Solveig Kern
Die Jäger
Furuks Erbe Band 7
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Inhaltsverzeichnis
Titel Solveig Kern Die Jäger Furuks Erbe Band 7 Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Das Geschenk der Kojotim
Kapitel 2: Der Kampf mit der Vergangenheit
Kapitel 3: In Barrens Visier
Kapitel 4: Der lange Weg zurück
Kapitel 5: Der Fürst von Tolego
Kapitel 6: Ein Feuerwerk für Nauriell
Kapitel 7: Familienidylle
Impressum neobooks
Kapitel 1: Das Geschenk der Kojotim
Am Tag nach Ferens Auszug aus dem Palast erlebte die Stadt Mandrilar ein Spektakel: das Eintreffen der Delegation aus dem Kojotenland. Der König der Kojotim liebte den Prunk. Die Leidenschaft für schöne, wertvolle Dinge teilte er mit Mauros Statthalter Pado. Kein Wunder, dass die beiden bestens mit einander auskamen. Sie unterstützten sich gegenseitig darin, ihren Reichtum zu mehren.
Nun zogen die Kojotim durch die große Prachtstraße zum Palast. Ganz vorne gingen die Standartenträger. Als Mauros Untertanen trugen sie zu vorderst das Staatswappen der Furukim. Die Frauen wurden in prächtigen Sänften getragen. Der König der Kojotim saß auf einem feurigen Hengst, gehüllt in ein goldbesticktes Gewand, das bis zum Boden reichte. Pado mit seinen Kombat-Zauberern hatte sich in den bunten Zug eingereiht. Es folgten die Trommler und dahinter die Krieger. Sie hatten geschmückte Elefanten mitgebracht, auf deren Rücken Menschen ritten. Gaukler machten den Abschluss. Sie trugen Affen und andere seltsame Tiere.
Die Mandrilanen säumten dicht an dicht den Weg und bestaunten den exotischen Prunk. Von ihren eigenen Königen bekamen sie derlei nicht zu sehen. Schon König Curon neigte nicht dazu, seinen Reichtum öffentlich zur Schau zu stellen. Mauro waren solche Aufzüge verhasst. Er kleidete sich schlicht und zweckmäßig, denn seine Bewegungsfreiheit ging ihm über alles. Seine Fürsten hüteten sich davor, ihn durch übermäßigen Prunk zu übertrumpfen.
Dem Kojotim hatte man das offenbar nicht gesagt. Er repräsentierte sein Land auf die einzige Art und Weise, die er kannte: mit größtmöglichem Prunk.
Im Palast angekommen machten die Kojotim Mauro wertvolle Geschenke. Sie brachten Gold, Schmuckgegenstände, wertvolle Teppiche und edle Früchte aus ihrer Heimat. Mauro nahm die Gaben mit unbewegter Miene entgegen. Es war der Tribut, den sie ihm ohnedies schuldeten. Den Aufwand, den sie damit trieben, hätten sie sich seiner Meinung nach sparen können. Die Getreidelieferungen interessierten ihn viel mehr als der andere Plunder.
Zum Schluss machte der Herrscher der Kojotim Mauro ein ganz spezielles Geschenk. Er öffnete den Vorhang zu einer der Sänften. Eine komplett mit Schleiern verhüllte Frau kam zum Vorschein. Er reichte ihr die Hand und führte sie vor Mauro. Dort nahm er ihr den äußersten Schleier ab. Ein wunderschönes Mädchen kam zum Vorschein. Sie war blutjung, hatte dunkle Haut und riesige, schwarze Rehaugen. Yvo starrte sie mit offenem Munde an. Anmutig verneigte das Mädchen sich vor Mauro.
Der Kojotim-Herrscher ließ seine Worte übersetzen. „Wie ich höre, hat der mächtige König der Furukim zur Zeit nur zwei Frauen“, sagte er. „Man munkelt gar, eine davon wäre sehr krank. Ich bin besorgt um den Bestand Eures edlen Geschlechtes. Gewährt mir die Gnade, Euch meine Tochter als Konkubine anzudienen. Auf diese Weise möchte ich meinen Dank für Euren Großmut ausdrücken, dass Ihr meine Männer verschont habt. Möge das Bündnis zwischen unseren Völkern ebenso gedeihen wie die Kinder aus dieser Verbindung.“
Im kleinen Kreis machte Mauro seinem Unmut Luft. „Die eigene Tochter als Geschenk zu überreichen ist eine Unglaublichkeit“, tobte er. „Warum habt Ihr ihn davon nicht abgehalten? Wie konntet Ihr zulassen, dass er mich in so eine Situation bringt – gerade jetzt? Reicht das bisschen Hirn in Eurem Kopf nicht aus, um drei Schritte weiterzudenken?“
Pado, der Adressat des Wutanfalls, zog den Kopf ein.
