristen eingerichtet. Wahrscheinlich auch kulturhistorisch bedeutender.

So hatte sich die Hoffnung zerschlagen, dass Touristen kämen. Auch die Leute aus dem Dorf schauten immer seltener vorbei, die meisten Jüngeren waren sowieso weggezogen, nach Tokyo, Sendai oder Sapporo, und auch die wenigen, die geblieben waren, besuchten den Schrein nur selten. Manchmal kam tagelang gar niemand.

Wahrscheinlich war sein Vater deswegen gestorben. Es gab für ihn einfach keinen Grund mehr zu leben. In den Wochen nach seinem Tod wurde Takeo klar, dass ihn nichts mehr in den nebligen, kalten Bergen hielt. Schon in der Schule hatten sich seine Kameraden über ihn lustig gemacht und als Bergmenschen verspottet. Das Schlimme war: Sie hatten recht. Sie lebten in einer anderen Welt als er. Er kannte ihre laute, bunte Welt aus dem Fernsehen. Der tragbare, orangefarbene Sharp-Fernseher war sein Fenster in diese andere Welt, wo alles bunt war, fröhlich und laut.

Wie anders war da sein Zuhause; wenn er abends seinen letzten Rundgang machte und das Tor verschloss, drang kein Laut zu ihm als das Rauschen des Waldes und der vereinzelte Ruf eines Vogels.

Takeo fühlte sich frei, als er nun endlich den Weg entlang ging. Sayonara, dunkler Wald, dachte er vergnügt. Sayonara, kalte Berge, und: Hallo, Leben!

Er zog die Sporttasche, die von seiner Schulter zu rutschen drohte, wieder hoch. Wie lange hatte er sich danach gesehnt, ein neues Leben zu beginnen. Gleichzeitig hatte er Angst. Er dachte an die Mädchen, die er im Hotel gesehen hatte. Sie waren so quirlig gewesen, so lebendig. Waren in der Stadt alle so? Wenn ich hier schon ein Bergmensch bin, was bin ich dann in Tokyo?

Er würde dort seinen Onkel besuchen, den Bruder seines verstorbenen Vaters. Der war viel jünger als sein Vater und hatte sich immer über diesen lustig gemacht. Bei der Beerdigung hatte er Takeo eingeladen, zu ihm zu kommen. Seine Wohnung sei zwar klein, aber er könne so lange bei ihm bleiben, wie er wolle, hatte er ihm versprochen. Dann hatte er noch irgendetwas von den Verlockungen der Großstadt gefaselt und Takeo immer wieder lachend auf den Rücken geklopft, aber da war er schon ein wenig angetrunken gewesen.

Zum hundertsten Mal tastete Takeo vorsichtig nach seiner Geldbörse. Natürlich war sie noch da. Allzu viel war zwar nicht drin, doch es würde genügen, um eine Fahrkarte nach Tokyo zu kaufen und die ersten paar Tage zu überbrücken.

Er wollte sich ohnehin so bald wie möglich einen Job suchen, erst einmal irgendetwas Kleines. Sein Onkel meinte, der Convenience Store bei ihm am Eck suche immer Verkäufer. Damit werde man zwar nicht reich, aber darum ginge es ja auch nicht. Nein, darum ging es ihm nicht.

Takeo stellte sich vor, wie er zwischen all den bunten Waren im hell erleuchteten Laden stand. Wenn ein kleines Mädchen käme, würde er es anlächeln und ihm ein Bonbon schenken oder so etwas.

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