Das kleine Königreich von Rumak jenseits des großen Gebirges von Uma´Roll grenzte als einziges direkt an das Reich des Schwarzen Lords und war am meisten gefährdet. Dort ahnte man die Gefahr und aus den Schmieden Rumaks floss ein steter Strom von Waffen. Aber das kleine Menschenreich hatte nur wenige Kämpfer, welche einem Feind entgegentreten konnten.
Das südliche Reich von Jalanne verfügte ebenfalls über Waffen des Lichttodes, seine eigentliche Macht lag jedoch in der Magie seiner Zauberer und deren Stadt Lemaria.
Der Schwarze Lord wusste um die Wirkung der Menschenwaffen und auch um die Kraft, die der Wille zur Freiheit den Völkern verlieh. So bereitete er sich gründlich vor und machte sich dabei die Habgier und den Neid der Menschen zunutze. Geschickt schürte er Misstrauen und Zwietracht unter den Völkern und in jenem Augenblick, da das Bündnis der Völker zu zerfallen begann, marschierten seine Legionen der Orks.
Die Magier von Jalanne warfen ihre magischen Sonnenfeuer auf das ferne Rushaan. Menschen und Land vergingen dort, doch die metallenen Krieger, die Paladine Rushaans, überlebten. Ihre Metallvögel warfen Druckbomben auf die Stadt der Magier, die in den Fluten des umgebenden Binnensees versank. Das kleine Rumak wurde von den Legionen der Orks überrannt und ging in der letzten Schlacht um die Festung von Merdoret unter.
So war das Bündnis der freien Länder auf verhängnisvolle Weise geschwächt, als die Orks über die Pässe der Gebirge drangen.
Das Volk der Zwerge lebte in den fruchtbaren mittleren Ebenen von Ackerbau und Handel. Die „kleinen Herren“ waren als Schreiner geachtet und ihre zierlichen und doch robusten Möbel waren in allen Reichen begehrt. Sie waren gewiss kein Volk von Kämpfern und ihre einfachen Jagdbogen und Lederwamse erwiesen sich als schlechtes Rüstzeug gegen den heranstürmenden Feind. Aber die Zwerge lernten zu kämpfen und wehrten sich erbittert, während die verbliebenen Menschenreiche versuchten, ihre Kräfte zu sammeln. So war das kleine Volk größtenteils auf sich alleine gestellt und stand vor seinem Untergang. Den tapferen Zwergen blieb keine andere Wahl, als die alte Heimat aufzugeben. Ein großer Teil ging in die Berge und schuf dort seine unterirdischen Höhlen und Kristallstädte. Hier entstanden die Legenden der Zwerge als Steinmetze und Krieger. Ein anderer Teil suchte seine Heimat in den schwimmenden Clanstädten auf den Meeren. Die Erinnerung an diese Ereignisse brannte sich unauslöschlich in das Bewusstsein der Zwerge ein und machte sie für die Zukunft zu unerbittlichen Kämpfern.
Der Krieg zwischen den freien Ländern einerseits und dem Schwarzen Lord und seinen Orks andererseits tobte über viele Jahre. An einer Front, die Tausende von Längen maß. Es gab kleine Scharmützel und gewaltige Schlachten, die Leben auslöschten und das Land zerstörten. Erst als sich Elfen und Menschen zum entscheidenden Kampf stellten, gelang es, die Legionen zu vernichten und den Schwarzen Lord hinter das Gebirge zurückzutreiben.
Die Folgen des großen Krieges waren furchtbar.
Rumak schien untergegangen, die Reiche von Jalanne und Rushaan waren ausgelöscht und vom nördlichen Julinaash gab es keine Nachrichten mehr. Nur das Königreich von Alnoa und das Pferdevolk schienen von den menschlichen Völkern überlebt zu haben. Geschunden und nahezu vernichtet und doch mit der menschlichen Eigenschaft versehen, nicht aufzugeben und neu zu erstarken.
Jahrtausende vergingen, in denen Frieden herrschte. Aber die Folgen des Krieges begannen das alte Land des Pferdevolkes zu verändern. Sand eroberte die fruchtbaren Ebenen und ließ die Wälder versinken. Mit dem Sand drangen die Barbaren vor und der Kampf gegen die Sandkrieger einte das Pferdevolk endgültig. Doch der Feind war zu stark und die Pferdelords mussten weichen. Sie fanden ihre neue Heimat in jenen Ebenen, aus denen der Krieg die Zwerge vertrieben hatte. Die Clans des Pferdevolkes waren nun zu einem Königreich zusammengewachsen und gründeten ihre Marken. Sie waren ein traditionsbewusstes Volk, dem das bescheidene Leben genügte und welches seine Wehrhaftigkeit in seinen Kämpfern, den Pferdelords, und auf dem Rücken der Pferde fand.
