Solveig Kern
Der Wettkampf der Zauberer
Furuks Erbe Band 2
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Inhaltsverzeichnis
Titel Solveig Kern Der Wettkampf der Zauberer Furuks Erbe Band 2 Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Die Weiterreise zum Tempel von Knyssar
Kapitel 2: Der Ithrynmaeth
Kapitel 3: Der Weg nach Norden
Kapitel 4: Die Heerführer der Furukim
Kapitel 5: Zähe Verhandlungen
Reiseroute Band 2
Impressum neobooks
Kapitel 1: Die Weiterreise zum Tempel von Knyssar
Auf Adlers Schwingen
Sie durchquerten die Hochebene bis zu deren anderem Ende und verließen die Elfenstadt durch einen energetischen Vorhang, der das Siedlungsgebiet des schönen Volkes vor den Menschen verbarg. Ihr Elfenführer geleitete sie durch die Berge bis zu einem Punkt, wo es nicht mehr weiterging. Sie standen auf einem Hochplateau, über dem sich ein mächtiger Berggipfel erhob. Unter ihnen fiel eine Wand fast senkrecht 600 Mannhöhen tief ins Tal ab.
„Der steinerne Reiter“, sagte Llewin andächtig, als er hinauf zum Gipfel sah. „Schon oft habe ich ihn von unten bewundert. Aus einem bestimmten Winkel betrachtet scheint er ein Gesicht zu haben, dessen Nase nach Westen weist. Wir stehen jetzt auf seinem Kragen. Er schaut hinüber zum Steinernen Sattel, wo sein Pferd auf ihn wartet. Er erreichte es nicht mehr, weil ein Fluch ihn erstarren ließ. So muss er ewig hier Wache stehen, hoch über dem fruchtbaren Melgortal. Er ist der Schutzpatron des Seekethlandes. Meine Heimat liegt zu seinen Füßen. Welch wunderbares Naturschauspiel, wenn sich die untergehende Sonne in seiner senkrechten Südwand fängt.“
„Wieso Seekethland?“ wollte Mauro wissen. Ihm war nicht bekannt gewesen, dass südlich des grauen Gebirges kethische Stämme hausten.
„Im Zentrum der fruchtbaren Ebene liegt ein riesiger, fischreicher See. Sechs kethische Stämme leben in dieser Ebene. Mein Vater ist ihr gewählter König.“ Er deutet in südliche Richtung: „Dort unten, seht nur, fließt der Melgor. Weit hinten am Horizont mündet er in den See – dort liegt meine Heimatstadt Sexten. Von hier oben sieht man nur die nördliche Festung Melgart.“ Sie folgten seinen Hinweisen und konnten tatsächlich tief unten einen Fluss und weiter hinten eine Ansiedlung erkennen.
„Wir müssen nach Melgart, doch von hier oben führt kein Weg…“ Llewin schaute ihren Elfenführer fragend an.
„Ein Weg führt hier nicht“, bestätigte dieser. „Ihr könnt zu Tale schweben.“
„Seid Ihr sicher, dass wir das können?“ fragte Morriell skeptisch.
„Wäre ich mir dessen nicht sicher, hätte ich euch nicht hierher geführt“, entgegnete der Elfe mit einem freundlichen Lächeln. „An diesem Berg gibt es Winde, die euch sanft zu Tale tragen. Hier, verwendet diese Tücher. Sie wirken wie Flügel und bremsen Euren Fall.“ Er zeigte ihnen, wie sie die Tücher und die daran befestigten Seile handhaben sollten.
„Was machen wir mit unseren Pferden?“ wollte Jago wissen.
„Das ist einfach“, antwortete Shigat. „Wir machen dasselbe wie damals, als wir Euch gegen Malwin zu Hilfe kamen. Unsere Pferde wurden dank unserer Suggestion zu bissigen Kampfhunden. Nun verwandeln wir sie in Vögel und überzeugen sie, dass sie fliegen können.“
Rüdiger hatte Zweifel: „Wenn das nur gut geht!“
Mauro mit seiner Höhenangst fand die Idee gar nicht witzig: „Gibt es nicht doch einen anderen Weg, da runter zu kommen?“
„Nicht, wenn Ihr rechtzeitig zum Ritual in Knyssar sein wollt. Der Abstieg über den steinernen Sattel nimmt mindestens eine Woche in Anspruch. Vom Norden kommt schlechtes Wetter. Bei Schneefall ist der Weg gefährlich. Nutzt den Sonnentag und vertraut Euch den Winden an.“
„Wir scheinen keine Wahl zu haben“, seufzte Mauro. „Fangen wir mit den Pferden an. Wie wäre es mit einer Verwandlung zu Flugdrachen?“
„Keine gute Idee. Sie betrachten Akila womöglich als Frühstück. Ein Happ und weg ist sie“, warnte Shigat.