Mauro tobte weiter: „Er schenkt mir etwas, das ihm nützt, aber für mich keinen Wert besitzt. Er lädt mir eine Verpflichtung auf, und ich muss ihm auch noch danken. Seine Tochter nistet sich in meiner Familie ein, und ich soll das widerspruchslos hinnehmen? Kennt Ihr mich so schlecht, dass Ihr glaubt, Ihr könnt das mit mir machen?“
„Gefällt Euch das Mädchen denn nicht?“ fragte Pado betroffen.
„Sehe ich aus, als würde ich mich an Kindern vergreifen? Sie ist kaum fünfzehn!“ schrie Mauro Pado an. „Wenn ich das Gegacker halbwüchsiger Mädchen um mich haben will, dann sollten es bitte meine eigenen Töchter sein, nicht die von jemand anderen. Noch eine Frau, die sich wie ein Kind benimmt, brauche ich wahrlich nicht!“
Die anwesenden Höflinge schwiegen betreten. Zum ersten Male hatte Mauro öffentlich auf Sigruns Zustand Bezug genommen. Ihm dieses blutjunge Geschöpf zuzuführen musste dem König der Furukim wie blanker Hohn vorkommen.
Pado interpretierte Mauros Unmutsäußerungen wieder einmal völlig falsch. „Ich habe auch eine seiner Töchter als Konkubine genommen“, sagte er zu seiner Entschuldigung. „Sie ist ein liebreizendes, anschmiegsames Geschöpf…“
„Daher weht der Wind“, knurrte Mauro. Er packte Pado am Kragen und sah ihn an, als würde er ihn gleich fressen. „Ihr habt selbst einen Nutzen von diesem Geschenk. Wenn ich es annehme, werde ich Euer Schwager!“
„Diesen Hintergedanken hatte ich nicht“, versicherte Pado wenig überzeugend. „Ich meinte, die exotische Schönheit würde Euch entzücken…“
Mauro stieß Pado derb von sich: „Nichts da, Ihr bringt das in Ordnung. Findet einen diplomatischen Weg, ihm zu sagen, dass ich seine Tochter nicht haben will.“
Pado wurde blass: „Wenn das Mädchen Euer Missfallen erregt, wird er sie töten!“
Damit musste er Mauro nicht kommen. „Und? Ist das mein Problem? Muss ich diesen Übergriff auf meine Privatsphäre dulden, um ihr Leben zu bewahren? Ich habe die Gesetze der Kojotim nicht gemacht, und ich bin nicht bereit, mich ihnen zu unterwerfen. Ist Euch vielleicht aufgefallen, dass er mein Vasall ist, und nicht ich der seine?“
„Bitte, lasst nicht zu, dass sie stirbt“, flehte nun auch Yvo. „Sie ist so zart, so schön wie eine Blume. Was sage ich da, wie eine kostbare Orchidee… schenkt sie mir, wenn Ihr sie nicht haben wollt!“
„Das ist das letzte, was ich tun werde!“ Mauro war völlig außer sich. „Das passt genau in Dein Denkmuster: Du rettest die Frau vor dem Tode und meinst, sie ist Dir zu ewigem Dank verpflichtet. Du bist Ihr Herr und sie muss tun, was Du sagst. Hast Du aus der Episode mit Iorghe nichts gelernt? Auf Menschen gibt es keinen Besitzanspruch. Du musst sie täglich neu überzeugen.“
„Das mit Iorghe war anders“, rechtfertigte sich Yvo. „Ich hätte ihn als Lehrer betrachten und sein Wissen nutzen müssen, statt zu versuchen, ihm meinen Willen aufzuzwingen. Ich habe seine Sympathie verloren, doch ich habe daraus gelernt. Den gleichen Fehler mache ich gewiss nicht wieder.“
„Nichts hast Du gelernt“, sagte Mauro grob. „Menschen sind kein Spielzeug, das man aus dem Käfig holt, wenn man seinen Spaß haben will. Das man beliebig quälen kann, ohne dass es jemals zurückschlägt. Die einzige Art von Beziehung, die Du kennst, basiert auf der Ausübung von Macht. Barren hat Dir nichts anderes beigebracht.“
Yvo stand wie versteinert. Dass Mauro so über ihn dachte, verletzte ihn zutiefst.
„Es ist nicht Deine Schuld“, lenkte Mauro ein. „Du kannst ja nichts dafür, dass Du nie Freundschaft oder Liebe erfahren hast. Du gibst nur weiter, was er Dir vorgelebt hat.“
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