Das Königreich von Alnoa erholte sich ebenfalls und begann sich erneut zu entwickeln. Brennsteinmaschinen stampften in den Städten und trieben die Schiffe an, Dampfkanonen schützten Stadtwälle und Festungen.
All die Jahrtausende vergingen und aus der Erinnerung an den großen Krieg gegen den Schwarzen Lord und seine Orks wuchsen Legenden. Legenden, welche an die stete Bedrohung durch die Finsternis mahnten und doch allmählich zu ihrem Vergessen beitrugen.
Dann, vor dreißig Jahren, erhob sich die Finsternis mit neuer Macht.
Unzählige Legionen von Orks schienen unter dem Befehl des Schwarzen Lords zu stehen.
Erneut traten ihnen Menschen und Elfen entgegen. In erbitterten Kämpfen wurden die Angriffe abgewiesen, doch die entscheidende Schlacht war noch nicht geschlagen. Dann verließ das Volk der Elfen die alte Heimat und brach zu seinen neuen Ufern auf. In dieser Stunde der Not trat das Volk der Zwerge an die Seite der Menschen. Aber die freien Völker waren zu schwach, um in das Land des Schwarzen Lords vorzustoßen. So belauerten sich die Feinde an den wenigen Pässen, die ein Vordringen ermöglichten.
Doch bald zeigte sich, dass der Herr der Finsternis auf eine Weise erstarkte, die man nie zuvor erlebt hatte. Dieses Mal verfügte er über menschliche Verbündete – das Volk der Rumaki, welches man ausgelöscht gewähnt hatte und welches nun vom Hass auf die freien Völker beherrscht wurde. Viele seiner Krieger waren heimlich über die Grenze nach Alnoa eingedrungen. Obwohl man etliche hatte fangen oder töten können, hielten sich andere verborgen. Ihre Augen und Ohren waren Teil der Bedrohung und die Bruderschaft des Kreuzes berichtete ihrem Herrn von den Ereignissen in den Ländern des Bündnisses. In den Schmieden Rumaks entstanden neue Waffen, die den endgültigen Sieg über den Feind sichern sollten.
Noch standen sich die Kontrahenten an den Pässen gegenüber, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis der folgenreiche Sturm der Legionen des Schwarzen Lords beginnen würde.
Kapitel 3 Pferdelords 12 – Teil 1
Das Land des Ostens war einst fruchtbar gewesen, bevor das große Schlachten es verwüstete. Seitdem waren Jahrtausende vergangen und die Natur hatte sich zum großen Teil erholt. Es gab noch immer Wüstenregionen. Im Nordosten die der Ebene von Cantarim und im Südosten die von Cemenghil. Ihre heißen und trockenen Bereiche wurden von den Orks besonders geschätzt, denn sie waren die Hitze von ihren unterirdischen Bruthöhlen gewohnt und Kälte setzte ihnen zu. Im Winter, wenn die Flocken des weißen Totentuches vom Himmel sanken, harrten sie daher in ihren Festungen aus. Dann mussten sie von den Vorräten leben, die während der warmen Jahreszeit gesammelt worden waren. Nur wenige wagten sich in dick gefütterten Rüstungen in die Kälte, wenn der Dienst am Schwarzen Lord dies verlangte.
Um die Wüsten herum war das Land neu erblüht. Es gab fruchtbare Ebenen und weite Wälder, die denen im Westen ähnelten. Das Volk von Rumak beherrschte nicht nur die Schmiedekunst, sondern auch den Ackerbau und die Viehzucht und trug wesentlich dazu bei, die Festungen und Bruthöhlen mit dem Erforderlichen zu versorgen und so die Macht des Herrschers wachsen zu lassen. Orks und Rumaki mochten Verbündete sein, dennoch mieden sie einander, wo es nur ging, denn ihre Bedürfnisse unterschieden sich gewaltig. Für die Rundohren und Spitzohren aus den Bruthöhlen waren die Wiesen, Felder und Wälder nichts als stinkende und modrige Notwendigkeiten, die sie nur deshalb akzeptierten, weil sie der Nahrungsbeschaffung dienten.
Und sie brauchten viel Nahrung.
Immer mehr, denn ihre Zahl wuchs und in den Schmieden der Ork-Festungen und denen der Rumaki entstanden jene Waffen und Rüstungen, die endlich den Sieg bringen sollten. Immer mehr Truppen sammelten sich in den Legionslagern entlang der natürlichen Grenzen, welche die Gebirge bildeten. In den Festungen an den Pässen wartete man auf den Befehl zum Angriff.
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