„Nicht nur Akila“, gab Rüdiger zu bedenken, „Auch wir könnten für einen Flugdrachen ein willkommenes Frühstück sein.“
Shigat hatte eine bessere Idee: „Wir verwandeln sie in Raben, und Akila wird sie geleiten. Im Schwarm wagt kein Raubvogel, sie anzugreifen.“
„Es sei denn, er glaubt nicht daran, dass Raben Schwarmvögel sind“, witzelte Llewin.
Sie stellten sich im Kreis um ihre Pferde auf, um den Zauber zu bewerkstelligen. Schon bald tummelte sich eine Schar Raben auf den Felsen. Doch die Vögel zeigten keinerlei Ambitionen, sich vom Boden hinwegzuheben.
Mauro versuchte, Äsekiel den Abflug schmackhaft zu machen. Gerade er war dafür nicht der Richtige. Die Stute sah ihn mit ihren klugen Augen an und spürte seine Höhenangst. Sie blieb lieber auf festem Boden.
Akila wusste Rat. Sie zettelte mit dem Alpha-Hengst Streit an. Dieser ging sofort auf sie los. Sie lotste ihn geschickt in die Nähe der Klippen und schwang sich in die Lüfte. Der Hengst spurtete hinter ihr her. Ehe er sich’s versah, flog auch er. Auf diese Weise brachte die kluge Rabendame nach und nach alle Pferde vom Boden weg. Nur Äsekiel stand stocksteif, Auge in Auge mit ihrem Herren, als wollte sie sagen: >das meinst Du doch wohl nicht ernst<.
„Doch, Äsekiel, das meine ich ernst“, sagte Mauro zu der Raben-Stute. Er schnappte sie unter seinen Arm, nahm einen Anlauf und sprang mit ihr hinaus ins Nichts.
„Himmel, er hat sein Tuch vergessen“, schrie Jago entsetzt auf.
„Das braucht er nicht“, klärte ihn Shigat auf. „Als Zauberer sollte er in der Lage sein, sich mit dem Element zu verbinden, das er für seine Reise nutzt. Wenn seine Höhenangst das nicht zulässt, nutzt ihm auch das Tuch nichts.“
Jago sah den beiden nach. Bald schon segelten Pferd und Reiter Seite an Seite gemütlich in die Tiefe. >Siehst Du, es ist gar nicht so schlimm<, meinte Mauro klopfenden Herzens zu seiner Stute. Oder sagte sie es zu ihm?
Nun nahm auch Shigat Anlauf und segelte davon. Zum Spaß schraubte er sich noch höher in die Lüfte und rief den anderen zu: „Kommt schon, es ist herrlich da oben. Ich fühle mich wie ein Adler!“
Rüdiger und Jago waren noch unschlüssig, ob auch sie auf das Tuch verzichten sollten. „Keine Heldenaktionen“, beschloss der vorsichtige Rüdiger. „Stellen wir sicher, dass wir heil unten ankommen.“
Jago pflichtete ihm bei. Während die beiden überlegten, nahm Morriell Llewin bei der Hand und sagte: „komm mit, ich zeige Dir, wie man fliegt!“ Sie schnappte sich einen Stock, den sie mit ein paar Gräsern und Borsten in einen Besen verwandelte und lud ihren Gespielen ein, hinter ihr Platz zu nehmen. Dann startete sie durch, zog den Besenstiel vorne hoch und erhob sich in bester Hexenmanier in die Lüfte.
„Das reicht“, sagte Jago entschlossen. „Von der lasse ich mir nichts vormachen.“ Mit einem Salto katapultierte er sich hinaus ins Bodenlose.
Auch Hamon fackelte nicht lange. Trotz seines beträchtlichen Gewichtes erhob er sich mühelos in die Luft und drehte eine Ehrenrunde über dem Kopf des steinernen Reiters.
„Los, Jungs. Ziehen wir uns unsere Flügel an“, meinte Rüdiger zu Shigats Männern. Die sahen ihn verständnislos an und sprangen einer nach dem anderen ohne Hilfsmittel in die Tiefe. Sie alle waren ausgebildete Zauberer und wussten die Elemente zu nutzen.
„Nein, das mache ich nicht. Zeigt mir nochmals genau, wie man den Gleitschirm benutzt“, verlangte Rüdiger von ihrem Elfenbegleiter. Dieser erklärte ihm detailliert die Handhabung der einzelnen Leinen und Taue, die an dem Stoff befestigt waren. Rüdiger ging im Kopf nochmals alles durch. „Ich glaube, ich habe verstanden. Das ist machbar. Wie bekommt Ihr Euer Fluggerät hinterher wieder? Das ist schließlich eine große Leinwand. Selbst eine Elfe muss lange daran weben“.
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